Sinfoniekonzerte

www.plateamagazine.com, 15. November 2016
... Con gran temple en la batuta, Haenchen la cuidó como un retoño, mediante un trabajo de nitidez en las superficies sonoras y de profundidad en el discurrir melódico. La “longitud celestial” de la que el propio Schumann habló al referirse al monumento sinfónico de Schubert encontró fluidez y claridad en una versión jovial y enérgica producto tanto del detallismo y clarividencia del director alemán, como de la buena respuesta de la orquesta. ... la claridad estructural de Haenchen y el excelente desempeño de trombones y trompa solista culminaron un excelente inicio, al que siguió una lectura cuidada de la sinfonía, versátil –entre el minimalismo y la grandilocuencia– con unas maderas brillantes, tan cálidas y sensuales como vigorosas. El momento más destacado fue sin embargo antes: la precisión matemáticamente emocional que la orquesta alcanzó en el último acorde, que cierra uno de los movimientos más magistrales de todo el romanticismo, el andante con moto de esta –en muchos sentidos– “grande” de Schubert.
Diego A. Civilotti
Ganze Rezension
Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 16. Mai 2001
Der Blick wurde frei auf den modernen Schubert

Bis zur Wiedereröffnung des Saalbaus als Philharmonie müssen die Essener Philharmoniker weitgehend allein die sinfonische Flagge in der Ruhrmetropole hochhalten. Sie tun das auf höchstem Niveau - nicht nur unter ihrem Chef Stefan Soltesz.

Diesmal war es als Gast Hartmut Haenchen, der den Abend im Aalto-Theater weit über den Rang eines Abonnenten-Konzertes heraushob. Der langjährige Generalmusikdirektor der Amsterdamer Oper formte die Aufführung von Franz Schuberts großer C-Dur-Sinfonie und Dmitri Schostakowitschs 1. Cellokonzert Es-Dur zu einem musikalischen Ereignis ersten Ranges.

Zudem gab es mit dem jungen Cellisten Daniel Müller-Schott eine Begegnung mit einer aufgeschlossenen, ganz im Dienste des Werkes stehenden Solisten-Generation.

Müller-Schott, der 1992 als 16-Jähriger den Tschaikowsky-Wettbewerb gewann, spielte Schostakowitschs Konzert ungemein intensiv, ja geradezu bekenntnishaft. Im Moderato gelangen ihm im Dialog mit dem Orchester berührende Momente. Die Cadenza geriet dank seiner absolut perfekten Grifftechnik und seines schnörkellosen, sprechenden Tons zum atemraubenden Lamento, dessen Aura sich wie ein unsichtbarer Zauber über das Publikum zu legen schien.

Ein großer Moment. Doch es waren auch die von Hartmut Haenchen wunderbar geführten Philharmoniker, die dem Abend hohe inspirierende Wirkung verliehen. Wieder einmal verblüfften die Essener mit ihren geschmeidigen Streicher und den vor allem beim Schostakowitsch überrumpelnd sicheren Bläsern.

Haenchen rückte die großräumig angelegte Schubert-Sinfonie in die NäheBruckners und Mahlers. Mit klarem Blick für Strukturen und thematische Zusammenhänge zeigte er Zerklüftetes und Widerborstiges in diesem durchaus nicht nur erhabenen Werk. Haenchen gab damit den Blick frei auf einen "modernen" Schubert, der in der Überwindung des erdrückenden Vorbildes Beethoven weit über seine Zeit hinauswies.

Michael Kohlstadt
Neue Ruhr Zeitung, 14. Mai 2001
Gastdirigent Hartmut Haenchen inspirierte die Essener Philharmoniker durchgehend zu hochrangigem Musizieren.

Begeisterte Bravorufe gab's ebenso für Schubert's "Große C-Dur-Sinfonie". Hartmut Haenchens impulsivem und präzisem Dirigat ist es zu verdanken, dass die minutiös reagierenden Philharmoniker das monumental konzipierte Werk in geschärften Linien, kristalliner Durchsichtigkeit und motivischer Korrespondenz abbildeten. Schlank selbst das gewichtige Fortissimo, nicht zuletzt durch staccato-willige, exakte Bläser. Dem Wiener Romantiker fehlte es so weder an strahlendem Lebensfreude, noch an elfenhafter Gesanglichkeit und tänzerischem Schwingen. Eine brillante Wiedergabe.

