Aktuelles

28. Januar 2008

Offener Brief an Herrn Baudirektor Dr. h.c. Eberhard Burger

Ist eine "verschönerte" Brücke die Lösung?

Sehr verehrter Herr Dr. Burger,

als Baudirektor für den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche haben Sie sich mit der Durchführung und Vollendung dieser Bauaufgabe, die in Deutschland und im Ausland als ein Symbol der Versöhnung mit großer innerer Anteilnahme verfolgt und mit bedeutenden Spenden aus aller Welt maßgeblich unterstützt wurde, hohes Ansehen erworben.

Besondere Wertschätzung für dieses Lebenswerk zollt Ihnen nicht nur die Fachwelt, sondern wird Ihnen ebenso von zahllosen kulturverbundenen Menschen auf breiter gesellschaftlicher und politischer Ebene im In- und Ausland entgegengebracht. Ihre vielfachen nationalen und internationalen Ehrungen sind Ausdruck dieser ganz besonderen Wertschätzung, über die wir uns alle von Herzen mit Ihnen freuen.

Ihr ausgezeichneter Ruf als eine unbestreitbare Autorität in Fragen der Instandsetzung von Kirchenbauten, der sich vor allem auf Ihre Leistungen bei der so besonders anspruchsvollen Aufgabe des Wiederaufbaus der Frauenkirche gründet, birgt die Möglichkeit, dass Sie zunehmend auch in thematisch sehr viel weiter ausgreifenden Fragen der Baukultur als eine Persönlichkeit von höchster Kompetenz angesehen und um Ihr Urteil gebeten werden. Hier erwächst Gefahr, dass Ihnen - gewollt oder ungewollt - auch außerhalb Ihres eigentlichen Wirkungsbereiches und Kompetenzfeldes von politischen oder anderen Interessengruppen in Fragen der Baukultur die Rolle der letzten Instanz zugewiesen wird - einer Instanz, für deren Urteil im Konfliktfall in der Öffentlichkeit ein alles entscheidendes Gewicht eingefordert wird. Daraus lässt sich leider politischer Vorteil ziehen.

Mit Sorge sehen wir, dass sich eine solche Situation jetzt bei der Streitfrage um den Erhalt des Welterbetitels für Dresden anzubahnen scheint:

Sie haben in den lokalen Medien öffentlich angeboten, sich für den Erhalt des Welterbetitels einzusetzen. Sie wollen die UNESCO dazu bewegen, am Waldschlösschen einen Brückenbau zu akzeptieren, der eine elegantere Gestalt aufweist als der bisher vorgesehene Entwurf. Mit einer solchen Lösung wollen Sie versuchen, einerseits die Befürworter des Brückenprojektes zufrieden zu stellen und andererseits der Stadt den Welterbetitel zu erhalten. Bemühungen von Ihrer Seite um ein Tunnelprojekt schließen Sie erstaunlicherweise wegen der mit dem Planfeststellungsverfahren verbundenen, als inakzeptabel bewerteten Umstände aus - also aus bloßen verwaltungstechnischen Erwägungen.

Angesichts des Gewichtes Ihres öffentlichen Ansehens ist es nicht auszuschließen, dass die UNESCO einem so gearteten politischen Druck nicht wird standhalten können, dass sie nachgeben und am Ende eine Brücke akzeptiert.

Es wäre dann zwar gelungen, den Welterbetitel zu erhalten. Jedoch hätte das eigentliche Welterbe Dresdner Elbtal dann unwiderruflich und für immer schweren Schaden genommen. Der so einzigartige Zusammenklang von Stadt und Flussaue wäre definitiv zerschnitten, in seinem eigentlichen Wesen tiefgreifend verletzt und als Landschafts- und Kulturraum von Weltrang endgültig verloren.

Lauter Beifall und schulterklopfende Anerkennung der Brückenbefürworter, insbesondere ihrer politischen und wirtschaftlichen Interessenvertreter wären Ihnen gewiss.

Seien Sie aber versichert, dass eine Waldschlösschenbrücke - in welcher Form auch immer - und die damit einhergehende Missachtung dieses einzigartigen Landschaftskulturgutes sich dann auch ein für allemal mit Ihrem Namen verbindet und dass Ihre ausschlaggebende Rolle öffentlich in Erinnerung bleibt. Denn es wäre das Gewicht Ihres Namens, das in entscheidender Weise den Weg frei gemacht hätte für dieses unsinnige Bauvorhaben, das unter kulturbewussten Menschen weltweit auf wachsendes Unverständnis stößt. Sie hätten zwar die Gunst der Brückenbefürworter aus Politik und Wirtschaft und die ihrer entsprechenden Interessenvertreter gewonnen, damit einhergehend jedoch Abertausende im In- und Ausland vor den Kopf gestoßen und möglicherweise deren Achtung verloren. Um welches Ausmaß es sich dabei handelt, mögen Sie ermessen, wenn Sie sich einmal eingehend im Internet informierten, welche Personen und Organisationen in welcher Zahl sich inzwischen gegen den Bau einer Brücke ausgesprochen haben. Und diese Zahl wächst weiterhin an. Die Welt der Kulturverbundenen erhebt sich. Vor diesem Hintergrund hat Ihr Auftreten weithin ungläubiges Staunen ausgelöst.

Die Öffentlichkeit und die UNESCO wissen inzwischen ganz genau, dass ein Tunnel nachgewiesenermaßen ausführbar ist, technisch und finanziell. Der Öffentlichkeit und der UNESCO ist bekannt, dass seit langem dazu gründliche Studien und seriöse Gutachten vorliegen. Die Elbquerung mit einem Tunnel wäre ein so einfacher Kompromiss. Wenn die Umstände des Planfeststellungsverfahrens zu einer Verzögerung führten, so wäre das lediglich ein vorübergehendes Ärgernis und bedeutete insofern doch nichts im Vergleich zu einem dauerhaften irreparablen Kulturschaden, den jedwede Brücke an dieser sensiblen Stelle mit sich brächte.

Wir bitten Sie deshalb herzlich, Ihre Position zu überdenken.


Dresden, den 28. Januar 2008


Unterzeichner:

Prof. Hartmut Haenchen, Dirigent
Prof. Dr. Rolf Kreibich, Institut für Zukunftsforschung Berlin
Dr. Peter Lenk, Geschäftsführer a.D. VON ARDENNE Anlagentechnik GmbH
Prof. Dr. Martin Roth, Generaldirektor Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Dr.-Ing. Sebastian Storz, Forum für Baukultur e. V., Dresden
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