Intendant Prof. Hartmut Haenchen zog heute auf der Abschlusspressekonferenz der Dresdner Musikfestspiele eine positive Bilanz der Festspiele 2005. Das Thema „Lust am Fremden“ wurde mit großem Interesse aufgenommen und die politische Brisanz der durchweg hochwertigen künstlerischen Beiträge erkannt. Das Medien-Echo über die künstlerischen Leistungen ist außergewöhnlich positiv. Zwölf verschiedene Aufführungen wurden von nationalen und internationalen Rundfunk- und Fernsehanstalten übertragen bzw. aufgezeichnet. Dies zeigt auch die wachsende Bedeutung und Ausstrahlung des Festivals. Insgesamt gab es einen Zuwachs von 10 Prozent im Kartenverkauf gegenüber 2004. Ein Erfolg, der sich deutlich von der allgemeinen rückläufigen Entwicklung abhebt. Deutlich ist aber, dass die Besucher dafür weniger Geld pro Karte ausgeben. Im Rahmen der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen in Deutschland ist diese Tendenz nicht verwunderlich. In der Eröffnungspressekonferenz hatte Prof. Haenchen bereits auf diesen Zusammenhang hingewiesen. Deswegen wird auch schon länger an Sonderregelungen der Kartenpreise für sozial benachteiligte Bürger für 2006 gearbeitet.
Für die insgesamt 70 eintrittspflichtigen Konzerte wurden im Jahre 2005 über 33.000 Karten verkauft. Diese verteilen sich auf 58 (nicht 100, wie in der Zeitung stand) Veranstaltungen der DMF und 12 Konzerte und Vorstellungen anderer Partner, die spezielle Veranstaltungen zum Thema und den Reihen der Musikfestspielen angeboten haben. In den 52 eintrittsfreien Veranstaltungen wurden ca. 100.000 Hörer und Zuschauer gezählt. Dies ist angesichts der weitgehend schlechten Wetterlage für die open air -Veranstaltungen besonders erstaunlich. Die kostenfreien Veranstaltungen ermöglichen insbesondere den Einkommenschwächeren die Teilnahme am kulturellen Leben und schaffen auch die Möglichkeiten für eine Präsentation und Förderung des Amateur-Musikschaffens. Mit einer Gesamt-Besucheranzahl von 130.000 Besuchern in 131 Veranstaltungen, davon 40 % von außerhalb Dresdens, behaupten die Dresdner Musikfestspiele trotz der weiter zurückgehenden finanziellen Zuwendungen ihre Rolle als besucherstärkstes Klassik-Festival Deutschlands.
In seiner Präsentation der Dresdner Musikfestspiele 2006 unter dem Thema „Glauben“ nannte er wichtige Vorhaben aus den insgesamt 109 Veranstaltungen. Diese setzen sich wie folgt zusammen:
44 eintrittspflichtige Veranstaltungen der DMF, 19 eintrittspflichtige Veranstaltungen anderer Partner aus Anlass der DMF, 24 eintrittsfreie Veranstaltungen der DMF, 4 eintrittsfreie Veranstaltungen anderer Partner aus Anlass der DMF und 18 liturgische Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Thema der Dresdner Musikfestspiele. Voranmeldungen von auswärtigen Besuchern übersteigen zur Zeit deutlich die Zahlen der Vorjahre. Dies ist vor allem der Initiative des Leiters der Marketing-Abteilung Michael Ernst zu verdanken, der unter dem Label „Musikstadt Dresden“ auf der ITB in Berlin die Musikinstitute der Stadt erstmalig zusammenfasste.
Hartmut Haenchen bemerkte, dass – entsprechend der minimal dreijährigen Vorlaufzeit – die Erfahrungen des Jahrganges 2003 hier erst wirklich zu entsprechenden Veränderungen im Konzept geführt haben. Die Anzahl der Veranstaltungen ist nun gegenüber 2003 mehr als halbiert. Entsprechend geringere Besucherzahlen und Einnahmen sind zu erwarten.
