Opern

Neue Zürcher Zeitung, 28. Juli 2017
Wiederhören macht Freude
Christian Thielemanns «Tristan» oder Hartmut Haenchens «Parsifal»: Wer dirigiert Richard Wagner «richtig»? In den beiden Wiederaufnahmen der Bayreuther Festspiele kann man einiges lernen, auch über musikalischen Stil.
..."Bei den Bayreuther Festspielen kann man in diesem Jahr einen aufschlussreichen Vergleich anstellen: Zwei der profiliertesten Wagner-Dirigenten unserer Zeit dirigieren dort hintereinander die turnusgemässen Wiederaufnahmen von «Tristan und Isolde» und «Parsifal»."...
Hartmut Haenchen, nicht minder Wagner-erfahren, doch im deutschsprachigen Raum lange Zeit auf alte Musik festgelegt, musste dagegen zeigen, dass sein sensationeller Erfolg als Einspringer bei der «Parsifal»-Premiere 2016 nicht bloss ein Zufallstreffer unter besonderen Umständen war.
..."Nach Thielemanns kontrollierter Ekstase wirkt Haenchens Ansatz beim «Parsifal» anderntags geradezu herb, ja asketisch. Doch rasch bemerkt das Ohr: Die Entschlackung des Klanges hat Methode, selten hört man diese späte, überreife Musik so filigran, so zerbrechlich-melancholisch, so sehrend nach innen gewendet, namentlich das tonal vagierende Vorspiel zum dritten Aufzug. Obschon die Tempi etwas entspannter sind als bei der Premiere 2016, erreicht Haenchen – ohne je über Gebühr zu eilen – abermals eine reine Spieldauer von unter vier Stunden; Dirigenten wie Toscanini, Knappertsbusch und Levine haben für das nicht nur in Bayreuth oft weihevoll zerdehnte Stück bis zu fünfzig Minuten länger benötigt!
Vom organischen Fliessen der Musik profitieren wiederum die Sänger,...
Christian Wildhagen
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