Klaus Albrecht
Leipziger Volkszeitung, 28. April 2001
Ein Schubert für den Bauch und das Herz

Haenchen im Gewandhaus

Manchmal wanken Weltbilder: sollte das allseits mit missionarischem Eifer betriebene Gezerre ums historisch vermeintlich korrekte Musizieren am Ende nur ein Stellvertreterkrieg sein? Spielfeld derer, die mit Musik wenig zu sagen haben und darum umso ausführlicher über Musik palavern? Hartmut Haenchen jedenfalls hat mit seiner Sicht auf Schuberts "Große" im vor ungeteilter Begeisterung brodelnden Gewandhaus mit virtuosem Furor jedes Gezanke um Darm- oder Stahlsaiten, um mehr oder weniger oder kein Vibrato, um Viertel oder Halbe von der Tagesordnung gefegt. Sein Schubert klingt einfach richtig. Da muss sich keine Phrasierung, kein Akzent, kein Tempo, kein Detail und auch keine Großform erst in die Hirnwindungen des uneitlen Könners zwängen, um mit musikologischer Weisheit angereichter ins Ohr des Hörers entlassen zu werden. Dieser Schubert geht von Bauch zu Bauch, von Herz zu Herz.

Aber Haenchen ist kein Bauchmusiker. Nur wenige andere haben sich so lange und so ausführlich mit aufführungspraktischen Fragen auseinander gesetzt wie er. Aber bei ihm fließt Erkenntnis in ein sinnliches Konzept - und nicht in einen klingenden Analyse-Aufsatz.

Aber dadurch wird es nicht automatisch besser. Zum Wissen müssen Fühlen und Können kommen. Dann entstehen musikalische Glücksmomente. Dann funkelt und glänzt das Gewandhausorchester wie schon lange nicht mehr. Dann ist es nicht weiter schlimm, dass dieses Orchester nach wie vor nie wirklich leise tönt, sobald die Bläser dabei sind. Dann kann es plötzlich alles spielen.

Denn Haenchens Musizierhaltung kennt keine Gattungs- oder Epochengrenzen. Ebenso wie bei Schuberts vielen Tönen zwischen Klassik und Romantik lädt er die zwischen Romantik und Moderne klemmenden Bohuslav Martinus und Karl Amadeus Hartmanns mit Emotion und Bedeutung auf. Des Tschechen bohrende Momentaufnahme der Trauerarbeit nach dem Ende des Nazi-Terrors, des im braunen Sumpf fast versunkenen Deutschen fahle Melancholie, Martinus hilflosen Schrei, Hartmanns hilflose Idylle. Das Gewandhausquartett lädt Hartmanns Kammerkonzert mit Bedeutung auf, die Tutti-Streicher verkeilen die Ungarismen - und über allem strahlt die schwerelose, überirdisch schöne Klarinette Sabine Meyers. Ein Wunder an sprechender Beherrschtheit.

Und schmerzliche Erinnerung an eine vertane Chance: Vor zwie Jahren hätte Leipzig den Ausnahmedirigenten als Opern-Generalmusikdirektor an sich binden können. Hoffentlich kommt er wenigstens als Gast bald wieder.

Peter Korfmacher
Neue Zeit, 24. Juni 1994
Schuberts Wunderwerk: Die C-Dur Sinfonie

Mit zusammenfassender dirigentischer Kraft und der ihm eigenen Detailbesessenheit zugleich brachte Hartmut Haenchen auch das Wunderwerk von Franz Schubert, nämlich die große C-Dur-Sinfonie, unter einen großen gestalterischen Bogen. Er hat sie vor zehn Jahren schon mit den Berliner Philharmonikern und dem Orchester der Komischen Oper frei von allen Übermalungen musiziert, mit energischer Disziplin, auffälligen Ausdrucksschärfungen. Nunmehr brachte er bei der Schubertschen "Neunten" noch souveräner den zusammenfassenden Griff eines perspektivischen Musizierens ins Spiel, zog er die Tempi noch straffer an, riß er die dramatischen Vorgänge schärfer auf und inszenierte die lyrischen Einfärbungen noch hintergründiger - ohne das eigentümliche Voranschreiten des Schubertschen Wanderers durch die himmlisch-höllischen Zeiten und Welten auch nur im mindesten zu bremsen. Die Staatskapelle beeindruckte rundum durch ihre technischen und dynamischen Möglichkeiten, ihren modernen Musizierstil.

Eckart Schwinger
Bielefelder Zeitung, 17. Oktober 1992
Oetkerhalle: "Nederlands Philharmonisch Orkest" im Meisterkonzert

Wer regelmäßiger Besucher der Amsterdamer Staatsoper ist, kann den unaufhaltsamen Aufstieg dieses Institutes in eine europäische Spitzenposition verfolgen (...)

