Texts

Strauss, Richard: Capriccio

Manuskript zum Vortrag

Maarten ´t Hart:

...Capriccio is een van de allermooiste opera´s uit de twintigste eeuw. Alleen al het strijksextet waarmee het begint, verdient om in één adem genoemd te worden met de beste werken van andere groten uit deze eeuw, met Apollon musagète van Strawinsky bijvoorbeeld. Na het sextet volgt zo´n schitterende partituur dat ik dit werk koester als een geheime schat. Buitengewoon mooi vind ik het instrumentale stukje met de hoornsolo in de laatste scène, Strauss´eigen bewerking van een al even prachtig stukje pianomuziek, de inleiding bij het achtste lied uit de cyclus Krämerspiegel. En hoe zeldzaam aangrijpend is ook het slot, bijna zo aangrijpend als het mooiste slot dat Strauss schreef, het slot van de opera Der Rosenkavalier.

Eigentlich keine Oper, sondern wie der Titel heißt: „Ein Konversationsstück“
Ursprüngliche Idee die bestellte Oper „Daphne“ sein zu lassen. Letztlich erleben wir, daß wir eine Oper hören, die erst danach bestellt wird.

Capriccio von Strauss selbst sein „musikalisches Testament“ genannt

Beispiel: Krämerspiegel – Mondscheinmusik

1.x „Die Bühne enthüllt uns das Geheimnis“
2.x„Eine Oper ist ein absurdes Ding“
(Horn – als Erinnerung an den Vater) Erscheint in der Oper bei dem Text des Grafen: "Die Oper ist ein absurdes Ding." (S. 144)

Streichsextett (auf zwei Ebenen verteilt) hielt Strauss für ein separat aufführbares Stück. (Genehmigung der Aufführung durch das erweiterte Schneiderhan - Quartett vor der UA).

Diener-Text: Die ganze Welt ist närrisch, alles spielt Theater. Uns machen sie nichts vor, wir sehn hinter die Kulissen. Dort sieht es ganz anders aus. Der Graf sucht ein zärtliches Abenteuer, die Gräfin ist verliebt und weiß nicht in wen. Vielleicht in alle beide... Um sich darüber klar zu werden, läßt sie sich eine Oper schreiben.- „Wie wird man aus einer Oper klug?“ „ Man singt, damit man den Text nicht versteht!“ „ Das ist auch sehr notwendig, sonst zerbricht man sich über den verworrenen Inhalt den Kopf:“
Berühmtes "Geleitwort" (einzige Oper mit Geleitwort) Summe der Erfahrung. (eben als Testament) Siehe Programmheft DNO.
Auch Capriccio ist Summe der Erfahrung.
Proportion zwischen Sänger und Orchester. Textverständlichkeit als Grundvoraussetzung. (Anmerkung: Es wäre schön, wenn auch etwas von meiner Musik zu hören wäre.) Probentechniken.

Gegenpole des jüngeren Strauss: Elektra/ Ariadne.
Erster Versuch in FroSch diese Mittel als Ausdruck der irdischen und göttlichen Welt zu benutzen. (Kammermusik/großes Orchester)

Im gewissen Sinne Rückgriff auf diese Idee. Hier aber durchgeführt als
Kammeroper für großes Orchester.

Beziehung zu Glucks Vorwort zu "Alceste".

Clemens Krauß der Textdichter und Dirigent der UA: 1942 „Kein Stück für ein Publikum von 1800 Personen pro Abend. Vielleicht ein Leckerbissen für kulturelle Feinschmecker...an die eigentliche Bühnenwirksamkeit im gewöhnlichen Sinne glaube ich nicht.

