Sinfoniekonzerte

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04. Juni 2018
..."Aufklärung hat bei solchen Künstlern, in einer wieder etwas anderen Spielart des Wortes, mit einer gefestigten, kritisch-analytischen Beziehung zu tun. Deren staunenswertes Ergebnis konnte man zum Beispiel in Haenchens Interpretation von Mozarts „Jupiter“-Symphonie mit der Camerata Salzburg erfahren: keine Spur von edler Klassizität, die einleitenden Tuttischläge wie Prankenhiebe, verzagte, leise winselnde Antworten im Nachsatz, jede Dissonanz schmerzlich auskostend – eine Kontrastspanne, die am Ende schließlich in jenes Fugenfinale führte, das gemeinhin als Muster transparent ausgeleuchteter Klangarchitektur gilt und hier nun plötzlich als tief beunruhigte, düster-unrastige Jagd wonach auch immer vorbeigeisterte."...
Gerald Felber
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/
Bayerische Staatszeitung, 04. Juni 2018
"..."Aufklärung, Klärung, Verklärung" – das Motto des diesjährigen Würzburger Mozartfestes ... war gleich beim bejubelten Eröffnungskonzert zu spüren. Denn wie Hartmut Haenchen die im Stehen spielende Camerata Salzburg führte, wie er beim frühen und reifen Mozart hintergründige Entdeckungen erlebbar machte, etwa bei den filigranen Zwischenfiguren, wie er Kontraste setzte, etwa bei der Jupiter-Sinfonie, das klärte manches oft durch Über-Interpretation Verbogenes oder durch allzu effektvolle „Verklärung“ Verwischtes.
Die frühe, wohl als Ouvertüre zu „Il re pastore“ geeignete, einteilige Sinfonie von 1775, die von Haenchen anhand vorhandenen Materials rekonstruiert wurde, entwickelte zuerst scherzhaften Ton, dann Graziöses, endete lustvoll sonnig. Die Jupiter-Sinfonie dagegen begann kraftvoll, mit geradezu knackigen Akzenten; der Dirigent baute schon hier Spannung auf zwischen Kraft und Eleganz, Stärke und Esprit und endete alles mit einem ins Triumphale gesteigerten Finalsatz..."
Renate Freyeisen
Ganze Rezension
Der Merker, 29. Mai 2018
..."Als dann endlich die Musik zu Wort kommt, sorgt Hartmut Haenchen für Erlösung: Der „Dirigent des Jahres 2017“ animiert in der von ihm rekonstruierten Sinfonia zu „Il re pastore“ (KV 208/102) die Camerata Salzburg nach einem kräftigen Auftakt-Dreiklang zu einem flüssigen Crescendo und markanten Piano-Forte-Kontrasten, stellt die spannungsvolle Harmonik in der Bassstimme heraus, lässt den Sechs-Achtel-Takt im Andantino luftig schwingen und gibt der Oboe Raum zu kantabler Entfaltung.

Mit einer solchen stark an die Oper angenäherten Rhetorik leuchtet Haenchen auch die harmonischen und kontrapunktischen Tiefenstrukturen der „Jupiter“-Sinfonie (KV 551) aus. Es geht ihm nicht um saftige Dramatik, obwohl er auch im Kopf- und im Finalsatz von Mozarts letzter Sinfonie dynamische Gegensätze schärft und Akzente pointiert. Die Intensität des Klangs und die unwirschen Reibungen rücken gerade den Finalsatz nahe an Beethoven. Aber er lässt, um im Bild zu bleiben, keine heftige Debatte führen, sondern das Gespräch der Stimmen entwickelt sich vernünftig, ohne aufwallende Hitze. „Nicht zu viel und zu wenig“, um es mit Mozart zu sagen.

