Sinfoniekonzerte

Dresdner Neueste Nachrichten, 19. Mai 2008
Dresdner Neueste Nachrichten, 19.5..2008

Mit anderen Ohren zu hören
Bachs h-Moll-Messe in der Frauenkirche

Hartmut Haenchen hate sich für die von ihm geleitete Aufführung eines hervorragenden Ensembles versichert: Christiana Oelze, Annette Markert, James Taylor und Jan-Hendrik Rootering, den Philharmonischen Chor München und „sein“ Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach. Es war eine in weiten Zügen von seinen Erkenntnissen geprägte Wiedergabe, in manchen Passagen ungewohnt. Haenchen geht in seiner gründlichen Einführung im Programmheft ins Detail und legt dar, woher er die Impulse für seine Denkweise genommen hat – sehr überzeugend.
Haenchens Auffassung schien sich mir, namentlich im Orchester, von herber Askese zu entfernen und mit emotionalem Gewicht auf den Sohn zu orientieren. Dies geschah konsequent, daher durchweg sehr einprägsam. Hier war der sehr überzeugend agierende Münchner Chor der richtige Partner. In großartiger Ausgewogenheit verlieh er den von Haenchen geforderten Akzenten Leben, wie er auch mit tragender Legato-Kultur aufwartete. Eine feinsinnige Synchronisation war zwischen Chor und Orchester erreicht, wobei die langjährige Zusammenarbeit des Dirigenten mit seinen Musikern (über 25 Jahre) sich in „blindem Verstehen“ darstellt – Haenchen kann den Bewegungsaufwand auf ein Mindesma reduzieren, ohne auch nur eine Spur an Spannung zu verlieren. Auch dem Chor gegenüber ist es mehr Ausformen des Gechehens im Prozess des musikalischen Verlaufs. Da entstehen Klangbilder von berührender Schönheit.
Das andächtige Schweigen vor dem Beifall bestätigte den Rang der Aufführung.

Hans Peter Altmann