Opera

Die Zeit, 14. September 1990
Die Musik muß also nicht alles, aber sie kann vieles übernehmen. Und auch hier existiert die Alternative. Wer will, mag sich an Hartmut Haenchens Bereitschaft zu sehr gelassenen Tempi halten und den romantischen Klang genießen des in jeder einzelnen Stimme sichtbaren und, in den Solopassagen von Holzbläsern wie Pauken, exzellenten oder, in den Gruppen von Blech und Streichern, sehr schön homogenen Orchesters; kann die sonoren Töne von Wolfgang Schöne (Amfortas) und Jan-Hendrik Rootering (Gurnemanz) goutieren oder befriedigt registrieren, daß mit Barry McCauley die knappe Reihe von Parsifal-Stimmen verjüngt aufgebessert wird. Aber auch hier sind die Zwischentöne entscheidend für unser erlebendes und vorstellendes Hören: die das kultisch-triumphale Pathos vermeiden; die sich nicht eindeutig assoziativ vordrängen; die Raum und Zeit lassen zu internationalem Hören auf horizontale wie vertikale Klang-Ereignisse; die Zitate erkennbar machen und Parallelen, Verweise auch auf synästhetische Bezüge und Gedankensprünge.