Kammerorchester

Pforzheimer Zeitung, 16. Dezember 2004
Das Feuer ist noch längst nicht erloschen

Während die Plattenindustrie sich oftmals mehr schlecht als recht bemüht, Nachwuchskünstler schnell zu Stars aufzubauen, die dann alsbald wieder in der Versenkung verschwinden (...) Eine Ausnahme sei aber gleich zu Beginn erwähnt: Die junge lettische Geigerin Baiba Skride, die mit 20 Jahren den Königin-Elisabeth-Wettbewerb in Brüssel gewann, präsentiert sich mit Werken von Mozart und Michael Haydn, begleitet von Hartmut Haenchen und dem Kammerorchester C.Ph.E.Bach (Sony 92939) sowie einem Solorecital - Bach, Bartok, Ysaye - (Sony 92938) als Interpretin von beachtlicher Reife und einer unfehlbaren Technik.

Thomas Weiss
Kölner Stadt-Anzeiger, 20. November 2004
Auftritt für die Geigen-Girlies

Es ist eine Zeit für Geigerinnen. Neue Aufnahmen dokumentieren die aufsteigenden weiblichen Kometen - richtige Stars, keine Sternchen, auf einem technischen und geistig-musikalischen Niveau, das durch die Bank Staunen macht. (...)

Keine Girlie-Aura (schon eher die der Wissend-Frühgereiften mit Vamp-Anflügen) verströmt die Lettin Baiba Skride - obwohl sie ziemlich genauso alt ist wie Hilary Hahn. Sie spielt mit dem Berliner Kammerorchester mit C.Ph.E. Bach unter Hartmut Haenchen Geläufiges, das aber gerade deswegen gefährlich werden kann: Mozarts G-Dur-Konzert KV 216 und das Rondo KV 373 sowie Schuberts A-Dur-Rondo - und das nun allerdings weithin unbekannte B-Dur-Konzert von Michael Haydn (Sony). Auch dies keine Allerweltsaufnahme: Skride fasst ihren Part quasi-vokal auf; da singt alles, atmet, blüht weich auf. Töne und Phrasen zeugen von größter artikulatorischer Sorgfalt und manche Betonungen geraten etwas merkwürdig. Klar, dass sie mit einer solchen Auffassung in den langsamen Mittelsätzen zu sich selbst kommt. Das Aussingen und Ausspielen, der ausgeprägt lyrische Ansatz geht zulasten des im engeren Sinn Virtuosen, das Skride überhaupt nicht zu interessieren scheint. Das ist hier aber alles andere als ein Nachteil. Wer so spielen kann, muss die Klippen der Technik längst umschifft haben.

Markus Schwering
Rondo, 19. November 2004
Ja, so kann man Mozarts berühmtes Violinkonzert Nr. 3 G-Dur KV 216 auch im Zeitalter der Historischen Aufführungspraxis noch vollkommen überzeugend "konventionell" darbieten: Jugendliche Leidenschaft und inneres Glühen charakterisieren das Geigenspiel Baiba Skrides ebenso wie schlanke, elegante Linienführung - Eigenschaften, denen das Kammerorchester C. Ph. E. Bach unter Leitung von Hartmut Haenchen mit irisierender Leuchtkraft und Wärme adäquat zu begegnen versteht. Besonders bezaubernd etwa der langsame Mittelsatz. Skrides Herangehensweise erweist sich hier im genannten stilistischen Rahmen ehrlicher als diejenige von Julian Rachlin, der dasselbe Stück kürzlich gemeinsam mit dem Brahms-Violinkonzert präsentierte: Rachlin bedient sich eines dünneren, lebloseren Tons, der mittels sehr sparsamem Vibratoeinsatzes ein wenig mit dem historisierenden Ansatz zu liebäugeln scheint; das Ergebnis ist streckenweise eine tendenzielle Indifferenz der Aussage, wie man sie Baiba Skride in keinem Augenblick nachsagen kann.

Michael Wersin
Badische Zeitung, 26. Oktober 2004
(...) Dem Notentext folgt sie sehr genau, etwa bei den Vorschlagsnoten. Die Aufnahme ist, auch dank dem frisch musizierenden Kammerorchester C.Ph.E. Bach hervorragend gelungen.
www.klassik.com, 01. Oktober 2004
Den Anschluss an die Spitzengruppe junger Geigenvirtuosinnen hat Skride quasi aus dem Stand geschafft.

Tocami
Wiesbadener Kurier, 20. August 2004
Baiba Skride mit "dem locker, tänzerisch leicht aufgelegten Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach unter Hartmut Haenchen."
Frankfurter Neue Presse, 17. Oktober 2003
Kein Mozart für die Kuschelecke

Das Kammerorchester C.P.E. Bach spielte beim Pro-Arte-Konzert in der Alten Oper Frankfurt mit Geist und Witz.

Der Schein trügt. Das Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach spielt, wie auch die Akademie für Alte Musik, das andere Berliner Kammerensemble, frisch und frei im Stehen. Ganz wie zu Bachs Zeiten. Allerdings tun die Musiker um Hartmut Haenchen dies auf modernen Instrumenten und mit einem romantischen Ansatz. Nichts für Puristen, wohl aber für Klangliebhaber. Der charakteristische Ton dieses exquisiten Kammerorchesters, ein dunkler, obertonreicher Klang, zeichnete in der Alten Oper schon Mozarts Adagio und Fuge KV 546 aus. Eine Studie in Kontrapunkt, die Hartmut Haenchen streng und ernst vorantrieb. Kein Kuschelmozart.

Das galt auch für die Sinfonia concertante KV 364, in der Mozart, inspiriert vom virtuosen Mannheimer Stil, Solisten und Orchester kunstvoll aufeinander bezieht. Für solche Beziehungen wiederum hat Hartmut Haenchen den rechten Sinn, als Meister des Ausgleichs, der seine Musiker in Dialoge verwickelt: mit der elegant aufspielenden Baiba Skride und der fabelhaften Isabelle van Keulen. Nicht nur im feinen Andante-Pathos wurde da mustergültig musiziert. Die Passagen atmeten ebenmäßig, die Triller schwirrten, die Kadenzen funkelten. Alles hatte Geist und Witz.

Über alle Zweifel erhaben: Mozarts Rondo C-Dur KV 373, von Baiba Skride mit vollendetem Ausdruck gespielt, unangreifbar schön, rein und tief; sowie Benjamin Brittens Lachrymae op. 48a, denen Isabelle van Keulen expressive Kraft verlieh. Die feinen Schattierungen waren perfekt, aber nie glatt oder bloß akademisch nachgezeichnet.

Bei Mozarts Es-Dur-Sinfonie KV 543 platzierte Haenchen blitzende Effekte. Großer Applaus war seinem Rausschmeißer da sicher.

Carsten Kretschmann