Situation:

Präsident der Reichmusikkammer
58 Regierungen war er seit 1864 untertan gewesen. Kein Parteienkabinett hatte je seine proklamierten Ziele erreicht, kaum eines sich darum auch nur bemüht. Wie sollte man das von der 18. Weimarer Regierung erwarten?
Er nannte Goebbels ein „Bübchen von Minister“
In Goebbels Tagebuch steht über Strauß: „Leider brauchen wir ich noch- aber eines Tages werden wir unsere eigene Musik haben und brauchen dann diesen dekadenten Neurotiker nicht mehr.“

Strauss weigerte sich die von der Partei geforderte neue Musik zum Sommernachtstraum zu schreiben.
Als Goebbels ihm zu seinem 70. Geburtstag eine Gluck-Büste schenkte, ließ er sofort nachforschen, ob diese nicht etwa aus jüdischem Besitz gestohlen wurde.

Er hat das Festival in Vichy mit organisiert, daß sich der atonalen Musik widmete und mit seinem Namen und Einfluß ermöglicht, daß da auch jüdische Komponisten aufgeführt wurden.

Aus Paris an Franz Strauß, 25.10.1930
„Nach mancherlei Befürchtungen vor nationalistischen Demonstrationen ist mein Konzert gut verlaufen.. Im allgemeinen herrscht seit den blöden Hitlerwahlen hier eine greuliche Stimmung, man sprach nur von Krieg, ...

Den Mythologen und Parteiphilosophen Alfred Rosenberg nannte er jemanden, der keine Ahnung hat und nur leere Phrasen drischt.
1931 lernte Strauss Stefan Zweig kennen.
Er bekannte in der ersten Stunde des Kennenlernens,
daß ein Musiker mit 70 Jahren nicht mehr die ursprüngliche Kraft der musikalischen Inspiration besitze. Werke wie Eulenspiegel oder Tod und Verklärung würden ihm nicht mehr gelingen, denn gerade die reine Musik bedürfe eines Höchstmaßes an schöpferischer Frische. Aber das Wort inspiriere ihn noch immer und darum habe er sich ausschließlich der Oper zugewandt. Er wisse wohl, daß es mit der Oper als Kunstform vorbei sei. Wagner sei ein so ,ungeheurer Gipfel, daß niemand über ihn hinauskommen könne. „Aber“, fügte er mit einem breiten bajuwarischen Lachen bei, „ich habe mir geholfen, indem ich einen Umweg um ihn gemacht habe. Mir fallen keine langen Melodien ein wie dem Mozart. Ich bringe es immer nur zu kurzen Themen. Aber was ich verstehe, ist, dann so ein Thema zu wenden, zu paraphrasieren, aus ihm alles herauszuholen, was drinnen steckt, und ich glaube das macht mir heute keiner nach.“

Beispiel: Olivier-Motiv, Flamand Motiv, Schicksalsakkord

Schon als das Werk 1934 fertig war, überlegte er mit Zweig über die folgende Oper und nach vielen Gesprächen kamen sie endlich bei Strauss altem Plan „Prima la musica, poi le parole von Abbé Caste wieder an.

Fritz Busch wurde in seiner freien Meinungsäußerung stets an die Nationalsozialisten verraten und wurde durch „gelenktes“ Publikum ausgebuht. Noch konnte in der Zeitung stehen „Mittelmaß macht sich wichtig“, die Zeitungen waren noch nicht gleichgeschaltet. Hitler und Göring wollten sogar Busch helfen. Busch wollte sich aber von diesen nicht helfen lassen.
Strauß überlegt, mit Busch an ein anderes Theater in Österreich ( das damals noch nicht besetzt war) zu gehen.
Da der Vertrag für Schweigsame Frau aber besagte, daß das Stück in Dresden aufgeführt werden soll, hätte es auch gegen seinen Willen aufgeführt werden können.
Stefan Zweig konnte die Oper nur im Radio hören.

Schweigsame Frau UA in Dresden
Sollte die Oper am 24.6.1935 Premiere haben. Hitler und Goebbels waren angesagt, sie boykottierten die Premiere und kamen nicht. Eine neue Oper Februar 1933 zu der ein Jude (Stefan Zweig) das Libretto schrieb?

