Kammerorchester

Sächsische Zeitung, 22. Dezember 2000
Fern von Hektik und Klangwust

Hartmut Haenchen beeindruckte mit seinem Kammerorchester im Kulturpalast

Hartmut Haenchen braucht sich um die Resonanz seiner Arbeit beim Dresdner Publikum keine Sorgen zu machen. Unvergessen ist seine Dirigententätigkeit bei der Philharmonie (1973/1976) sowie Gastdirigaten in der Semperoper. Und jetzt, da er nach mehr als einem Jahrzehnt sehr erfolgreichen Wirkens in Amsterdam als Musikfestspiel-Intendant ab 2003 in die Elbestadt zurückkehren wird, gilt ihm besondere Aufmerksamkeit. Das war angesichts der herzliche Aufnahme seines Konzerts am Mittwoch mit dem Kammerorchester "Carl Philipp Emanuel Bach" im gut besuchten Kulturpalast deutlich zu spüren. Ein weihnachtliches Konzert war angekündigt. Beliebte Concerti grossi und reizvolle Instrumentalkonzerte nicht alltäglicher Besetzung aus dem 17. und 18. Jahrhundert der italienischen, deutschen und holländischen Musikgeschichte standen auf dem Programm.

Natürlich durften die bekannten "Weihnachtskonzerte" von Corelli und Locatelli nicht fehlen. Sie bildeten - durchweg intensiv und mit klanglicher Delikatesse musiziert - die Eckpfeiler des Abends. Wobei es wohl dramaturgisch glücklicher gewesen wäre, nicht mit der ausschließlich langsamen Satzfolge des Locatellischen Opus 1 Nr. 8 zu schließen, zumal als Zugabe das für diesen Rahmen allzu ernste Air von Bach gewählt wurde.

Dazwischen erklangen zwei konzertante Stücke, die den Solisten, dem Niederländer Daniel Brüggen (Blockflöte) und Ingo Reuter, Solofagottist der Berliner Staatskapelle, geradezu artistische Virtuosität abverlangten: Vivaldis C-Dur-Konzert für Piccoloblockflöte und Telemanns Konzert für Altblockflöte und Fagott mit Streicherbegleitung in F-Dur. Wobei Letzterer mit seinen geistvollen Dialogen über die Klischees des Italieners triumphierte. Ein besonderes Erlebnis war das früher als ein Werk Pergolesis geltende Concerto Armonico Nr. 5, das seit zwei Jahrzehnten von der Musikwissenschaft dem holländischen Dilettanten Unico Wilhelm Graf von Wassenaer zugeschlagen wurde. Ob zu Recht, bleibt angesichts seiner Kunstfertigkeiten und Ausdruckskraft fraglich. Tadelsfrei - wie meist an diesem Abend - die sensible und klare Interpretation, fern von Hektik und Klangwust. Ein Wagnis, wie vorher befürchtet, war das gelungene Konzert in dem für derartig intimes Musizieren gewiss nicht idealen Kulturpalastsaal keineswegs.

Dieter Härtwig