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05. February 2004

Roßberg spielt nicht mit offenen Karten

Interview mit Bernd Klempnow, Sächsische Zeitung Dresden

Frage: Einst belagerte Dresdens Kulturpolitiker Sie, damit Sie die Festspiele übernehmen, nun wirft man Sie raus - Ihr Fazit?

Die Stadt muss sehr reich sein, wenn sie es sich leisten kann, die Musikfestspiele zu schließen. Der Spareffekt, denn man sich erhofft, wird nicht eintreten. Die Musikfestspiele sind das in Sachsen mit Abstand am besten funktionierende Institut. Allein bei den Karteneinnahmen erreichen wir einen Kostendeckungsgrad von 25 Prozent. Rechnet man noch die Sponsorenleistungen hinzu, kommen wir auf 50 Prozent des Etats. Mein Fazit? Im Kulturbereich soll die Institution geschlossen werden, die finanziell für Stadt und Land am besten funktioniert. Ich hoffe, dass es in Dresden genug vernünftige Menschen gibt, die das verhindern.

Sie sagen, die Ausgangszahl des so genannten Einspareffekts ist falsch. Wie hoch ist er?

Wer glaubt, er spart den Zuschuss von 1,5 Millionen bei Musikfestspiele, der irrt. Man macht richtig viel Miese. Man bedenke nur, was 40 000 auswärtige Besucher an Geld hier lassen. Hinzu kommen 500 000 Euro Sponsorengelder, die in der Stadt geblieben wären. Die Mittel des Landes mit fast 350 000 Euro gehen Dresden verloren. Bei einem Etat von 2,8 Millionen Euro machen die viel beschworenen teuren Gagen doch in Wirklichkeit nur einen ganz geringen Teil aus, ganz zu schweigen davon, dass auch die aus aller Welt zu den Musikfestspielen kommenden Künstler hier nicht nur für Renommee sorgen, sondern eine Menge Geld hier lassen. Die meisten Gelder bleiben in der Region: für Übernachtungen, Mieten und Personal.

Die Stadt gibt an, dass sich ja der Bund ohnehin aus der Finanzierung zurückziehen will.

Erstens zahlt der Bund zahlt mit rund 300 000 Euro nur einen relativ kleinen Betrag. Zweitens wird der uns weiter zur Verfügung stehen. In einem entsprechenden Brief von Kulturstaatsministerin Christina Weiss steht ganz klar, dass die Bundesregierung juristische und finanzielle Voraussetzungen schafft, damit das Land Sachsen den Betrag übernehmen kann. Doch wird dieses Angebot nicht weiter verfolgt. Man zitiert lieber die erste Hälfte des Briefes, wonach sich der Bund bei den Musikfestspielen mittelfristig zurückziehen will. Das Jahr steht noch nicht fest

Ihr Vertrag geht eigentlich bis 2008. Werden Sie nun vorzeitig Ihr Amt aufgeben?

So lange die finanzielle Grundlage da ist, werde ich das Amt ausfüllen. Momentan gehe ich davon aus, dass dies bis 2006 so sein wird. Ich will ebenso alle Mitarbeiter und Künstler überzeugen, zur Stange zu halten, um das bis 2006 fertige Programm in seiner Qualität halten zu können.

Welche wird das Publikum auf 2007 drohende Aus reagieren?

Wenn Besucher das lesen, fürchte ich, wird sich das sofort auf den Kartenverkauf auswirken. Dabei verspricht der Vorverkauf zum gegenwärtigen Zeitpunkt wieder neue Rekorde zu brechen. Das bedeutet, dass das Publikum die Musikfestspiele annimmt, natürlich bleibt bei vielen Leuten jetzt erst einmal die Schlagzeile vom Aus der Musikfestspiele hängen.

Wie verhalten sich Sponsoren?

Wir haben unsere derzeitigen und potentiellen Sponsoren informiert, damit keine Missverständnisse entstehen. Logisch ist, dass es Schwierigkeiten geben wird. Langfristige Verträge schließen sich künftig aus, deshalb droht uns schon jetzt ein Vertrag zu platzen. Eins steht fest, es wird uns schwer schädigen.

Ihr Kontakt zum Dresdner Oberbürgermeister war gut. Wie kann da die Entscheidung so überraschend kommen?

Ich fühle ich mich hinters Licht geführt. Mit Ingolf Roßberg habe ich über neue kulturelle Projekte wie etwa Opern-Festspiele in Pillnitz gesprochen habe und er hat mich bestärkt, damit Dresden nicht stehen bleibt. Heute mag ich nicht glauben, dass es damals nicht schon den Gedanken gab, die Festspiele abzuschaffen. Man spielt hier nicht mit offenen Karten. Ich habe alles in der letzten Zeit was uns betraf, zuerst aus den Medien erfahren.

Das Gespräch führte Bernd Klempnow

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