Vernunft heißt in Haenchens Fall eben auch, genau zu artikulieren, keine Details zu verdecken, in belebter Agogik den Fluss der Musik flexibel und sprechend zu halten. Trompeten und Hörner zum Beispiel sind diskret genug, um sich in der heiklen Akustik des Saales nicht vorzudrängen. Im Andante betont er das „cantabile“ nicht zu sehr, lässt es nicht zu unbeschwert fließen. Die Camerata Salzburg folgt ihm mit Lust am Färben und Akzentuieren, nur bei den Streichern lässt für Momente die Phrasierungs-Konzentration nach. Der vierte Satz beginnt eher leicht als intensiv-fiebrig; Haenchen glättet nichts an den komplexen, ins Dissonante reichenden Verläufen, er mäntelt sie nicht in Eleganz ein, sondern stellt deutlich betont heraus, mit welcher gedanklichen Tiefe Mozart dieses Finale entworfen hat...."
Werner Häußner
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Süddeutsche Zeitung, 29. Mai 2018
"...Der Kontrast zwischen dem Festlichen und dem freudig Wirbelnden in der Musik spiegelt die Mischung aus repräsentativer Klarheit und vielfältiger Ornamentik im von Giovanni Battista Tiepolo ausgestatteten Kaisersaal der Residenz. Auch weil Haenchen beides in scharfen Kontrast zueinander setzt, statt es in vorauseilender Harmonie zu verschmelzen. Der Dirigent gilt als einer der entschiedensten und erfahrensten Vertreter der historischen Aufführungspraxis. Obwohl er hier zum ersten Mal mit der Camerata musiziert, hat er dem im Stehen spielenden Ensemble offensichtlich im Nu seinen Stempel aufgedrückt. Er wählt bemerkenswert flexible Tempi, setzt auch ungewöhnliche Pausen, um die Divergenz der Elemente zu betonen. Dass gerade die Jupiter-Sinfonie auch von extremen Stimmungsschwankungen lebt, ist selten so deutlich geworden. Im Klang trennt Haenchen die Register klar, dringen die Bässe immer gegen die Oberstimmen, die Bläser gegen die Streicher durch. So wird eine Gleichberechtigung der Stimmen hörbar, die dem Geist der Aufklärung entspricht.
Michael Stallknecht
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Fränkische Nachrichten, 28. Mai 2018
Eine starke bildlich-poetische Mitteilungskraft entfacht

..."gelang ihm eine Darbietung aus einem Guss in vital ausgeführten Tempi, durchsetzt mit starken Forte-Akzenten, die elektrisierend auf die Zuhörer wirkten....Auf die musikalische Entdeckungsreise nahm Haenchen das Publikum spontan mit und durchkämmte schroffe und liebliche Landschaften als ein unverzärteltes Mozartbild. ... Die kontrapunktischen Finessen der Jupiter-Sinfonie offenbarten in Haenchens brillant entfachtem Feuerwerk ihre Genialität...."
Klaus Linsenmeyer
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Münchner Merkur, 28. Mai 2018
..."In ihrer (Mozarts "Jupiter-SInfonie") Verklammerung von barocker Struktur und sturm- drängerischem Aufbruch ist sie ein Schlüsselwerk – vorausgesetzt, man interpretiert sie so hellsichtig, formbewusst, analytisch, auch überrumpelnd in manchen Detailverläufen wie Hartmut Haenchen mit der Camerata Salzburg. Wieder dürfte der 75-Jährige nicht zufrieden gewesen sein mit dem Notenmaterial. Wieder dürfte der aktuelle „Dirigent des Jahres“ hineingekrochen sein in die Verästelungen des Werks, um die Partitur zu bereinigen von missverstandener Tradition. Das Ergebnis ist so aufregend wie schlüssig: ein Schlager wie neu erstanden vor Augen und Ohren der Festgäste...."
Markus Thiel
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Main-Post, 27. Mai 2018
"Einen Traumstart erwischte das diesjährige Mozartfest, das mit einem Kaisersaal-Konzert mit der Camerata Salzburg ...begann.
...sowie einer fulminanten Jupiter-Sinfonie zum Abschluss bot das Orchester unter Leitung von Hartmut Haenchen ein musikalisches Festmenü allererster Güte.
Ganzer Bericht
Main-Post, 26. Mai 2018
Mozartfest: Zum Auftakt Mozart beim Wort genommen

..."Eigentlich ist es ganz einfach: Man muss Mozart nur beim Wort nehmen, und schon entsteht Großartiges.

