Aktuelles

12. März 2014

300. Geburtstag von C.Ph.E. Bach

Ereignisse mit dem Kammerorchester C.Ph.E. Bach und Auszeichnung für Hartmut Haenchen

Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 12. März 2014

Musik, die vornehmlich das Herz berührt

Vor 30 Jahren noch war er eine Fußnote der Musikgeschichte. Heute ist Carl Phlipp Emanuel Bach in die Musizierpraxis vieler Ensembles zurückgekehrt - auch durch den Pioniergeist von Leuten wie Hartmut Haenchen. Zum 300.Geburtstag von "CPE" gastierte Haenchen mit einer Rarität in der Philharmonie: In der Reihe "Alte Musik bei Kerzenschein" widmete er sich mit dem Rias Kammerchor, seinem "Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach" und fünf Solisten der Kantate "Die letzten Leiden des Erlösers".
Der junge Bach verehrte seinen Vater, aber er entzog sich seinem übermächtigen Vorbild: Seine Passion entspricht den Ideen der Aufklärung zur Kunst: "Erhabenheit" und "Empfindung" waren die Schlüsselwörter. So genügen dem jungen Bach wenige Töne, um eine Aussage oder eine Stimmung zu charakterisieren.
Von den Musikern sind unbestechliche Präzision im Rhythmischen und in der Artikulation gefordert, dazu Gespür für Lautmalerei und expressive Farben. Die Ensemble stellten sich den Herausforderungen bravourös und mit Stilgefühl. ...
Werner Häußner


Berliner Zeitung, 10. März 2014

Keine Lust mehr auf Leiden

Das Festkonzert zum Geburtstag von Carl Philipp Emanuel Bach vor 300 Jahren ehrte ihn nicht nur als Komponisten sondern auch als Menschen - mit der Passions-Kantate „Die letzten Leiden des Erlösers“ mit Rias-Kammerchor und dem Kammerorchester „Carl Philipp Emanuel Bach“ unter Hartmut Haenchen.

Um den Geburtstag eines Komponisten zu feiern, mag es Passenderes geben als ein Werk zur Leidensgeschichte Jesu. Natürlich hätte man auch am Sonnabend im Konzerthaus wieder einen Abend lang Sinfonien oder Klaviermusik spielen können, um Carl Philipp Emanuel Bach zu ehren, der vor 300 Jahren geboren wurde. Man hätte wieder staunen können über seine Klangsprache zwischen Wildheit und beiläufigem Konversationston und hätte sich wieder all dessen vergewissern können, was über diesen Komponisten gewöhnlich so gesagt wird: Ah ja, das klingt ja sehr empfindsam und rührend, das muss wohl der Sturm und Drang sein.

Ein Mensch des Übergangs

Die Aufführung der Passions-Kantate „Die letzten Leiden des Erlösers“ mit Rias-Kammerchor und dem Kammerorchester „Carl Philipp Emanuel Bach“ unter Hartmut Haenchen lieferte mehr: Der Bach-Sohn wurde an diesem Abend als Musiker und durchaus tragischer Mensch des Überganges unmittelbar erlebbar. Natürlich muss man bei einer „Passions-Kantate“ von Philipp Emanuel an die Passionen und Kantaten seines Vaters Johann Sebastian denken. Weil dem inneren Ohr die Passions-Musik des Vaters präsent ist, wird Philipp Emanuel als Sohn wahrnehmbar, wie das kaum ein anderes Stück möglich gemacht hätte. Und weil „Die letzten Leiden des Erlösers“ sich auch als Kampf hören lassen mit einer Form religiöser Vokalmusik, die der Vater noch ohne Zweifel bedient hat, der der Sohn aber schon nicht mehr recht zu trauen scheint, wird der Hörer Zeuge eines aufregenden Umbruchs. Der Wandel ist nicht nur ein musikalischer, sondern auch der eines Menschenbildes: Wir wollen nicht mehr über das Leiden meditieren, sondern das Schöne preisen!

