Opern

Opernwelt, 01. Januar 2002
Ein Idealfall

(...) Diese Wiederaufnahme war aber in mehrerlei Hinsicht eine Weiterentwicklung und sogar eine Steigerung des Originals. Erstens stand jetzt Hartmut Haenchen am Pult, der dieses Werk schon in den achtziger Jahren in Amsterdam dirigierte - damals war es die Kupfer-Produktion aus Berlin. Es war schon immer klar, dass Haenchen eine große Affinität zu Reimanns Klangwelt hat - was jetzt aber in Amsterdam zu hören war, übertraf alle Erwartungen. Auf unnachahmliche Weise machte Haenchen diese Partitur absolut durchsichtig. Die immensen Klangmassen und das ohrenbetäubende Schlagzeug ergossen sich natürlich und vielschichtig in den großen Saal des Muziektheaters. Diese weite Raum, der für manche "normale" Oper zu groß wirkt, schien für die überdimensionale Klangwelt Reimanns ideal, und Haenchen wusste das zu nutzen. Die intimeren Szenen mit Tom und dem einsamen Lear sorgten für einen harten Kontrast, wirkten dadurch aber umso einsamer und existentieller (...) Das Amsterdamer Publikum zeigte sich sehr begeistert am Ende dieses nicht gerade einfachen Stücks. Obwohl die ersten Vorstellungen nicht völlig ausverkauft waren, wurden die letzten Abende gestürmt.

Willem Bruls