Die Premiere fand ohne Polit-Prominenz statt und Strauß schrieb:
„es herrscht allgemeine Begeisterung- ich hoffe, daß Rosenberg und so manche andere platzen werden. Man kann sich doch nur selbst entschädigen für all den Unsinn, der um einen in der Welt vorgeht.
Einen Tag später verlangt Strauss. Doch mißtrauisch geworden, den Theaterzettel. Man hatte Zweigs Namen weggelassen. Strauss sagte: „Das könnt ihr machen, aber dann reise ich morgen früh ab und die Aufführung kann ohne mich stattfinden.“ Zweigs Namen wurde wieder eingesetzt.
An diesem Abend schrieb Strauss an Zweig in die Schweiz, nicht ahnend, daß seine Post polizeilich überwacht wurde und das dieser Brief erst nach dem Krieg wieder auftauchte und seinen Adressaten nie erreichte. Mit diesem Brief ist aber der folgende Brief überliefert, der erklärt, warum er seinen Adressaten nie erreicht hat:
„Der Reichsstatthalter in Sachsen- 1.Juli 1935
Mein Führer! – Dem Geheimen Staatspolizeiamt in Sachsen fiel der in Anlage mitfolgende photokopierte Brief des Herrn Dr. Strauss an den Juden Stefan Zweig in die Hände, den ich zur gefälligen Kenntnisnahme beifüge. Zu der Aufführung der Schweigsamen Frau möchte ich noch erwähnen, daß die Uraufführung vor vollem Haus, darunter 500 geladenen Gäste, stattfand, die zweite Aufführung so schwach besucht war, daß sie seitens der Generalintendanz durch Freikarten gefüllt werden mußte, und die dritte Aufführung, angeblich wegen Erkrankung der Hauptdarstellerin abgesagt wurde.
Heil- Ihr sehr ergebener Martin Mutschmann.“
Tatsachen: Selbstverständlich kamen zur Weltpremiere 500 geladenen Gäste, Selbstverständlich wurden auch für die zweite Aufführung Ehrenkarten an die ausgegeben, die für die Premiere keine bekommen hatten (Presse). Nach der vierten Aufführung wurde die Aufführung von Gauleiter Mutschmann verboten.