Weil es in einer Passion naturgemäß ums Leiden gehen muss, hört sich der erste Teil des Werkes wie eine Pflichtübung, hinter der die Zweifel immer präsent bleiben. Das Libretto der Anna Louisa Karsch, die auf szenische Darstellung völlig verzichtet, stattdessen ausführlich beschreibt, zeigt zwar das Bemühen, sich Qualen und Tragik der Passion vor Augen zu führen. Wenn Karsch es heißt: „Sein Leiden steigt; mit jedem Augenblicke strömt neue Qual ihm zu“, klingt das allerdings auch so sensationsfreudig, als würde sie der Stärke und Wirksamkeit der eigenen Empfindungen nicht mehr trauen. Bachs Musik folgt ihr darin. In den beschreibenden Rezitativen zügelt Bach merklich sein Temperament, führt gute Kinderstube vor, in den Arien zeigt er frei sein Gesicht.

Monströses Duett

Das Misstrauen den eigenen Gefühlen gegenüber ist im überquellenden Melodiezierrat aber mit Händen zu greifen. Ein ganzer Reigen von Doppelschlägen und Pralltrillern geht etwa in der Alt-Arie „Du, dem sich Engel neigen“ auf den Hörer hernieder. Nahezu monströs ist das Duett der beiden Soprane, die in Terzläufen, Trillern und Solokadenzen den Vorsatz feiern, in Zukunft ein besseres Leben führen zu wollen. Das hat Bach mit Sprüngen und angestochenen Gipfeltönen außerdem so unangenehm geschrieben, dass sowohl die stimmlich kraftvolle Christiane Oelze, wie die flexible Christina Landshamer an ihre Grenzen geführt werden.

Nach dem der Erlösungsakt auf Golgatha geschieht Erstaunliches: auch Bachs Musik scheint plötzlich aufzuatmen, vom Zwang befreit, sich mit dem Leiden beschäftigen zu müssen. Und wenn dann im groß angelegten Finale dem Überwinder „lobsinget“ wird und plötzlich Schwung und großer Gestaltung-Bogen den Hörer einnehmen, wird auch klar, dass die Zeit der Passionen damit fürs erste vorbei war, dass es von nun an darum gehen würde, das Schöne und Gute zu besingen. Der Rias-Kammerchor singt das mit schlanker Wucht, Bariton Roman Trekel verströmt königlichen Glanz, das Kammerorchester mit Hartmut Haenchen betört durch feinen Klang und beispielhafter Eleganz in der musikalischen Gestaltung.
Clemens Haustein

Tagesspiegel, 9. März 2014

Empfindsames Festkonzert für Carl Philipp Emanuel Bach

Das Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach feiert den 300. Geburtstag seines Namensgebers mit einem Festkonzert im Konzerthaus.
Was für eine lobenswerte, wahre Art, den 300. Geburtstag des Komponisten Carl Philipp Emanuel Bach zu feiern! Das Kammerorchester, das seinen Namen trägt, spielt im voll besetzten Konzerthaus eine Rarität. Sie beleuchtet, wie der zweite Bach-Sohn das Erbe des Vaters Johann Sebastian in eine neue Zeit führt. Sein Oratorium „Die letzten Leiden des Erlösers“ steht in der Tradition der Passionsmusiken, bricht aber mit dem Brauch, das Bibelwort nach Matthäus oder Johannes zu vertonen. Diese singende Poesie beruht auf einem Libretto, welches das Leiden und Sterben Christi der lyrischen Betrachtung anheimgibt: „Du Göttlicher! Warum bist du/ So in des Todes Schmerz versunken?“, fragt der Solosopran nach einer stillen Sinfonia.

Das Werk beginnt ungewöhnlich zart, um Gefühlskontraste zu entfalten, zu weinen, zu donnern.

Bemerkenswert, dass die Passionskantate des „Hamburger Bach“ auf einem Textbuch von Anna Louisa Karsch basiert. Diese Gastwirtstochter, die quasi zwangsverheiratet durch zwei Ehen mit gewalttätigen Männern gegangen ist, hat neben allerlei Schäferpoesie Gedichte von verblüffender Aufrichtigkeit über ihr schweres Leben und andere Wahrheiten geschrieben, sich emanzipiert, mit Goethe korrespondiert und literarische Salons erobert. Wie Philipp Emanuel seit seiner Zeit als „Berliner Bach“ ist sie befreundet mit dem Dichter Johann Wilhelm Ludwig Gleim, der die Veröffentlichung ihrer Gedichte veranlasst. Vielleicht hat er nicht zu hoch gegriffen, als er sie zur deutschen Sappho erklärte.

