Opern

Trouw, 28. September 2005
"Vollendet das ewige Werk!" Opfergott Wotan singt es in "Das Rheingold" (...). Dieser Satz ist auf T-Shirts abgedruckt, die während der Tage des "Ring"-Fiebers im Muziektheater zu kaufen sind. Regisseur Pierre Audi und Dirigent Hartmut Haenchen können ohne Zögern so ein T-Shirt anziehen, denn ihre Arbeit an und mit Wagners "Der Ring des Nibelungen" verdient wirklich das Etikett "ewig". Mit "Siegfried" und "Götterdämmerung" am Montag wurde der erste Zyklus der Reprise von Wagners Opern-Tetralogie mit großem Publikumserfolg abgeschlossen. (...) Dann hat die Niederländische Oper mit der ersten Inszenierung des "Ring" Geschichte geschrieben und es bleiben nur die DVD's der Reihe von 1999 und - eventuell - die CD's der jetzigen Vorstellungen. (...) Das Nederlands Philharmonisch Orkest zeigte sich in dieser Wagner-Serie als ein Top-Orchester in allen Instrumentengruppen. Die Musiker schonten sich nicht und hatten ganz am Schluß, wenn das ganze Theater sich feurig rot verfärbt und Wotans gebrochener Speer durch die Hinterwand bohrt, noch genug Energie, um das "Siegfried-Motiv" und das "Erlösungsmotiv" spektakulär auf einander prallen zu lassen. Haenchen duldet zwischen diesen beiden Leitmotiven, im Gegensatz zu anderen Dirigenten, keine Pause, wodurch "prallen lassen" auch wirklich "prallen lassen" bedeutet. Das Haenchen damit Recht hat, wird an diesem Punkt wohl am besten durch die Tränen und die Emotionen, die wieder nach oben kommen, bewiesen, wie oft man es auch gesehen und gehört hat. Haenchen schmiedete sein Orchester in diesen beiden langen Opern zu einem musikalischen Gegenstück zu Siegfrieds unbesiegbaren Schwert Nothung. Ein orchestrales Schwert, welches triumphierend glänzte und sich in Haenchens Hand fortdringend durch die Partituren schnitt. Kräftig, aber auch ungemein poetisch, wie in dem glänzend aufgebauten "Waldweben" in "Siegfried" oder in der wunderbar transparanten Begleitung der Szene in der Waltraute (eine fantastische Michaela Schuster) Brünnhilde über den trauernden und mutlosen Wotan in "Götterdämmerung" erzählt. Schon allein deswegen ist zu hoffen, daß der "Ring" nun live auf CD herausgebracht wird.

Peter van der Lint