Kammerorchester

Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg / Norddeutscher Rundfunk, 07. November 2002
(...) Das Kammerorchester C.Ph.E. Bach unter Hartmut Haenchen genoß diesen oft drastischen Humor hörbar und ließ die skurillen Stellen durch eine plakative Überzeichnung noch deutlicher hervortreten (...) Das alles hatte zur Folge, daß jeder Anflug von Biederkeit, der Telemanns Werken oft nachgesagt wird, auf angenehm provozierende Weise vermieden wurde (...) (Der neue Solobassist des Kammerorchester C.Ph.E. Bach) (...) bewies mit seiner gestrigen Leistung, daß er diese Stelle in jeder Hinsicht verdient hat. Anacker ließ die Schwerfälligkeit seines Instrumentes vergessen; er zeigte eine Klarheit und gleichzeitig eine melodische Dichte in der Tongebung, die bisweilen an die Ausdrucksmöglichkeiten des Violoncellos erinnerte, gepaart mit einer Intonationssicherheit und höchster Präzision im Zusammenspiel mit dem Orchester, und damit wurde deutlich, daß der Kontrabaß auch als Solo-Instrument einsatzfähig ist, ohne lediglich als Kuriosität abgetan zu werden. Vor allem bei den beiden langen, von Schwierigkeiten nur so wimmelnden Solokadenzen schien Christoph Anacker technische Grenzen nicht zu kennen, und dieser junge Musiker war denn auch die eigentliche Entdeckung des gestrigen Abends.

Andreas Göbel
Wiesbadener Kurier, 22. Juli 2000
Rheingau Musik Festival: Kammermusik unter Hartmut Haenchen im Kloster Eberbach

Doch gelang dem Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach unter Hartmut Haenchen eine Interpretation von ergreifender Intensität. In holzschnittartiger Genauigkeit ließ Haenchen die vielfältige Thematik der konzisen Komposition ausmusizieren, verdeutlichte durch plastische Artikulation die Beziehungen der einzelnen Sätze, und spannte einen immensen musikalischen Bogen von der einleitenden Fuge bis zu ihrer Wiederaufnahme im letzten Teil.

Verblüffend transparent wirkte dabei der Gesamtklang des Orchesters: lupenrein die Intonation, ungemein differenziert die dynamische Gestaltung.

Dem "empfindsamen Stil" huldigte das Kammerorchester mit Carl Philipp Emanuel Bach dreisätziger Berliner Sinfonie G-Dur von 1758. Fließendes, pulsierendes Musizieren bestimmte die Wiedergabe, rhetorische Deutlichkeit zeichnete auch hier die Motivik aus. Und gerade diese Betonung musikalischer Klangrede zählt zu den Stärken dieses Orchesters, das trotz seiner modernen Instrumente ein hohes Maß an historischer Authentizität gewährleistet.

Das Charakteristische der allegorischen Figuren in Georg Philipp Telemann Orchestersuite "Hamburger Ebb und Fluth" wurde überzeugend verwirklicht, sei es die in Flötentöne gebettete Thetis, der stürmende Aeolus, oder aber die Gigue "Ebbe und Fluth", in der das Orchester mit nahtloser dynamischer Palette eine bildhafte Anschaulichkeit erzielte.

Friedhelm Eschenauer
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Juli 2000
Sturm und Drang, gemischt mit Experimentierlust: Den höfigen Zeitgeist seines Jahrhunderts hat Carl Philipp Emanuel Bach trotz ausgeprägter Sensoren für "Empfindsamkeit" oft bewusst verfehlt, und das an diesem Abend vorzüglich disponierte Kammerorchester legte unter der Leitung seines Chefs Hartmut Haenchen davon Zeugnis ab.

Die Gästen aus dem Nordosten schien die Aufführung nicht weniger Spaß zu bereiten als den Zuhörern, und obwohl die abendliche Kälte auf dem Klosterterrain ein allgemeines Frösteln verursachte, wünschte sich die Mehrheit eine Zugabe: Haenchen und seine Musiker entschieden sich für "Playful Pizzicato" aus der "Simple Symphony" Op. 4 (1934) von Benjamin Britten.

Begonnen hatte der musikalisch angenehme Abend mit der Orchestersuite C-Dur TWV 55:C3 ("Hamburger Ebb und Fluth") von Georg Philipp Telemann. Mit einer brennend intensiven Interpretation der von Rudolf Barschai für Streichorchester eingerichteten Kammersinfonie c-moll op. 110 a von Dmitri Schostakowitsch (nach dessen Streichquartett Nr. 8) sorgten die Musiker auch für einen dramatisch ernsten Kontrast.

Harald Budweg
Wiesbadener Tagblatt, 02. Januar 1997
Die Berliner musizierten die zehn abwechslungsreichen Sätze aus Telemanns Wassermusik "Hamburger Ebb und Fluth" mit viel Spiellaune und betonten deutlich die unterschiedlichen Charaktere der Musik.

Das in 1960 in Dresden angesichts der dortigen Kriegsschäden entstandene Streichquartett Nr. 8 von Schostakowitsch erklang in der Fassung für Streichorchester. Haenchen sorgte für eine überaus intensive Wiedergabe, insbesondere im unerbittlichen Marsch des zweiten Satzes. Dabei konnten die Zuhörer die Präzision des Orchesters bewundern, die nicht nur im Zusammenspiel, sondern auch in der Reinheit der Intonation zeigte. Im vierten Satz ließen zudem sehr schön gestaltete Soli aufhorchen, so vor allem das wunderbar in hoher Lage klagende Cello.

Der sehr spezielle Humor von Joseph Haydn wurde von dem Orchester in der d-moll-Sinfonie Nr. 80 gut "hervorgekitzelt". Neben der engagierten Generalbassgruppe fielen im Trio besonders die agilen Bratschen auf. In der Pizzikato-Zugabe von Britten klangen die Streicher dann wie eine einzige große Gitarre.

mfr