Strauss erhielt von Goebbels Arbeitsverbot, er besprach mit
Zweig die Capriccio-Idee weiter und wollte das Stück für den Schreibtisch ohne Option auf eine Aufführung unter der Nazi-Herrschaft unbedingt für sich durchsetzen. Nur untätig konnte er nicht sein. (Er ging davon aus, daß er mit seinen 71 Jahren, wie er sagte, daß er auch dieses System, wie die anderen 58 Regierungen überleben würde.)
Er schrieb Goebbels “Sie können doch nicht von mir verlangen, daß ich das Komponieren aufgebe“. Goebbels antwortete darauf nicht.
Strauss: „Jetzt mögen die Opfer aufgezählt werden, die ich gebracht habe dafür, daß ich mich nicht von vornherein von der ganzen nationalsozialistischen Bewegung ferngehalten habe. Es begann damit, daß ich für den davongejagten Bruno Walter dem philharmonischen Orchester zuliebe und auf eifriges Zureden von Kopsch und Rasch (Intendanten) Walters letztes Abonnementskonzert übernommen habe. Das Honorar von 1500 Mark habe ich dem Orchester überwiesen. Darauf begann ein Sturm gegen mich in den ausländischen, besonders aber in den Wiener jüdischen Zeitungen, der mir in den Augen aller anständigen Menschen mehr Schaden getan, als je die deutsche Regierung an mir wieder hätte gutmachen können. Man verdächtigte mich als servilen eigennützigen Antisemiten, während ich im Gegenteil so oft ich konnte, bei den hießigen maßgebenden Leuten (auch wieder zum eigenen Schaden) betont habe, daß ich die Streicher-Goebbelsche Judenhetze für eine Schmach für die deutsche Ehre, für ein Armutszeugnis, für das niedrigste Kampfmittel der talentlosen faulen Mittelmäßigkeit halte. Ich bekenne offen, daß ich von Juden so viel Förderung, so viel aufopfernde Freundschaft. Großmütige Hilfe und auch geistige Anregung genossen habe, daß es ein verbrechen wäre, die nicht in aller Dankbarkeit anzuerkennen.
Daß Zweig trotzdem mit der Beründung „Es ist eines Strauss unwürdig, heimlich zu komponieren! Alles was Sie tun, wird Musikgeschichte, bedenken Sie“ ablehnte, daß Libretto für Capriccio zu schreiben traf ihn tief und er antwortete: „Es ist eine traurige Zeit, in der ein Künstler meines Ranges ein Bübchen von Minister (Goebbels) um Erlaubnis fragen muß, was er komponieren und aufführen lassen darf. Ich gehöre halt auch zur Nation der „Bedienten und Kellner“ und bedaure, daß der Künstler Zweig sich nicht über die „politische Mode“ erheben kann. Wenn wir selbst die Freiheit des Künstlers nicht in uns wahren, kann man sie auch nicht von Wirtshausredners verlangen. Mein Lebenswerk scheint mit der „Schweigsamen Frau“ definitiv abgeschlossen. Andererseits hätte ich noch manches nicht ganz wertlose schaffen könne. Schade.“
Zweig schlägt verschiedene andere Librettisten vor. Strauss hat die Lust zunächst verloren.
Zweig schlägt schließlich den Altphilologen Joseph Gregor vor.
Nach dieser Enttäuschung wechseln Zweig und Strauss bis zum Selbstmord Zweigs 1942 nur noch zwei Briefe unter Decknamen.
Schließlich besprach er die Capriccio-Idee mit Gregor, da er doch nicht untätig sein konnte und Gregor versuchte es. Strauss fand Gregors Text-Ideen unbrauchbar und wandte sich an Clemens Krauß, der sich bereit fand, das Libretto in Zusammenarbeit mit Strauss zu formen, dabei flossen die ganze Theatererfahrung, die schon besprochenen Ideen mit Zweig und einige Sequenzen von Gregor und natürlich von dem ursprünglichen Libretto von Abbé de Casti(1721-1803) ein.
Noch interessanter ist aber, daß auch hier die Heimlichkeit des Textdichters beibehalten wurde, denn einen großen Einfluß und Teile des Textes sind von dem Dirigenten Hans Swarowksy, der wegen politischer Schwierigkeiten nicht hervortreten und nicht veröffentlichen durfte, er fand bei Krauß im Theater Unterschlupf und arbeitete auf diese Weise mit an Capriccio. Strauss versuchte ihm wieder zu Auftrittsmöglichkeiten zu verhelfen (S. 181) Krauß hatte Strauß als großen Interpreten seiner Werke kennengelernt. ab 1937 bis zur Zerstörung des Hauses 1943 mit Hartmann und dem Bühnenbildner Sievert in Berlin ständig 11 Strauss-Werke auf dem Spielplan.

Kopie machen:
S. 380
„Der persönliche Verkehr unserer führenden Männer mit Dr. Strauss soll unterbleiben.“
1944 Hausdurchsuchung und Verhaftung der Kinder und ihrer Freunde.
Du mußt den Menschen vom Werke trennen (30)
Zu lieben geneigt, die uns bewundern, glauben oft wir zu lieben.


ZITATE:

Eigenzitate
Strauss: Ariadne(Ziff244), Rosenkavalier (letztes Wort), Salome(Ziff20)“leibhaftige Menschen“ und Ziff 192 „Ich bewahre das Gute“ , Daphne (S. 279 nach Ziff 220) und Krämerspiegel (früher Zyklus) in der Mondscheinmusik am Ende.
Fremdzitate
Verdi: Aida, Mozart: Dissonanzen-Quartett am Ende des ersten Teiles des Sextetts, Karrikatur der Bellini-Opern (Ziff16), und Karrikatur der Italienischen Oper überhaupt: Couperin, Rameau, (Baß-Arie)


