Kammerorchester

Märkische Oderzeitung, 24. Februar 2014, 24. Februar 2014
Hingabe und Noblesse

Mit seinem Komponieren wolle er "die Zornigen besänftigen, die Betrübten aufrichten, tötende Traurigkeit verjagen", hatte sich Carl Philipp Emanuel Bach zum Motto erkoren. Sein Ziel: die Leidenschaften gleichermaßen zu erregen als auch zu besänftigen. Was natürlich nicht ohne die Niederschrift musikalischer Kontraste zu bewerkstelligen war. Empfindsamkeit hieß die Devise. Die bewusste Täuschung von Hörerwartungen aber auch. Diese unerwarteten, "offenen" Abschlüsse vieler Sinfoniesätze künden davon. Übrigens ist das umfangreiche Œuvre Carl Philipp Emanuel Bachs im Werkverzeichnis von Alfred Wotquenne (Wq) erfasst.
Aus ihm haben die Veranstalter des XIV. Laborkonzerts, das Institut für Medizinische Diagnostik Oderland und die überaus rührige Frankfurter Musikgesellschaft "Carl Philipp Emanuel Bach", eine Auswahl für ein reizvolles Programm getroffen, das am Sonnabend größtenteils Werke des zweitältesten Bachsohnes vorstellte. Vorgetragen wurden sie vom Kammerorchester und in der Konzerthalle, die beide seinen Namen tragen.
Dass der Abend zu einem die Herzen bewegenden Erlebnis wurde, ist neben den ausgezeichneten Musikern vor allem dem Dirigenten Hartmut Haenchen zu danken, der seit 32 Jahren das Ensemble leitet. Längst hat er sich als ein Fachmann für die Spiel- und Denkweise von Carl Philipp Emanuel Bach erwiesen.
Drängend in den abrupten Stimmungswechseln lässt er die Streichersinfonie C-Dur (Wq 182) spielen. Lyrischen Ruhepunkten folgen schmerzvolle Passagen, die auf entsprechende Eingebungen von Mozart verweisen. Weich und warm ist der Ensembleklang, wenn nötig auch schroff. Die Musiker wissen hörbar um die Erfordernisse historischer Spielweisen, auch wenn sie moderne Instrumente verwenden und auch vorm Gebrauch eines wohldosierten Vibrato nicht zurückschrecken. Wie sonst sollte man Gefühle zum Klingen bringen? Und so stürmt und federt es auch in der "Berliner" Bläsersinfonie F-Dur (Wq 181), die sich zwischen festlichem Entree, elegischem Andante und selbstbewusstem Allegro assai ausdrucksstark ausbreitet. Selbst bei forschen Tempi wirkt nichts überhetzt oder überakzentuiert, stattdessen gewinnen die Musiker ihre spielerische Kompetenz ganz aus dem Puls der Musik.
So halten sie es auch bei der klanggeschmeidigen Begleitung von zwei Preisträgern des Leipziger Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerbs von 2012. Eingebettet in Streicherwohlklang vollzieht sich beim Violoncellokonzert A-Dur (Wq 172) ein herrlich gelöster Wettstreit zwischen den Musikern und der Solistin Ditta Rohmann. Sie verfügt zwar über keinen großen Ton, dafür überwältigt sie mit filigraner Noblesse und sicher bewältigter Sechzehntelfröhlichkeit. Sie spart nicht mit leidenschaftlicher Hingabe und himmlischer Leichtigkeit.
Peter Buske