Sinfoniekonzerte

Nordbayerischer Kurier, 25. Juli 2017
...Vier Takte von Humperdinck
Bei Vorspiel und Verwandlungsmusik aus dem ersten Aufzug wurden am Montag beim Festakt ganz andere Dinge freigesetzt. Zum einen vier Takte aus der Feder von Engelbert Humperdinck, die zu einer Wiederholung eines Teils der Verwandlungsmusik überleiteten, um die Musik zu verlängern. Dies war bei der Uraufführung 1882 nötig geworden, da der technische Ablauf der Wandeldekoration länger dauerte als die Musik. Man darf annehmen, dass diese besondere Version mit den Zusatztakten Humperdincks am Montag erstmals seit der Uraufführung wieder aufgeführt wurde.
Freigesetzt wurden aber auch Klänge, wie sie beim „Parsifal“-Vorspiel gerade im Festspielhaus üblicherweise nicht zu hören sind. Man hörte die Töne der Querflöte als Töne der Querflöte. Die verschiedenen Instrumentengruppen im Festspielorchester unterschieden sich stärker voneinander als sonst, was zu einem stark aufgefächerten Klangbild mit gewisser Bläserdominanz führte. Erstmals diese Musik im Festspielhaus nicht aus dem „Abgrund“ zu hören, machte klar, was man gerade bei dieser Komposition an dem einzigartigen Orchestergraben hat. Denn auf den Balsam, die Magie der Klangmischung, die hier sonst aufsteigt, musste man am Montag verzichten.

Selbst auferlegte Fesseln gelockert
Das freilich war bei Verdi und Berg überhaupt kein Problem. Hartmut Haenchen, der keinesfalls im Verdacht steht, ein Fundamental-Wagnerianer zu sein, der aber durch seine akribischen Quellenstudien näher zum Original vordringt als viele andere, war gewiss der richtige Dirigent für dieses musikalische Grenzen überwindende Konzert. Mit Claudia Mahnke (Marie), Camilla Nylund (Desdemona), Christa Mayer (Emilia) und Stephen Gould (Otello) standen ihm herausragende Festspielsänger zur Seite, die ihren Teil dazu beitrugen, diesen Festakt unvergesslich zu machen.
Bayreuth hat seine selbst auferlegten Fesseln zumindest für einen Abend ein wenig gelockert. Und Größe gezeigt.
Roman Kocholl
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