So wirft das Werk auch ein Spotlight auf die Geistesgeschichte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und den Weg des Bach-Sohnes, wie er über den Kammercembalisten Friedrichs II. hinauswächst. Reiche Holzbläser-Instrumentierung, Orgel, Pauke: In den Accompagnato-Rezitativen und Arien auf Texte, die ans Herz rühren, engagieren sich mustergültig fünf Solisten: Christiane Oelze, Christina Landshamer, Anke Vondung, Maximilian Schmitt und Roman Trekel. Der Rias-Kammerchor versieht seine relativ wenigen Aufgaben (keine Turbae des Volkes!) mit Glanz. Über allem steht Hartmut Haenchen, Meister der empfindsamen Musik, der sein Orchester aufgeben wird. Ein sehr würdiges, aber auch wehmütiges „Festkonzert“.
Sybill Mahlke

Internetrezension von Antoni Garcia hier , 8. März 2014

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. März 2014

.... Letzte Verneigung des Kammerorchesters aus Berlin
Auch die fünf sogenannten Berliner Symphonien, die demnächst, Mitte März, vom Label Brilliant in einer maßstäblichen Aufnahme des Ostberliner Labels Eterna neu aufgelegt werden, sind von diesem Feuer des Sturm und Drang beseelt. Eine Lesart aus den Mittachtzigern mit Hartmut Haenchen und dem „Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach“, die einst Interpretationsgeschichte geschrieben hatte.

Haenchens Ensemble spielt nicht auf „historischen“ Instrumenten, aber es fing früh, vor allen anderen, damit an, die Aufführungspraxis der frühklassischen Musik zu analysieren und stilsicher zu adaptieren. Trotz der schwierigen Überlebensbedingungen und trotz des komplizierten Namens hat dieses kleine Kammerorchester eine beachtliche internationale Karriere, im Westen wie im Osten, gemacht.

Viele Preise, rund fünfzig Platteneinspielungen zeugen von einer Ära, die nun vorüber ist: Auf das Geburtstagskonzert für den Namenspatron, mit dem Oratorium „Die letzten Leiden des Erlösers“ Wq 233 folgt das Abschiedskonzert, mit den drei letzten Mozart-Symphonien. Dann löst sich das „Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach“ auf, nach über vierzig Jahren, mangels Finanzierung.

Die Neue Osnabrücker Zeitung schreibt am 7. März in einem Artikel zum Geburtstag des Bach-Söhne: "Auf größere Resonanz stoßen immerhin Bemühungen einzelner Künstler, so das hartnäckige Ringen des Dirigenten Hartmut Haenchen um die Reputation des Komponisten"

Das mdr Fernsehen sendet am 6. März Aufnahmen mit Werken von C.Ph.E. Bach um 23.35 Uhr. Auf dem Programm stehen die Sinfonie e-Moll und das Flötenkonzert A-Dur mit Eckart Haupt als Solist.

Prof. Dr. phil. h.c. Hartmut Haenchen wurde am 22. Februar im Rahmen eines Festkonzertes in der Konzerthalle C.Ph.E. Bach in Frankfurt (Oder), dem Studienort des Komponisten an der berühmten Viadrina „In Würdigung der herausragenden künstlerischen Bemühungen zur musikpraktischen Erschließung und der nahezu kompletten Aufführung des Instrumentalwerkes C.P.E: Bachs mit dem Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach Berlin sowie der langjährigen Mitgestaltung der Frankfurter Bachpflege“ durch Oberbürgermeister Dr. Martin Wilke mit der Bronze-Büste „C.Ph.E. Bach“ von ausgezeichnet.

Das Kammerorchester C.Ph.E. Bach spielte Werke von C.Ph.E. Bach und W.A. Mozart. Das Konzert wurde vom rbb aufgezeichnet und zum Geburtstag am 8. März um 20.00 Uhr ausgestrahlt. (siehe für Einzelheiten auch die Rubrik „Konzerte“ auf dieser Website)

Das Kammerorchester C.Ph.E. Bach gestaltet gemeinsam mit dem RIAS-Kammerchor das Festkonzert im Konzerthaus Berlin am 8. März um 20.00 Uhr mit dem Oratorium „Die letzten Leiden des Erlösers“ von C.Ph.E. Bach (siehe für Einzelheiten auch die Rubrik „Konzerte“ auf dieser Website). Das Konzert wird zeitversetzt von DeutschlandRadio ab 21.00 Uhr übertragen. Als CD wird dieser Mitschnitt am 11. April durch Berlin Classics auf den Markt kommen.
Das Konzert wird am 9. März in der Philharmonie Essen wiederholt.

