Opera

Die Zeit, 26. July 2016
"...während es hoffentlich ein Wiederhören mit dem Pult-Einspringer Hartmut Haenchen gibt. Haben die tragischen Umstände in diesem Jahr das "Fest" aus Wagners Bühnenweihfestspiel getilgt, streicht der 73-jährige Maestro von sich aus komplett die "Weihe". Sein Dirigat zielt auf keinen esoterischen Gewinn, es ist stark und eigensinnig ganz dem dramatischen Erzählen verpflichtet, nicht der kontemplativen Ausdeutung des Geschehens.
Für einen Regisseur, der weiß, was er tut, wäre Haenchen der ideale Partner. Er schleppt nie und hält dabei engsten Kontakt zum phänomenalen Gurnemanz von Georg Zeppenfeld, der dieser oft betulichen Rolle eine neue Dimension an Vergegenwärtigung abgewinnt. Vieles macht Haenchen hörbar, doch die feine Balance macht nicht vergessen, dass er auch an die dynamischen Grenzen seines tiefen Orchestergrabens stößt. Wie der hochgewachsene Dirigent selbst zuerst an Wagners Schalldeckel. So befreiend dieser konsequente Ansatz klingt, mit der Zeit wird deutlich, dass die Übernahme nach dem Abgang von Andris Nelsons schon sehr schnell gehen musste. Richtig spannend würde es, wenn Haenchen mit den Sängern und Musikern nun die Stellen findet, an denen sich auch einmal Emotionalität in der Musik zeigen darf. Das würde Lust darauf machen, diesem Parsifal wieder zu begegnen.
Ulrich Amling
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