Motive:

Bei Capriccio hatte er noch keinen Text und erschrieb schon Motive auf. 1939 erste Skizzen. Wie immer bei Strauss gibt es einige Motive, die Charaktere zeichnen. Einfach ist es am Sextett-Motiv darzustellen, welches Flamand charakterisiert. Beispiel (S. 35 Skizzenbuch steht „gut“) Es wird aber z.B. auch genutzt, um die Eifersucht von Olivier darzustellen im Duett mit der Gräfin. Dort wird es "von Eifersucht entstellt" Beispiel Ziffer 63
Umgekehrt kommt das Olivier-Motiv als Eifersuchts-Motiv bei Flamand vor. „Warum nehmt ihr zu Worten eure Zuflucht“ Beispiel 4 nach 102
Horn-Motiv Olivier als Erinnerung der Gräfin im Monolog und Bcl spielt Sextett-Motiv als Erinnerung an Flamand: Dann: Du Spiegelbild der verliebten Madelaine, kannst Du mir raten, kannst Du mir helfen den Schluß zu finden. Gibt es einen, der nicht trivial ist S.369/10

Liebesmotiv: Ziffer 94
Wagners Liebes-Doppelschlag 9 nach 95

Schicksalsakkord S. 307


Die Oper:

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erregte in Paris die machtvolle künstlerische Persönlichkeit Glucks durch die grundlegenden Reformen des bis dahin vorherrschenden Opernstils den heftigen Widerstreit der Meinungen aller Interessierten Kreise.
Krieg des Piccinisten und der Gluckisten.

Die Personen:

Die Gräfin, junge Witwe Beispiel 10 nach 281
Der Graf Beispiel Einzugsmärsche
Flamand, ein Komponist Beispiel
Olivier, ein Dichter Beispiel
La Roche, Theaterdirektor Johann Joseph La Roche, Geb. 1. April 1745 in Preßburg, gest. 8. Juni in Wien, war seit 1781 tätig als Schauspieler am Theater in der Leopoldstadt, er war berühmt durch die von ihm erfundene Rolle des dummen Dieners und des Kasperl
Die Schauspielerin Clairon de la Tude, franz. Schauspielerin 1723 geboren und 1803 gestorben. Durch ihre tragischen Rollen bekannt. Vor allem in den Tragödien Voltaires (Text auf dem Kubus). Ihre Memoiren erschienen 1798 in deutsch und danach erst auf französisch. Ihre wichtigsten Rollen werden in der Oper auch genannt: Paedra, Medea, Andromache, Roxane.
Eine italienische Sängerin und ein italienischer Tenor Beispiel Anfang
Eine junge Tänzerin die von drei Musikern begleitet wird Beispiel
Der Haushofmeister
Acht Diener Beispiel
Monsieur Taupe Beispiel

