Sinfoniekonzerte

Nordrheinische Zeitung, 15. Oktober 1992
Auf der Reise zu Schubert und Brahms

Es war zwar nicht das renommierte Concertgebouw-Orchester, mit dem die neue Saison der Saalbau-Meisterkonzerte anhob. Aber auch das sehr viel jüngere Nederlands Philharmonisch Orkest hat bereits seine Meriten und kündet eindrucksvoll vom Traditionsbewußtsein und der sinfonischen Spielkultur in unserem Nachbarland. Chefdirigent Hartmut Haenchen war ein weiterer Garant für das hohe Niveau, auf dem Brahms und Schubert an diesem Abend zu ihrem Recht kamen (...)

Schuberts große C-Dur-Sinfonie dann nach der Pause: Auch hier suchte Haenchen nicht den äußeren Effekt, die schroffe Schärfe oder die geglättete Eleganz, sondern führte das Orchester zu gerundeter Ausgewogenheit, Präzision und Farbintensität und ließ sich Zeit zur organischen Entwicklung des thematischen Gewebes. Dank seiner dramaturgischen Bindekraft und dem Vertrauen auf die Schönheit und den Reichtum von Schuberts Melodik empfand man die berühmten "himmlischen Längen" als Erlebnis, die allbekannte Neunte als Entdeckungsreise, der der Dirigent den Reiz des Unverbrauchten abgewann.