Das VORWORT der jetzt vorliegenden Broschüre für 2006 erläutert die wesentlichen Grundzüge des Programms:
Im Jahre 2003 wurden die Dresdner Musikfestspiele dank des enormen Zuspruchs zum größten deutschen klassischen Musikfestival. Unser Publikum konnte sich für unser musikalisches Netzwerk – voll von Entdeckungen – begeistern. Auf diesen Erfahrungen konnten wir die nächsten erfolgreichen Jahrgänge aufbauen und wir wollen diese Linien auch bei den Festspielen 2006 fortsetzen.
Das Festivalprogramm beruht auf zwei festen Säulen. Ich nenne sie THEMA & REIHEN.
Für 2006 haben wir für Sie das THEMA »Glauben« gewählt. Die Anregung zu diesem Thema kam durch das 800-jährige Stadtjubiläum Dresdens. Schließlich ist die Stadt durch die Christianisierung einer slawischen Siedlung entstanden. Verschiedene Formen des christlichen Glaubens haben die Stadt geprägt und auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen geführt. Eine Tatsache, mit der wir heute in anderer Form und mit anderen Glaubensrichtungen konfrontiert werden. Das Thema wird mit musikalischen Mitteln Glaubensfragen beleuchten und sich mit der Forderung für gegenseitiges Verständnis und Toleranz für ein besseres Miteinander einsetzen. Auch an Kritik wird es nicht fehlen. Durch die Wiedereinweihung der Frauenkirche gewinnt die Stadt ein ganz zentrales Gotteshaus zurück. Sie wird nun erstmalig in die Dresdner Musikfestspiele einbezogen.
Alljährlich bilden acht REIHEN, soviel wie Töne in einer Tonleiter, das Grundgerüst des Programms und bieten damit jedem Besucher einen hohen Grad an Wiedererkennung.
Um Ihnen das Gesicht der Musikfestspiele bereits vor dem regulären Termin exemplarisch vorzustellen, wird es wieder ein Sonderkonzert geben, in dem das THEMA und eine Reihe im Mittelpunkt stehen. Am 30. September 2005 wird als die große Repräsentantin des italienischen Rock Gianna Nannini ihre einmalige Kunst hören lassen. Dieses Konzert weist schon deutlich auf die diesjährige Gaststadt der Reihe Dresden & Europa - Rom hin.
In dieser Reihe will ich eine Brücke aus der Stadt hinaus bauen und jeweils Ensembles und Künstler einer europäischen Hauptstadt einladen, über diese Brücke nach Dresden zu kommen. Im Jahr 2006 werden der berühmte Chor und das Orchester von Santa Cecilia und zahlreiche renommierte römische Künstler vom Organisten bis zur Jazzformation in Dresden zu Gast sein. Wir entdecken unter dem Thema »Glauben« Verbindungen von Dresdner Komponisten nach Rom sowie die von ihnen dort gewonnenen Einflüsse, die ihrerseits wieder italienische Komponisten inspirierten. Auch diesmal wird die ganze Festspielzeit über eine für den europäischen Gast markante musikalische Gestaltungsform die Straßen und Plätze Dresdens beleben. 2006 wird es natürlich ein römischer Sänger mit seinen unverwechselbaren Melodien sein.
In der Reihe Dresden – Musik & Geschichte werden neben bekannteren Werken von Dresdner Komponisten oder mit Künstlern, die in anderer Weise zur Stadt in Beziehung stehen, einige Wiederentdeckungen und Erstaufführungen zu erleben sein.
Dabei wird die Wiedererstaufführung des szenischen Oratoriums von Franz Seydelmann »La Morte d’Abele« (»Der Tod Abels«) aus Anlass seines 200. Geburtstages im Zentrum der Betrachtung stehen. Ein weiteres Werk – »Il Serpente del Bronzo« (»Die eherne Schlange«) – des Kontrabassisten der Sächsischen Hofkapelle und ungewöhnlichen Kirchencompositeurs in Dresden, Jan Dismas Zelenka, wird aus den Manuskripten der Sächsischen Landesbibliothek - Staats-und Universitätsbibliothek Dresden nach fast 300 Jahren zur Wiedererstaufführung gebracht.