Spätestens seit der Kupfer-Inszenierung der Strauss-Oper "Frau ohne Schatten" weiß man, zu welcher herausragenden Leistung das Orchester der Amsterdamer Staatsoper in der Realisierung dieser äußerst schwierigen und gefürchteten Partitur unter Haenchen fähig geworden ist.

(...) keinen trefflicheren Beweis über hervorragende Klangarchitektur konnte sie erbrigen als mit der großen C-Dur Sinfonie Schuberts. Haenchen ist von unerbittlicher Genauigkeit in der Wahrnehmung der Partitursymbole. Seine Konzeption der Tempi ist allemal überzeugend. (...) Die großen, fast auswuchernden Themengruppen, ihre harmonischen Rückungen und Brüche, die Verteilung der Motive in den Überlagerungen und der Kontrapunktik werden in Fluß gehalten, und somit atmet die Aufführung ganz frei und gelöst.
Bielefelder Tageblatt, 17. Oktober 1992
(...) Die 52 Minuten Schubert wurden dem Hörer niemals lang, angefangen von der edlen Hornmelodie über so viel Holzbläser-Seligkeit, Wiener Streicher-Charme bis hin zum betont furios einsetzenden Finale.
Mannheimer Morgen, 16. Oktober 1992
Spitzenklasse aus Amsterdam

(...) Jung bedeutet in diesem Fall keine Einschränkung, hat man es doch mit einem Orchester der Spitzenklasse zu tun, von dem man wegen der hervorragend organischen klanglichen Durchbildung und hochgradigen Präzision in der Tat nur als von einem einzigen Klang-Klangkörper sprechen kann.

Es war ein klassisch-romantisches Programm von Gewicht, das die Niederländer unter der äußerst intesiven und schlagtechnisch genauen Leitung Haenchens in Mannheim spielten. Schon die Wiedergabe von Beethovens "Coriolan"-Ouvertrure ließ erkennen, wie durchsichtig dieser Dirigent Stimmenstrukturen und instrumentale Fraben offenzulegen versteht, wie wichtig ihm jedes Detail auch in den feinst abgestuften Mittel- und Unterstimmen ist.

Noch mehr von dieser brillanten, feinfädigen, gleichsam kammermusikalischen Auflichtung profitierte indes Brahms´Doppelkonzert für Violine und Cello. Hier wurde man schlagartig der Diskrepanz gewahr, die zwischen einer nur routinierten (klanglich zumeist "wattigen") und einer tieflotend transparenten Orchester-Interpretation besteht, in der alle Einzelheiten und Farbreize der Stimmverwebung zu eigenem Leben erwachen, ohne daß die sinfonische Einbettung der Solisten an Fülle und Fluß verliert (...)

Nun aber die "himmlischen Längen" der zum Schluß in schöner Formstraffung gebotenen großen C-Dur-Sinfonie Schuberts: sie schienen- köstlich der noble, Diskretion und Strahlkraft vereinende Bech- und Holzbläserklang- von einer unablässig drängenden dynamischen Triebkraft künden zu wollen. Eher von einem starken inneren Motor denn von einer sich ins Breite und Weite verlierenden Selbstvergessenheit.

Das Publikum machte seiner Begeisterung durch rauschenden Beifall Luft.
Nordrheinische Zeitung, 15. Oktober 1992
Auf der Reise zu Schubert und Brahms

Es war zwar nicht das renommierte Concertgebouw-Orchester, mit dem die neue Saison der Saalbau-Meisterkonzerte anhob. Aber auch das sehr viel jüngere Nederlands Philharmonisch Orkest hat bereits seine Meriten und kündet eindrucksvoll vom Traditionsbewußtsein und der sinfonischen Spielkultur in unserem Nachbarland. Chefdirigent Hartmut Haenchen war ein weiterer Garant für das hohe Niveau, auf dem Brahms und Schubert an diesem Abend zu ihrem Recht kamen (...)