1775
Auch im Salon der Gräfin Madeleine erwächst das Aktuelle Streitthema „Wort und Ton“ zum bedeutsamen Erörterungsgegenstand der versammelten Gesellschaft. Für den bevorstehenden Geburtstag der Hausherrin plant ihr Bruder verschiedene künstlerische Darbietungen. Der heutige Nachmittag dient der Beratung und der Prüfung der eingegangenen Vorschläge. Zwei bevorzugte Freunde des Hauses, der Musiker Flamand Beispiel und der Dichter Olivier Beispiel, wollen mit eigenen Werken den festlichen Tag umrahmen. Soeben erklingt im Musiksalon zum ersten Mal ein von Flamand komponiertes Streichsextett. Beispiel Die beiden befreundeten Künstler beobachten verliebt die im Nebenzimmer dem musikalischen Genuß hingegebene Gräfin und erkennen sich gegenseitig als Nebenbuhler um die Gunst der hochgebildeten schönen Frau. Der ebenfalls anwesende Theaterdirektor La Roche verschläft das Sextett und gerät nach seinem Erwachen in ein plänkelndes Gespräch mit den beiden Freunden, bei dem schon die Grundtöne der späteren Meinungsverschiedenheiten aufklingen. Mit ihrem Bruder kommt die Gräfin aus dem Musiksalon. Ihre fühlbare Erregung gibt dem Grafen Anlaß zu liebenswürdig-spöttischen Belehrungen, „den Autor vom Werk zu trennen“ und die Sympathie für den hübschen Flamand nicht allzu deutlich erkennbar werden zu lassen. Die heitere Entgegnung der Gräfin enthüllt die Abneigung ihres Bruders gegen die Musik, seine Vorliebe für das gesprochene Wort, vor allem aber sein lebhaftes Interesse für die schöne Schauspielerin Clairon.
Aus dem Theatersaal zurückkehrend, erläutert La Roche der Gräfin das von ihm geplante Festprogramm, wobei er besonders sein eigenes Werk, eine große „azione teatrale der gesamten Truppe“, ankündigt. Die vom Grafen mit Ungeduld erwartete Ankunft der Schauspielerin Clairon unterbricht die beginnende Auseinandersetzung. Mit deutlichem Hinweis auf die Person der Gräfin erkundigt sich Clairon bei ihrem früheren Freund, dem Dichter, nach dem noch fehlenden Schluß des Stückes. Eine neugeschaffene Szene wird von ihr und dem Grafen in improvisierter Rezitation vorgetragen. Zum ersten Mal erklingen die Worte eines der Gräfin gewidmeten Sonetts.
Olivier und Flamand bleiben mit der Gräfin allein. Der Dichter wiederholt den Vortrag seines Sonetts mit leidenschaftlicher Huldigung für die verehrte Frau. Flamands schöpferische Kraft entzündet sich an den Worten des Gedichtes, mit dem er in den Musiksalon verschwindet. Mit einiger Mühe erwehrt sich die Gräfin der leidenschaftlichen Liebesbeteuerungen Oliviers und atmet auf, als der triumphierende Flamand mit dem fertig komponierten Sonett zurückkehrt. Beispiel


Sonett:

(Gedicht von Olivier, von Flamand vertont wird zum zentralen Beispiel, erst von Flamand als Improvisation angedeutet, später ausgeführt, wird es am Schluß von der Gräfin vorgetragen als Fazit der Geschichte: Nicht einer hat die Vorliebe, die Größe besteht aus dem Zusammengehen von Wort und Musik. Aus dem Französischen des Ronsard ( 1525- 1585) da es in der angenommenen Zeit des 18.Jahrhunderts keine solche Sonette gab, hat Hans Swarowski eine Übersetzung davan angefertigt, die Gregor (ursprünglich vonZweig für die Vollendung der Opern-Idee vorgeschlagen) scharf kritisiert hat (übrigens mit berechtigten Einwänden, die Strauss offensichtlich aus Ärger nicht berücksichtigt hat)