Der Bruch mit alten Gewohnheiten
Haenchen bedient sich dazu vor allem eines Mittels: Er gibt schlicht und einfach die Klänge frei, und die allesamt engagiert, hochpräzise und mit viel Spaß an eben diesen Klängen musizierenden Salzburger danken es mit Witz und Verve. Klänge freigeben bedeutet auch den Bruch mit alten Gewohnheiten, Regeln Einschränkungen. Etwa dem Grundsatz, dass die Mittelstimmen immer leiser sein müssen als die ersten Geigen. Warum eigentlich? Hier jedenfalls passieren plötzlich spannende Dinge in Hörnern oder Fagotten, währenden die Geigen nur noch die Farbe beisteuern.
Die klassische „Begleitstimme“ gibt es plötzlich nicht mehr, alle sind gleich wichtig, das Spannende dabei ist nur, dass dabei kein Klangbrei entsteht, sondern vollkommen neue Musik."...
Matthias Wiedemann
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www.thalia.de, 20. Januar 2013
Hartmut Haenchen zählt zweifellos zu den profiliertesten und interessantesten Dirigentenpersönlichkeiten der Gegenwart. Zahlreiche exemplarische Aufführungen und Aufnahmen dokumentieren seine Arbeit mit dem Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach, und immer wieder werden die stilsichere Gestaltung, klangliche Transparenz und die technische Präzision der gemeinsamen Interpretationen gerühmt. Im vorliegenden Konzert verstehen es Haenchen und das in kleiner Besetzung spielende Orchester, mit klarer Stimmführung die ganz unterschiedlichen Facetten der Musik herauszuarbeiten und lebendig werden zu lassen: Ob Unbeschwertheit, lyrischer Gesang, Dramatik oder geniale polyphone Struktur - alles atmet Mozart'schen Geist. Ein außerordentlich sensibler Anschlag und ein überaus stilsicheres Gestaltungsvermögen machen Stefan Vladar beim d-moll-Klavierkonzert zum idealen Partner des Dirigenten und seines Ensembles.
www.amazon.com, 14. Februar 2011
Luminous Mozart
My first order of this DVD from the UK never reached me. Then I ordered it from classical_music_superstore and received it a few days later. It was well worth the wait. I had been only vaguely familiar with Hartmut Haenchen and his magnificent Kammerorchester C.Ph.E. Bach before, nor was the pianist Stefan Vladar a household name. When I first played this disk (in outstanding audio and video), I was in for an exquisite treat, and it gets better upon each hearing. Haenchen is a first-rank musician, and so are his group of soloists. They are playing like angels, in effortless collaboration and all standing up. This ca. 30-members orchestra is among the most transparent and, at the same time, most spirited, refined and powerful Mozart ensembles I have heard. The Divertimento K. 113 sets the tone, lightweight as it may be. In the D minor concerto, Vladar shows amazing virtuosity and sensitivity to Mozart's style. He plays wonderful embellishments and often follows the orchestral tutti. I can not find more superlatives for this performance, likewise for the brilliant and luminous Jupiter Symphony. Just listen and see, you will be bowled over.
Gerhard P. Knapp
5 Sterne von 5 möglichen Sternen
Fanfare Magazin, 01. September 2008
Fanfare Magazine, 2008

This highly detailed and informative DVD about Mozart’s most spectacular symphony is a real must. The makers have succeeded in extracting the most important issues on this symphony into a comprehensive, detailed, and yet brief documentary. Haenchen leads the public in an understandable way through a symphony that belongs among the most fascinating works Mozart ever wrote. Each movement is explained in such way that it remains comprehensible for the uninitiated, but also keeps the attention of those who know the symphony inside out.
Every explanation of the score is illustrated with a musical example, taken from a live concert with the C. P. E. Bach Chamber Orchestra in November 2005 at the Konzerthaus in Berlin. It’s a very enjoyable performance, and although it doesn’t rank with the very best available, it’s still a significant rendering. The homogeneously soft and enchanting string sound is especially enjoyable. The woodwinds produce a unified color that is captured well by the recording engineers.
Haenchen proves once more that he’s a reliable, intelligent, and true musician. His tempos are never extreme, but they’re never boring, either. After listening to both Haenchen’s documentary and performance of the work, I was amazed at his research and craftsmanship. Haenchen is truly a musician who deserves more recognition as a great conductor.
Which recording to choose as a reference is a really tough job—the choices are innumerable. Colin Davis’s recordings of Mozart’s last symphonies on Philips remain the best choices for me; sheer musicianship combined with a gorgeous orchestral sound and superb engineering make that a great recording. There are also the transparent performances of Trevor Pinnock with The English Concert, or Neville Marriner’s on Philips or EMI with the Academy of St. Martin in the Fields.
Whether you’re a beginner to the world of Mozart’s genius or not, this DVD offers helpful information, illustrated by one of Europe’s finest musicians.
Bart Verhaeghe