Sinfoniekonzerte

Sächsische Zeitung, 13. Mai 2008
In der Schatzkammer

Intendant Haenchen überzeugte beim Start der Festspiele mit Bartok.

Erlebt man eine Aufführung von Béla Bartóks einziger Oper „Herzog Blaubarts Burg“, begreift man, warum das Werk einst von einer Wettbewerbs-Jury als unspielbar abgelehnt wurde. Man ist geneigt, das 1918 uraufgeführte Werk als Anti-Oper zu bezeichnen, denn das, was auf der Bühne geschieht, ist vernachlässigbar wenig. Das Entscheidende vollzieht sich in den Seelen von Blaubart und Judith. Die Oper und ihr Libretto von Béla Balázs wären in ihrer Gestalt nicht denkbar, hätte es nicht zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts die bahnbrechende Entwicklung der Psychologie gegeben. Wohl ist die „Blaubart“-Geschichte alt, aber Balázs und Bartók haben sich bis in die letzten seelischen Tiefen vorgearbeitet.

Hartmut Haenchen eröffnete am Freitag mit einer konzertanten „Blaubart“-Aufführung in der Oper die diesjährigen Musikfestspiele, die die letzten unter seiner Intendanz sind. Bartók hat die Musik, in der er zu seinem unverkennbaren Personalstil fand, in einen gewaltigen Spannungsbogen eingebunden. Der ist aufs Engste an das Öffnen von sieben Türen gekoppelt, wobei jede einzelne Tür den Weg zu einer jeweils eigenen Klangwelt öffnet. Diese reicht von den fahlen Terzparallelen im Vorspiel bis zum grandiosen Klang der Schatzkammer. Mit Akribie ging Haenchen den Eigenheiten jedes einzelnen Bilds nach und hatte mit dem Stuttgarter Rundfunk-Sinfonieorchester Musiker, die ihn bei diesem Vorhaben aufs Beste unterstützten.

„Blaubart“ besteht ja eigentlich aus halb szenischen Dialogen, bei denen die Sänger nicht mit Effekten oder jugendlich-heldenhaftem Gestus brillieren können. Lioba Braun als Judith gelang es, Irritation und Angst vor dem überall vorhandenen Blut zu verdeutlichen, während Rudolf Rosen als Blaubart eine ungemein breite Ausdruckspalette vom warnenden Zögern bis zum kraftvollen Drängen einbrachte.

Großer Beifall für den Jubel

Nach dieser psychologischen Meisterleistung musste Zoltán Kodálys „Te Deum“ von 1936 etwas vordergründig wirken. Der Leipziger Rundfunkchor und die Solisten sangen zwar mit dem Jubel, der dem Anlass, dem 250. Jahrestag der Befreiung der Burg von Buda, angemessen war. An innerer Kraft reichte dieses „Te Deum“ aber an „Blaubart“ nicht heran. Das Publikum applaudierte trotzdem herzlich.
Peter Zacher