Nach seinem Vortrag ist die Gräfin stark beeindruckt, insbesondere aber jetzt von den Worten des Sonetts, deren Schönheit durch die Musik stärkeres Leben gewonnen hat. Flamand gesteht seine Liebe und erbittet Antwort. Die Gräfin verspricht, am nächsten Vormittag um elf Uhr in die Bibliothek zu kommen und ihm ihre Entscheidung: Flamand oder Olivier – „Wort oder Ton“ – mitzuteilen.
Die Gräfin bevorzugt unbewußt durch ihre Neigung zur Musik den Komponisten Flamand. Dessen Liebe zu ihr wirkt sich zunächst in seinem künstlerischen Schaffen aus, die Beziehung zu ihrer Person ist eine hierdurch bedingte, sekundäre Erscheinung.
Oliviers Gedanken hingegen gelten der Frau. Durch seine Männlichkeit wirkt er verwirrend und erregend auf die Gräfin. Sein starker, überlegener Geist stellt das dichterische Schaffen bewußt in den Dienst seiner erotischen Liebenswerbung.
In übertragenem Sinn bedeutet dies, daß dem Wort vor seiner Formulierung stets der Gedanke vorangehen muß, während in der Musik, als der unmittelbarsten der Künste, der aus unfaßbarer Unendlichkeit entsprungene Klang gleichzeitig erster Gedanke und Ausdruck ist.
In heiterster Laune kommt der Graf zurück und spricht begeistert von der schönen Clairon, welche seine „theatralische Begabung“ lobend gewürdigt habe. Seine Schwester spottet liebenswürdig über seine flammende Verliebtheit, gesteht aber dann die Verwirrung, in welche sie Flamand und Olivier versetzt haben.
Die Gesellschaft kehrt aus dem Theatersaal zurück. Als überraschende Kostprobe seines Festprogramms läßt der Theaterdirektor eine junge Tänzerin auftreten. Nach dem Tanz entspinnt sich, von Olivier begonnen, eine lebhafte Diskussion über Dichtkunst und Musik, Wort und Ton, wobei sich Olivier und der Graf in ihrer Ablehnung der Oper als Kunstform völlig einig sind. Wort oder Musik:
„Tanz und Musik stehn im Bann des Rhythmus, ihm unterworfen seit ewiger Zeit: Ohne Musik würde niemand sich einfallen lassen, auch nur ein Bein zu heben.
Sprachrhythmus als gemeinsamer Nenner zwischen Musik und Text Fuge: Thema Ursprüngliche Idee, die Oper in form einer Fuge zu schreiben.
Übrig geblieben ist die "Diskussion über das Thema: WORT ODER TON" in einer freien Fuge, die mehr ein Ostinato ist, mit ständiger Wiederkehr des Themas mit anderer Harmonisierung.
Mit bewegter Klage bejammert La Roche den „betäubenden Lärm des Orchesters“ in den „modernen“ Opern und das bevorstehende Ende des kunstvollen italienischen Ziergesangs. Das Auftreten zweier italienischer Sänger, welche ein Duett in der von La Roche so hochgeschätzten „klassischen Manier“ zum besten geben, beendet die Erörterung.

