Opern

Die Zeit, 09. Juni 1995
Bemerkenswert werden die "Meistersinger" durch den Dirigenten Hartmut Haenchen, der (meines Wissens so konsequent) zum ersten Mal dem Orchester wie seinen Solisten den inzwischen leidigen Bombast, das immer noch pathetisch Dröhnende am C-Dur, die scheinfeierliche Behäbigkeit, auch die wichtigtuerische Handwerklichkeit austrieb und mit gar nicht einmal sehr viel schnelleren Tempi, aber deutlich zurück gehaltener, dafür expressiver Dynamik und sauber erarbeiteter Phrasierung einen neuen Blick auf die Partitur und ihre Klänge wirft. Eine Form von Widerstand, der natürlich bei Wagner-Hardlinern Anstoß erregen mußte, der aber anknüpft an die Erkenntnisse der Forschung, die auch bei Wagner Begriffe wie "etwas" und "allmählich" weit häufiger fand als "äußerst" oder gar "mit letzter Kraft.

Heinz Josef Herbort