Interview-Verzeichnis (alle)

01. Oktober 2006 · SAX

Waldschlößchenbrücke

Persönlichkeiten Dresdens äußern sich zur Problematik des Welterbes und des Brückenbaus

1.)

 

Natürlich gehen internationale Verträge vor kommunalen Wünschen. Insofern scheint mir die ganze Diskussion ohnehin sehr provinziell. Wenn wir in Wirtschaftsfragen die Urteile der World Trade Organisation respektieren, müssen wir im Zeitalter der Globalisierung in kulturellen Fragen auch die Zuständigkeit der UN-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur ernst nehmen. Sachsen als Kulturstaat und Dresden als weltweit bewundertes Gesamtkunstwerk aus Natur und Städtebau, müssen sogar ein besonderes Interesse daran haben, dass das Ansehen der UNESCO jetzt nicht durch Trotz und Geringschätzung beschädigt wird. Das ist aber nicht der Beweggrund für mein Bekenntnis zum Welterbe: Es geht ganz einfach um die einzigartige Symbiose von Landschaft und Stadt in Dresden.

Als Weltgereister weiß ich, worüber ich rede. In dieser Einzigartigkeit liegt die Zukunft der Stadt Dresden. Die darf nicht aus Spiel gesetzt werden.

Die Verkehrsberuhigung, die die neue Brücke bringen sollte, ist schon eingetreten. Also braucht Dresden diese geplante Waldschlösschenbrücke nicht. Sie ist zu groß. Da müssen wir nicht einmal über Ästhetik oder Welterbe streiten.

 

 

2.)

Ich denke, dass es möglich ist, gemeinsam wirkliche Argumente auszutauschen und zu einer Lösung zu kommen. Es geht ja zwischen den „Fronten“ nicht um „keine Brücke“ oder „eine Brücke“ (inzwischen wurden ja an anderen Stelle bereits Brücken gebaut), sondern um eine Lösung, die die einzigartige Symbiose von Landschaft und Stadt erhält. Der Bürgerentscheid über ja oder nein zur Brücke hat keine Alternativen geboten und ist daher als Zustimmung zur Überbrückung der Elbe, aber nicht als unumstößliches Votum für diese Brücke zu werten. Dass es Alternativen gibt (die Tunnellösungen, wird ja von Niemandem bestritten und es hat genügend sinnvolle Vorschläge gegeben. Sicher ist auch, dass die Elbquerung besser und billiger zu bauen ist. Als Alternative für die Waldschlösschen-Brücke hätte schon längst ein Wettbewerb um die effizienteste Tunnellösung ausgeschrieben werden müssen, wobei auch die Möglichkeit einer Straßenbahntrasse einzubeziehen wäre. Es ist sicher, dass das – im Gegensatz zu bisherigen Behauptungen der Brückenbefürworter - ganz sicher den heutigen finanziellen Rahmen sogar unterschreiten könnte und damit Geld für die Kultur erhalten werden könnte. Andere Städte haben uns das vorgemacht. In den Niederlanden gibt es Spezialisten dafür, die solche Vorhaben mit Wechselspuren entsprechend der Verkehrsflüsse sehr preisgünstig bauen können. Der 7 km lange Warnow-Tunnel inklusive 5 Brücken hat 90 Mio. Euro gekostet. Das Dresdner Tunnel-Projekt wäre nur ein Bruchteil so groß und entsprechend billiger. Dann ließe sich auch die Abschreibung der bereits verausgabten Planungskosten verschmerzen, die auch Privatunternehmen verschmerzen müssen, wenn Investitionen von der Zeit überholt sind.

Die Befürworter halten aber an einer Brücke fest, die in dieser Größenordnung eindeutig nicht mehr nötig ist. Darüber hinaus sei nochmals betont, was in der heutigen Diskussion vergessen wird:

Die langfristigen Erhaltungs-Ausgaben der Brücke müssen aus dem gleichen Haushalt kommen, wie die Kultur. Und hier reden wir laut Auskunft der Stadtkämmerei (25.8.2004) über einen Betrag für die Folgekosten des Baues des Verkehrszuges Waldschlösschenbrücke von 1.019.000 € jährlich! Nicht eingerechnet sind die Belastungen, die aus der dafür nötigen Kreditaufnahme entstehen würden. Wir reden also über einen wirklich großen Betrag. ?Diese Folgekosten wären für diese eine Brücke vergleichbar mit den Unterhaltskosten der insgesamt sechs bestehenden Dresdner Brücken. Einschließlich des Blauen Wunders! Diese Gelder müssten ebenfalls aus dem Verwaltungshaushalt gezahlt werden wie die Kultur. Also würde wegen einer Brücke, die wir so nicht brauchen, weiter an der Kultur gespart werden. Würde die Einzigartigkeit Dresdens von einigen Politikern aus Kurzsichtigkeit und Eitelkeit aufs Spiel gesetzt. ? Verschwiegen wird auch, dass in den nächsten Jahren 4 Dresdner Brücken gründlich überholt werden müssen. Ein Betrag von Millionen, der auch aus dem gleichen Haushalt kommen muss, wie die Kultur.

 

 

3.) Es ist schon sehr reaktionär, wenn die Befürworter an dieser, technologisch übrigens vollständig veralteten, Brücke festhalten und davon ausgehen, dass man mit dieser Brücke mehr Verkehr in die Stadt holen kann oder sollte. Gleichzeitig geht die Entwicklung international und national dahin, die Städte vom übermäßigen Verkehr u.a. durch eine Stadt-Maut zu begrenzen. Das ist die bereits in Planung befindliche Zukunft an der auch Dresden in absehbarer Zeit nicht vorbeigehen kann.

Städte wie Quedlinburg beweißen außerdem, dass der Welterbe-Titel einen enormen wirtschaftlichen Vorteil hat. Alle anderen „Gutachten“ sind einfach tendenziös.