Aktuelles

20. April 2006

Hartmut Haenchen veröffentlicht zwei Editorials zu den Dresdner Musikfestspielen

In zwei Zeitungsbeiträgen beschäftigt sich Hartmut Haenchen mit der Aktualiät des diesjährigen Themas der Dresdner Musikfestspiele: "Glauben". Der Vorverkauf läuft unverändert hervorragend und erreicht bis jetzt Rekordmarken.

Editorial für die Zeitungsbeilage der Dresdner Neuesten Nachrichten zu den DMF 2006

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Gäste der Dresdner Musikfestspiele 2006!

Vor mehr als 800 Jahren wurde die Stadt Dresden (übersetzt etwa: „Sumpfwaldbewohner“) durch die Christianisierung einer slawischen Siedlung gegründet. Der christliche Glaube veränderte die damalige Gesellschaftsform. Grund genug, um sich aus Anlass des Stadtjubiläums dem Thema „Glauben“ zu widmen, denn auch heute verändern verschiedene Glaubensformen unser Zusammenleben.
Wir versuchen mit dem Programm der Dresdner Musikfestspiele das Thema von verschiedenen Seiten zu beleuchten:
Mit dem Ziel des gegenseitigen Verständnisses, was sich in Dresden aus historischen Gegebenheiten zwischen den verschiedenen Formen des christlichen Glaubens herausgebildet hat und sich bei Dresdner Komponisten in besonderer Weise niedergeschlagen hat. Mit dem Ziel der Toleranz, dass Werke unterschiedlicher Glaubensrichtungen auch in anders verankerten Gotteshäusern erklingen können:
Gegensätze deutlich zu machen und Gemeinsamkeiten heraus zu arbeiten.
Veränderungen von Glaubeneinstellungen konvertierender Komponisten und
kritische Werke zu Fragen des Glaubens und der den Glauben „verwaltende“ Institutionen. Solcherlei Fragen scheinen heute besonders aktuell zu werden, denn unlängst wurde das im Süden Deutschlands stattfindende interreligiöse Festival „Musica Sacra“ nach 10 Jahren erfolgreicher Arbeit erschüttert, indem die heutige Diözese Augsburg (nach einem ähnlichen Eklat der Evangelischen Kirche in Kempten) festlegte, dass der berühmte Satz aus dem Jahr 1998 des damaligen Bischoffs Dammerz von Augsburg „Mögen die Menschen hierzulande in der Begegnung mit geistlicher Musik unterschiedlicher Religionen und Konfessionen gestärkt werden“ im 21. Jahrhundert nicht mehr gültig ist. Jetzt heißt es: nichtchristliche Musiker können mit „einer Einladung ins Wohn- und Esszimmer“ rechnen, nicht aber mit einer „in mein Schlafzimmer“, denn die Religiosität gehöre „neben der Sexualität zu den privatesten und intimsten Dingen“. Im Gegenzug haben aber erstmalig Moscheen und Synagogen für dieses Festival mit christlicher Musik die Tore geöffnet.
In Dresden können wir uns diesbezüglich größerer Toleranz erfreuen und wir wollen diese gern unseren Gästen und auch den Dresdnern bewusst machen. Ich danke auch an dieser Stelle allen Verantwortlichen, die die Musikfestspiele durch ihre Entscheidung in seiner Grundidee des gegenseitigen Verständnisses unterstützen.
Seien Sie herzlich willkommen zu einem der größten klassischen Musikfestivals. Seien Sie neugierig auf das Ihnen Fremde, entdecken Sie Unbekanntes. Erfreuen Sie sich an Vertrautem.
Auf den folgenden Seiten – und dafür danke ich sowohl der DNN als auch unseren Sponsoren, die diese Sonderveröffentlichung wieder ermöglichen – möchten wir Sie über unser umfangreiches Programm informieren. Ich freue mich darauf, mit Ihnen gemeinsam dieses Programm - für dessen Umsetzung zugleich auch unseren freiwilligen Helfern und den Mitgliedern der Gesellschaft „Freunde der Dresdner Musikfestspiele“ e.V. zu danken ist - zu erleben.


Editorial zur Zeitungsbeilage der Sächsischen Zeitung zu den Dresdner Musikfestspielen

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Gäste der Dresdner Musikfestspiele 2006!

Die Frauenkirche zu Dresden ist als Zeichen der Versöhnung wiedererstanden.
Im ökumenischen Festgottesdienst zur Eröffnung der Feierlichkeiten zum 800-jährigen Bestehen der Stadt sprach Bischof Reinelt auch vom früheren „Zank“ zwischen den christlichen Religionen und vom besonderen Dresdner Weg des gewachsenen Miteinanders unterschiedlicher Glaubensrichtungen. Dieser Gottesdienst, in dem der Oberbürgermeister Ingolf Roßberg die Lesung aus der Bibel sprach, bestätigte mich darin, dass die Wahl des Themas „Glauben“ zunächst für das Festjahr Dresdens schon eine richtige Wahl ist. Schließlich ist Dresden auf Grund der Christianisierung einer viel älteren slawischen Siedlung entstanden und der damalige geistliche Herr über Dresden, Bischof Benno, sprach sorbisch, um sich hier überhaupt verständlich machen zu können. Ohne dieses „Aufeinanderzugehen“ geht es also nicht. Wenn man über Dresden hinausschaut, so ist das Thema „Glauben“ hoch aktuell und weitgreifend in einer Welt, die im Zuge der Globalisierung immer kleiner wird. Schulen wollen sich selbst auflösen, weil muslimische Kultur und christliche Tradition aufeinander prallen, Kriege wurden und werden in der Welt noch immer für Glaubensrichtungen geführt, obwohl keine Glaubensrichtung im Grunde seiner Lehre das Töten zugesteht. Die religiöse Musik hat, in welchem Glauben auch immer, versucht, Frieden zu stiften, Toleranz zu fördern, Verständnis zu erwecken und wenn nötig auch kritisch zu hinterfragen.
Die diesjährigen Musikfestspiele sind gekennzeichnet durch neue Impulse in den genannten Richtungen und wollen Gemeinsamkeiten als Möglichkeit eines friedlichen Miteinanders aufdecken. Und wenn Volker Braun in seiner Festrede zum Stadtjubiläum uns deutlich vor Augen führt, dass im Jahr 2003 US-amerikanische Bomber mit dem Ziel Bagdad über Dresden flogen, dann müssen wir auch daran denken, dass noch heute Christen die Stätten andersgläubiger Menschen bombardieren. Derartige Tatsachen sollten auch zum Überdenken vieler Denk- und Handlungsschemen führen. Musik kann dazu viel beitragen und das wollen die diesjährigen Musikfestspiele.

Ich lade Sie ein, den künstlerischen Strömungen zu lauschen, die ihre Impulse zu unterschiedlichsten Zeiten in den einzelnen Glaubensbekenntnissen fanden. Wir wollen Ihnen im Zeichen von „Verständnis, Toleranz und Kritik“ spannende Erlebnisse bieten, die unter dem Thema „Glauben“ eines gemeinsam haben: Es ist stets Ausdruck für etwas und sollte nie im Gegeneinander missbraucht werden.
Auf den folgenden Seiten – und dafür danke ich sowohl unserem Medienpartner als auch den Sponsoren, die diese Sonderveröffentlichung wieder ermöglichen – sollen Sie über die vielfältigen Angebote der diesjährigen Dresdner Musikfestspiele informiert werden. Ich freue mich darauf, mit Ihnen gemeinsam dieses Programm zu erleben.

Ihr Prof. Hartmut Haenchen
Intendant der Dresdner Musikfestspiele
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