Dirigent Haenchen:
Ich habe mich dem Jet-Set-Trend bewusst entzogen
Dresden (dpa) - Dirigent Hartmut Haenchen bekennt sich zu alten Tugenden seiner Zunft. «Ich habe ganz bewusst wesentliche Grundsätze der älteren
Dirigenten-Generation für mich bewahrt, die heute schon den Charakter einer
ausgestorbenen Spezies haben: An einem Platz zu arbeiten, zu formen, aufzubauen und Klangkörper mit eigenem Charakter zu gestalten», sagte Haenchen im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Als Beleg führt er seine langjährigen Ämter als Chef der Niederländischen Oper und der Niederländischen Philharmonie an. Seit 1980 bereits leitet er das Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach.
«Das hat zur Folge, dass ich all die Jahre neben dieser Arbeit wenig gastiert
habe und mich deswegen dem üblichen Jet-Set-Trend von drei bis vier Chefstellen
und zahllosen Gastdirigaten ohne wirkliche Verantwortung entzogen haben», betonte der Maestro. Dabei empfindet er einen weitreichenden Terminkalender als
hilfreich: «Ich weiß, was ich beispielsweise am 2. Februar 2014 tun werde oder
zumindest geplant habe. Manchmal mache ich mir Sorgen, ob die Gesundheit dies
zulassen wird. Aber gerade die Langfristigkeit gestattet Projekte in einer Weise
vorzubereiten, die oft jahrelanges Studium und Forschung voraussetzen.» Haenchen feiert am 21. März seinen 65. Geburtstag.
Das Pensionsalter sieht er humorvoll nur als Etappe. Da Dirigieren ein
Erfahrungsberuf sei, befinde er sich noch in einer «frühen Phase». «Ein Eintritt
ins Rentnerleben ist also noch nicht vorgesehen.» Obwohl er ein breites
Repertoire vom frühen Barock bis in die Gegenwart dirigiert, will Haenchen noch
manche «weißen Flecken» farbig gestalten. Wagners «Lohengrin» und «Holländer»
sowie Webers «Freischütz» sind in Brüssel und Amsterdam geplant. Auch Bachs
«Matthäuspassion» und «Moses und Aaron» von Schönberg stehen auf der Wunschliste:
«Mit meinen musikalischen Partnern gingen viele Wünsche in Erfüllung, und einige
Begegnungen würde ich gern oft wiederholen.»
Autor: Jörg Schurig, dpa