Aber auch hier führt die Linie zu unserer Zeit und unmittelbar zur
Reihe Musik des 20. & 21. Jahrhunderts – und so schließt sich für mich der Kreis zur Auswahl von Thema und Reihen und zur Dresdner Musikgeschichte. Hans Schanderl schrieb auf Anregung der Musikfestspiele die »Brecht-Passion«, die nun zur Uraufführung kommt: Ohne das Bekenntnis zur Tradition der Moderne und ohne die Lust, Neues zu wagen, wäre für mich ein Festspielgedanke unvorstellbar und so ist der Anteil von Werken aus dem 20. und 21. Jahrhundert in sehr hoher Anzahl in den Kontext seiner Herkunft eingebettet.
Zu den Mitwirkenden zählt seit Gründung der Musikfestspiele der Dresdner Kreuzchor. Sein Kantor Roderich Kreile ist einer von jeweils zwei Ensembles oder Künstlern, denen ich in jedem Jahr eine Carte blanche zur anregenden Mitgestaltung des Programms gebe. Zum Thema ist dies eine Wahl, die weiter keiner Erläuterung bedarf. Roderich Kreile wird aber eben über seine Funktion hinaus in zwei ganz anders gearteten Konzerten als Organist und als Kammermusikpartner zu hören sein. Frank Peter Zimmermann, ein in Dresden und der ganzen Welt hoch geschätzter Künstler des klangvollen und sensiblen Violinspiels, der 2006 Werke zum Thema und zu den Reihen spielen wird, zeigt seine Vielseitigkeit mit unterschiedlichsten Programmen und widmet sich speziell dem nachwachsenden Hörerkreis in einem Kinderkonzert. Ein Vorkonzert mit der Staatskapelle wird bereits auf das Mozart-Jubiläum hinweisen.
Die in Dresden durch die »Ouvertüre« und das Abschlusskonzert bereits bekannte Reihe Dresden singt & musiziert kann ich mir ohne Ihre rege Mitwirkung gar nicht vorstellen! Denn gerade diese Reihe habe ich mit neuer Vielfalt bereichert. Das Eröffnungskonzert mit Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 2, der »Auferstehungssinfonie«, ist eine Möglichkeit zum Mitsingen für Jedermann. Der von mir ins Leben gerufene Kultur & Markt wird wieder eine Begegnungsstätte für alle werden, die selbst gern künstlerisch tätig sind und sich rege für die Initiativen anderer begeistern und interessieren. Die Themen-Wiese, dieses Jahr die Glaubens-Wiese rund um die Brühlsche Terrasse mit ihren Gotteshäusern, der Stein gewordenen Sinnbilder von »Glauben«, bietet Veranstaltungen zu allen musikalischen Aspekten des Themas. In dem zweitägigen Programm werden nicht allein viele Glaubensrichtungen musikalisch erlebbar sein, sondern auch die Einflüsse untereinander. Es werden die unterschiedlichsten Aspekte des Themas in vielfältigen Kunstformen dargestellt.
Die Reihe Reisen zur Musik führt Sie zu den gerade sehr populär gewordenen Silbermann-Orgeln, zu den Juwelen sächsischer Dombaukunst und in ungewöhnliche Kirchen in der landschaftlich besonders eindrucksvollen Sächsischen Schweiz.
Wer einmal wie ich Lust bekommen hat, den Festspielgedanken dieser Stadt nach außen zu tragen, kann nicht in ihren Grenzen Halt machen. Mit der Reihe Meißner MusikMarathon und einer Anzahl hochkarätiger Konzerte auf Meißner Plätzen sowie in Meißner Kirchen will ich dokumentieren, dass Dresdens Geschichte weit in das Land Sachsen hinaus reicht beziehungsweise dort geprägt wurde.
Was für die Geographie gilt, ist erst recht für die unterschiedlichen Kunstgattungen gültig. In der Reihe Musik & andere Künste soll bewusst der berühmte Blick über den Rand des eigenen Tellers unternommen werden, ob nun im Film, in der Literatur, im Tanz oder bei den Bildenden Künsten.
Ich freue mich auf Ihre Neugierde und Ihre musikalische Abenteuerlust.
Ihr
Prof. Hartmut Haenchen
Intendant der Dresdner Musikfestspiele