MDR - Figaro sendet am 6. März 18.05-19.00 Uhr ein Special zum 300. Geburtstag mit einem Kurzinterview mit Hartmut Haenchen im Gespräch mit Martin Hofmeister. Und unter dem Titel "Aufhören, wenn es am Schönsten ist" hat André Sittner eine Sendung mit Interview zusammengestellt. hier

Der SWR sendete zu Ehren von C.Ph.E. Bach Aufnahmen mit dem Kammerorchester C.Ph.E. Bach hier

Der spanische Rundfunk widmet dem Jubilarn eine Sendung hier

Deutschlandweite Aktivitäten zum Jubiläumsjahr sind auf dieser Website hier zu finden.

Märkische Oderzeitung, 24. Februar 2013

Hingabe und Noblesse

Mit seinem Komponieren wolle er "die Zornigen besänftigen, die Betrübten aufrichten, tötende Traurigkeit verjagen", hatte sich Carl Philipp Emanuel Bach zum Motto erkoren. Sein Ziel: die Leidenschaften gleichermaßen zu erregen als auch zu besänftigen. Was natürlich nicht ohne die Niederschrift musikalischer Kontraste zu bewerkstelligen war. Empfindsamkeit hieß die Devise. Die bewusste Täuschung von Hörerwartungen aber auch. Diese unerwarteten, "offenen" Abschlüsse vieler Sinfoniesätze künden davon. Übrigens ist das umfangreiche Œuvre Carl Philipp Emanuel Bachs im Werkverzeichnis von Alfred Wotquenne (Wq) erfasst.
Aus ihm haben die Veranstalter des XIV. Laborkonzerts, das Institut für Medizinische Diagnostik Oderland und die überaus rührige Frankfurter Musikgesellschaft "Carl Philipp Emanuel Bach", eine Auswahl für ein reizvolles Programm getroffen, das am Sonnabend größtenteils Werke des zweitältesten Bachsohnes vorstellte. Vorgetragen wurden sie vom Kammerorchester und in der Konzerthalle, die beide seinen Namen tragen.
Dass der Abend zu einem die Herzen bewegenden Erlebnis wurde, ist neben den ausgezeichneten Musikern vor allem dem Dirigenten Hartmut Haenchen zu danken, der seit 32 Jahren das Ensemble leitet. Längst hat er sich als ein Fachmann für die Spiel- und Denkweise von Carl Philipp Emanuel Bach erwiesen.
Drängend in den abrupten Stimmungswechseln lässt er die Streichersinfonie C-Dur (Wq 182) spielen. Lyrischen Ruhepunkten folgen schmerzvolle Passagen, die auf entsprechende Eingebungen von Mozart verweisen. Weich und warm ist der Ensembleklang, wenn nötig auch schroff. Die Musiker wissen hörbar um die Erfordernisse historischer Spielweisen, auch wenn sie moderne Instrumente verwenden und auch vorm Gebrauch eines wohldosierten Vibrato nicht zurückschrecken. Wie sonst sollte man Gefühle zum Klingen bringen? Und so stürmt und federt es auch in der "Berliner" Bläsersinfonie F-Dur (Wq 181), die sich zwischen festlichem Entree, elegischem Andante und selbstbewusstem Allegro assai ausdrucksstark ausbreitet. Selbst bei forschen Tempi wirkt nichts überhetzt oder überakzentuiert, stattdessen gewinnen die Musiker ihre spielerische Kompetenz ganz aus dem Puls der Musik.
So halten sie es auch bei der klanggeschmeidigen Begleitung von zwei Preisträgern des Leipziger Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerbs von 2012. Eingebettet in Streicherwohlklang vollzieht sich beim Violoncellokonzert A-Dur (Wq 172) ein herrlich gelöster Wettstreit zwischen den Musikern und der Solistin Ditta Rohmann. Sie verfügt zwar über keinen großen Ton, dafür überwältigt sie mit filigraner Noblesse und sicher bewältigter Sechzehntelfröhlichkeit. Sie spart nicht mit leidenschaftlicher Hingabe und himmlischer Leichtigkeit.
Peter Buske

www.concerti.de, 24. Februar 2014

aus einem größeren Artikel von Christiane Schwerdtfeger:

