Interview mit Hartmut Haenchen über das musikalische Talent des Königs
‚Nach den einfachen Regeln der Kunst‘
Herr Haenchen, Friedrich ist als Monarch, Reformer und Feldherr eine welthistorische Figur. Welchen Stellenwert hat er als Komponist?
Man könnte dankbar sein, wenn es heute mehr Regierende gäbe, die sich in Kunst und Kultur so auskennen würden wie er es tat. Insofern bin ich ein großer Bewunderer Friedrichs. Man darf ihn aber nicht zu euphorisch sehen. Er hatte einen traditionellen Musikgeschmack, wobei er sich dem Neuen der damaligen Zeit verschloss. Darin zeigte sich sicher auch das Eingeschränkte seiner Möglichkeiten.
Wie weit war sein Komponistenhandwerk ausgebildet, konnte er instrumentieren und arrangieren oder brauchte er dafür Hilfe?
Friedrich war im Stande, eigenständig zu komponieren nach den einfachen Regeln der Kunst. Komplizierte Techniken, wie etwa den Kontrapunkt, beherrschte er nicht. Seine Werke waren gehobene Unterhaltungsmusik, so würde man heute sagen.
Was hätte musikalisch aus Friedrich werden können, wäre er nicht zum König bestimmt gewesen?
Es wäre ein guter Komponist aus ihm geworden. Kein Haydn, kein Mozart und kein Carl Philipp Emanuel Bach natürlich, aber ein kleiner Meister, den wir heute durchaus noch wahrnehmen würden. Als Solist war er, meine ich, bedeutender. Die Flötenkonzerte, die er für sich selbst geschrieben hat, und besonders die komplexen, anspruchsvollen Werke seines Flötenlehrers Johann Joachim Quantz, die er gespielt und aufgeführt hat, lassen diesen Schluss zu. Als Komponist war Friedrich von durchschnittlichem Talent, als Solist recht nah am Virtuosen. Das dürfte eine realistische Einschätzung sein. gg