Italienischen Sänger: "Dazu eine Melodie finden, die absolut nicht zu den Worten paßt". (6/8 Takt der alles ist 3/4 - 6/8- 2/2) Beispiel
S. 166 Partitur
Der Graf verabredet mit Clairon eine gemeinsame abendliche Fahrt nach Paris und sieht sich beglückt am Ziel seiner verliebten Wünsche.
Der allgemeinen Aufforderung Folge leistend, entwickelt La Roche sein bisher geheim gehaltenes Festprogramm, zunächst den ersten Teil des „Huldigungsfestspieles“, die Darstellung einer erhabenen Allegorie: „Die Geburt der Pallas Athene“. Beispiel für den „verworrenen Inhalt: „Aus dem Kopf des Zeus wird sie geboren! So erzählte die Legende nachdem er mit Metis das Kind gezeugt, verschlang er die Mutter. Mit seinem Vorschlag erregt er die unbezwingliche Lachlust seiner Widersacher Flamand und Olivier. La Roche ist durch das Gelächter gekränkt. Die Gräfin versöhnt ihn durch ihre interessierte Frage nach dem zweiten Teil des Huldigungsfestspieles. Nunmehr entwickelt er die mit allen Bühneneffekten ausgestattete Inszenierung „Der Untergang Karthagos“: Kulissen, Prospekte, herrlich gemalt und Massen in regster Bewegung! Die Stadt in Brand – ein Feuermeer – atembeklemmend! Die Dekoration transparent – geschliffene Stäbe aus böhmischen Glas, von rückwärts beleuchtet in flammenden Rot! Feuerspiegel – Glasprismen! Viertausend Kerzen – hundert Flambeaus! Pechringe – Fackeln in allen Größen! Eine schaukelnde Galeere, von mir konstruiert – Blitz und Einschlag auf offener Szene...Die Segel in Flammen – ein brennendes Wrack! Springflut im Hafen! Der Palast stürzt ein...Darauf Flamand und Olivier: Hör auf, wir kennen das Ende! Zum Schluß auf den Trümmern großes Ballett. Die bisherige Heiterkeit Oliviers und Flamands schlägt in hellen Zorn um.
Überraschend beendet La Roche den Zwist durch den kraftvollen Einsatz einer breit ausholenden Rede. Mit dem Wissen des erfahrenen Praktikers begegnet er allen Einwänden und läßt durch das üppig wuchernde Unkraut seiner Theaterphantasie den Kern echter Kunstbegeisterung erkennen. Als guter Direktor vergißt er nicht, seine Verdienste hell ins Rampenlicht zu stellen, und erringt er mit der Improvisation der eigenen Grabschrift einen durchschlagenden Erfolg.
Einer neuen Eingebung folgend, erteilt die Gräfin, zum Entsetzen ihres Bruders, dem Dichter und dem Komponisten den Auftrag für ein gemeinsames Werk. Mit boshaftem Einfall schlägt der Graf vor, die Ereignisse des heutigen Tages mit allen anwesenden Personen zu schildern, diese Konflikte zu dramatisieren und zu komponieren. Sein Gedanke löst zunächst große Verblüffung, dann aber Zustimmung aus. Die Bedenken des Theaterdirektors werden übertönt. Olivier ist bereit, sofort mit dem Szenarium zu beginnen, ein Entschluß, der nicht zuletzt von dem Gedanken bewegt wird, daß ihm die Gräfin nunmehr auch den Schluß der Oper, also ihre Entscheidung für ihn oder für Flamand, mitteilen müsse.
Nach höflicher Verabschiedung fährt Clairon mit dem Grafen nach Paris; die Gräfin zieht sich zurück. Flamand und Olivier blicken ihr nach, beide ihres Sieges gewiß. La Roche drängt zur Heimfahrt, den Dichter mit guten Ratschlägen für seinen Entwurf bestürmend.
Zwischendurch treten die Diener auf und der eingeschlafene Souffleur kommt aus seiner Kiste heraus, vollständig verwirrt im 7/8 Takt. Er sucht den Direktor, der schon längst weg ist und trifft auf den Haushofmeister. Ihm erklärt er seine Funktion: Ich bin der unsichtbare Herrscher einer magischen Welt. Erst wenn ich in meinem Kasten sitze, beginnt das Weltrad der Bühne sich zu drehen. Wenn ich schlafe, werde ich zum Ereignis. Die Schauspieler sprechen nicht weiter – das Publikum erwacht!
Unbeantwortet bleibt die offene Frage: Wort oder Ton, deren Entscheidung der Gräfin in doppeltem Sinn – als Schlußpunkt unter die theoretischen Erörterungen und zur Klärung der persönlich-symbolischen Beziehungen – in die Hände gelegt ist.
Von dem Haushofmeister erfährt die Gräfin, daß Olivier sich für den nächsten Morgen um elf Uhr angemeldet habe, um den Schluß der Oper zu erfahren. Sie ist verblüfft, daß, wie durch ein Verhängnis, die beiden Nebenbuhler wiederum unzertrennlich aneinandergekettet sind. Um sich selber einer Entscheidung nahezubringen, wiederholt sie noch einmal das von Flamand komponierte Sonett, jedoch ohne Ergebnis. „Vergebliches Müh’n, die beiden zu trennen. In eins verschmolzen sind Worte und Töne – zu einem Neuen verbunden. Geheimnis der Stunde – eine Kunst durch die andere erlöst!“ „Wählst du den einen – verlierst du den andern. Verliert man nicht immer, wenn man gewinnt?“ Beispiel Ziff 278
Obwohl deutlich wird, daß doch ein wenig die Musik gewinnt, schließlich ist Strauss der Komponist, komponiert Strauss ein Fragezeichen:
Beispiel letzte 5 Takte davor liebt sie zweimal Beispiel 7 letzte Takte

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