... 200 Jahre später hatten sich die Maßstäbe komplett verschoben: Nun war Johann Sebastian der Bach schlechthin, die Musik der Söhne so gut wie vergessen. Der Dirigent Hartmut Haenchen, der seinem Kammerorchester 1982 den Namen Carl Philipp Emanuel Bach gab, erinnert sich: „Als ich das Ensemble mit diesem Namen versah, war Carl Philipp nicht nur in der DDR, sondern in ganz Europa am Rande der Wahrnehmung. Nicht nur im Konzertleben, sondern auch bei den Medien.“ So legte das Kammerorchester erstmals eine Einspielung aller Sinfonien des Bach-Sohnes vor, führte diese und weitere Werke live auf und sorgte bei vielen Hörern für Begeisterung. Haenchen: „Als die ersten Platten herauskamen, erhielt ich Briefe von jungen Leuten; da schrieb mir ein 13-Jähriger: ‚Diese Musik ist hot‘. Für mich eine der schönsten Bemerkungen, die ich jemals bekommen habe! Vielleicht ist die Musik gerade durch die kontrastreiche und abrupte Art dem heutigen Lebensgefühl ganz nah.“


INTERVIEW

www. concerti.de

Herrlich verrückte Musik

Hartmut Haenchen widmet sich dem Jubilar C. Ph. E. Bach – ganz privat, aber vor allem mit seinem nach dem Komponisten benannten Kammerorchester

Wie haben Sie den Beginn Ihrer Beschäftigung mit Carl Philipp Emanuel Bach in Erinnerung?

Als herrlich verrückte Musik.

Welche Anforderungen stellt der Bach-Sohn an die Musiker?

Alles, was große Kunst ist, ist nicht einfach zu spielen. Aber Carl Philipp ist natürlich eine Besonderheit. Seine Denkweise kommt vom Klavier, und das bringt für die Streicher und manchmal auch für die Bläser teilweise hohe Schwierigkeiten. Die üblichen Probezeiten reichen für dieses Repertoire bei weitem nicht aus.

Was ist für Sie das Besondere bei Carl Philipp Emanuel Bach?

Als man im 18. Jahrhundert über einen Bach schrieb oder sprach, hat man wohl immer zuerst an ihn gedacht. Er hatte hohe Positionen und einen wichtigen Anteil am Aufbau einer bürgerlichen Musikkultur, abseits der Höfe und Kirchen. Er war unglaublich modern – und er war ein Geschäftsmann, der wusste, dass Stücke verlegt werden müssen. Nicht zuletzt hat er durch sein Buch Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen die Musik und die Musikanschauung in seinem Wirkungskreis enorm beeinflusst.

Wie bekannt ist Carl Philipps Musik aus Ihrer Sicht heute?

Als ich Anfang der 1980er-Jahre meinem Kammerorchester den Namen „Carl Philipp Emanuel Bach“ gab, war der Komponist in ganz Europa ganz am Rand der Wahrnehmung. In den letzten 40 Jahren ist erstaunlich viel hinzugekommen, und die Rolle, die Carl Philipp heute spielt, ist eine völlig andere – wenn auch noch nicht die, die ihm zukommt. Im Musikleben scheint er angekommen, allerdings nicht im Konzertleben. Es ist eben kein Standardrepertoire, weil die Musik technisch so schwierig ist, dass eine Live-Darbietung eben ein Risiko darstellt. Selbst für die Spezialensembles, die sich jeden Tag mit dieser Musik beschäftigen.

Worauf freuen Sie sich im Jubiläumsjahr 2014 musikalisch am meisten?

Ganz klar auf das Festkonzert am 8. März im Berliner Konzerthaus. Dass es zeitversetzt im Radio (ab 21:05 Uhr bei Deutschlandradio Kultur, Anm.d.R.) übertragen wird, ist auch eine wichtige Anerkennung, denn Carl Philipp Emanuel Bach ist ohne Zweifel der wichtigste Komponist, der in Berlin gewirkt hat.
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