Texte

Editorial für die Zeitungsbeilage der Dresdner Neuesten Nachrichten zu den DMF 2006

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Gäste der Dresdner Musikfestspiele 2006!

Vor mehr als 800 Jahren wurde die Stadt Dresden (übersetzt etwa: „Am Walde“) durch die Christianisierung einer slawischen Siedlung gegründet. Der christliche Glaube veränderte die damalige Gesellschaftsform. Grund genug, um aus Anlass des Stadtjubiläums sich dem Thema „Glauben“ zu widmen, denn auch heute verändern verschiedene Glaubensformen unser Zusammenleben.
Wir versuchen mit dem Programm der Dresdner Musikfestspiele das Thema von verschiedenen Seiten zu beleuchten:
Mit dem Ziel des gegenseitigen Verständnisses, was sich in Dresden aus historischen Gegebenheiten zwischen den verschiedenen Formen des christlichen Glaubens herausgebildet hat und sich bei Dresdner Komponisten in besonderer Weise niedergeschlagen hat. Mit dem Ziel der Toleranz, dass Werke unterschiedlicher Glaubensrichtungen auch in anders verankerten Gotteshäusern erklingen kann:
Gegensätze deutlich zu machen und Gemeinsamkeiten heraus zu arbeiten.
Veränderungen von Glaubeneinstellungen konvertierender Komponisten und
kritische Werke zu Fragen des Glaubens und der den Glauben „verwaltende“ Institutionen. Solcherlei Fragen scheinen heute besonders aktuell zu werden, denn unlängst wurde das im Süden Deutschlands stattfindende interreligiöse Festival „Musica Sacra“ nach 10 Jahren erfolgreicher Arbeit erschüttert, indem die heutige Diözese Augsburg (nach einem ähnlichen Eklat der Evangelischen Kirche in Kempten) festlegte, dass der berühmte Satz aus dem Jahr 1998 des damaligen Bischoffs Dammerz von Augsburg „Mögen die Menschen hierzulande in der Begegnung mit geistlicher Musik unterschiedlicher Religionen und Konfessionen gestärkt werden“ im 21. Jahrhundert nicht mehr gültig ist. Jetzt heißt es: nichtchristliche Musiker können mit „einer Einladung ins Wohn- und Esszimmer“ rechnen, nicht aber mit einer „in mein Schlafzimmer“, denn die Religiosität gehöre „neben der Sexualität zu den privatesten und intimsten Dingen“. Im Gegenzug haben aber erstmalig Moscheen und Synagogen für dieses Festival mit christlicher Musik die Tore geöffnet.
In Dresden können wir uns diesbezüglich größerer Toleranz erfreuen und wir wollen diese gern unseren Gästen und auch den Dresdnern bewusst machen. Ich danke auch an dieser Stelle allen Verantwortlichen, die die Musikfestspiele durch ihre Entscheidung in seiner Grundidee des gegenseitigen Verständnisses unterstützen.
Seien Sie herzlich willkommen zu einem der größten klassischen Musikfestivals. Seien Sie neugierig auf das Ihnen Fremde, entdecken Sie Unbekanntes. Erfreuen Sie sich an Vertrautem.
Auf den folgenden Seiten – und dafür danke ich sowohl der DNN als auch unseren Sponsoren, die diese Sonderveröffentlichung wieder ermöglichen – möchten wir Sie über unser umfangreiches Programm informieren. Ich freue mich darauf, mit Ihnen gemeinsam dieses Programm zu erleben.

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