Schuberts große C-Dur-Sinfonie dann nach der Pause: Auch hier suchte Haenchen nicht den äußeren Effekt, die schroffe Schärfe oder die geglättete Eleganz, sondern führte das Orchester zu gerundeter Ausgewogenheit, Präzision und Farbintensität und ließ sich Zeit zur organischen Entwicklung des thematischen Gewebes. Dank seiner dramaturgischen Bindekraft und dem Vertrauen auf die Schönheit und den Reichtum von Schuberts Melodik empfand man die berühmten "himmlischen Längen" als Erlebnis, die allbekannte Neunte als Entdeckungsreise, der der Dirigent den Reiz des Unverbrauchten abgewann.
Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 14. Oktober 1992
Ein Heißsporn, Hartmut Haenchen dirigierte in Essen

Ereignisreich war dieser Abend, weil Hartmut Haenchen als rechter Heißsporn der Langeweile den Kampf angesagt hat. Glutvoll und dramatisch zündend war seine Deutung von Franz Schuberts großer C-Dur-Sinfonie. Haenchen suchte nach rhythmisch federnden Impulsen und fand dabei die Bewegung jenes traurigen Wanderers, der eine Kernfigur in Schuberts Schaffen ist. Der Katastrophe in der vermeintlichen Idylle schenkte er Aufmerksamkeit.

Die fabelhaften Holzbläser modulierte Hartmut Haenchen als eigentümliche Tupfer ungewöhnlich stark heraus. Die Amsterdamer Streicher verliehen der Sinfonie geschmeidigen Glanz und wohltuende Wärme.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. Dezember 1983
(...) debutierte der 40-jährige Dresdner Hartmut Haenchen am Pult der Berliner Philharmoniker. (...) Sein ganzes Können zeigte der Dirigent des Abends zum Schluß an Franz Schuberts großer C-Dur-Symphonie. Das gewaltige Opus, ein Schwanengesang wie Weberns Kantate, dabei ihr Gegenteil in den Maßen, bewies Haenchens umfassende Beherrschung des großen Orchesterapparates ebenso wie seine symphonisch aufbauenden Künste. Wie er motivische Zusammenhänge deutlich machte und damit den Gefahren der "himmlischen Länge" auswich, das bewies eine musikalische Kinderstube, die mit Dresdens besten Überlieferungen, der Arbeit im Kreuzchor und der Lehre an der Hochschule zusammenhängt.
Man möchte ihn, der heute zum führenden Nachwuchs gehört, einmal als Operndirigenten erleben.

Hans-Heinz Stuckenschmidt
Der Tagesspiegel, 09. Dezember 1983
Neues Licht auf Schubert
Berliner Philharmonisches Orchester mit Hartmut Haenchen

Der gebürtige Dresdner, Jahrgang 1943, namhaft bei uns spätestens seit der DDR-Erstaufführung von Aribert Reimanns "Lear" im Januar 1983, dirigierte das Berliner Philharmonische Orchester zum ersten Mal. Mit der großen C-Dur-Symphonie von Schubert versuchte und bewährte er sich an einer der schwersten Aufgaben. Sein Schubert ist weniger abgeklärt, versteht sich, als der des späten Karl Böhm, der noch als Vorbild im Raum steht; "Schärfster Ausdruck" im Sinn Robert Schumanns scheint Hartmut Haenchens Interpretation vorzuschweben, aus der eine gewisse junge Aggressivität spricht. Er hält die Begleitfiguren immer sehr vital unter dem wienerischen Tonfall, versteht es aber vor allem, die Tempi so voneinander abzuleiten und aufeinander abzustimmen, daß das Organische der Musik bewahrt bleibt. Darin übertrifft er manch renommierten Künstler. Wenn er ein Tempo "steht", erlaubt sich die physische Arbeit Hartmut Haenchens eine Sparsamkeit der Bewegungen, die die Böhms womöglich noch übertrifft. Die aus der Neubegegnung mit den Philharmonikern entstandenen minimalen Unstimmigkeiten konnten nicht in Frage stellen, daß dieser Dirigent seiner Interpretation sicher ist.

Sybill Mahlke
Berliner Morgenpost, 09. Dezember 1983
(...) dabei galt das Hauptinteresse des Konzertes einem neuen Mann am Pult der Philharmoniker: Hartmut Haenchen, der sich buchstäblich über Nacht ein gesamtdeutsches Renommee zu machen verstanden hatte, als er in der Ost-Berliner Komischen Oper jüngst Reimanns "Lear" einstudierte. (...) Als Hauptwerk des Abends aber dirigierte er die große C-Dur-Symphonie Franz Schuberts. Sie erstand unter Haenchens ruhiger Hand zu schöner Anschaulichkeit, mit einer Gelassenheit freilich auch, der Biederkeit oft ein bißchen benachbart. Erschütterungen wurden denn auch nicht bewirkt, Geheimnisse nicht ausgebreitet. Doch die musikalisch hieb- und stichfeste, kerngesunde Wiedergabe nahm dennoch sehr für Haenchen ein, den man gern in einem Programm seiner eigenen Wahl am Pult der Philharmoniker wiederbegegnen möchte.

Klaus Geitel