Stichwort-Manuskript zum Einführungsvortrag Richard Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg
Von Hartmut Haenchen
Entstehung
Am 7.11. 1861(nach der Revolution 1848 lebte Wagner 1849-59 in Verbannung in Zürich) traf W. in Venedig mit Mathilde und Otto Wesendonck zusammen. Gemeinsame Besichtigungen: Im Anblick von Tizians Bild Mariens Himmelfahrt“ beschloß Wagner die Ausführung der Meistersinger und bat Mathilde um seinen früheren Prosaentwurf aus dem Jahre 1845 (unmittelbar nach „Tannhäuser“ (siehe auch die Bezüge), den er ihr überlassen hatte.
Bereits auf der Rückreise nach Wien „klang mir´s nach, wie eine Ouverture zu den Meistersingern (W. An Mathilde Wesendonck)
In Wien besorgte Peter Cornelius die wichtigsten Quellen für Wagner zum weiteren Studium:
Jacob Grimm: „Über den alten Meistergesang“
Johann Christoph Wagenseil „Nürnberger Chronik“ von 1697 mit dem Anhang „Von der Meistersinger holdseligen Kunst:“
Aus dieser Chronik entnahm er die Namen der Meister, die Regeln des Meistergesanges, die Benennung der poetischen Formen und Fehler und die Namen der einzelnen „Weisen“.
Auch die „Meistersingerfanfare“ König David Motiv Beispiel fand er bei Wagenseil (die ersten sieben Noten des so genannten „Langen Tones“ von Heinrich Mügling.(Gerade mit diesem Motiv wird Wagner Nationalismus unterstellt)
Weitere Anregungen aus:
E.T.A.Hoffmann: „Kampf der Sänger“
E.T.A.Hoffmann: „Meister Martin der Küfer und seine Gesellen“
Johann Ludwig Deinhardstein: Schauspiel „Hans Sachs“ (welches Lortzing für seine Oper „Hans.Sachs“ benutzte.
14.-16. 11. 1861 Schrieb er einen neuen Prosaentwurf. Damals hieß der Merker noch „Veit Hanslich“ später „Hans Licht“
Ende Dez. 1861 bereits Erstellung des endgültigen Textes in Paris
März 1862 Beginn der Komposition in Biebrich am Rhein
20.10. 1867 nach vielen Unterbrechungen in Luzern fertig gestellt
Davor sind aber Bruchstücke: Die Ouverture bereits am 2.Juni vom Gewandhausorchester in Leipzig uraufgeführt und weitere Bruchstücke unter Leitung des Komponisten im Theater an der Wien im Dezember 1862.
1868 nimmt W. an den Proben für die UA in München teil.
„W an König Ludwig II: Jener Abend der ersten Aufführung der „Meistersinger“ war der Höhepunkt meiner künstlerischen und menschlichen Laufbahn.“
Hanslick: „Die Meisteringer gehören, kurz zusammen gefaßt, zu den interessantesten musikalischen Abnormitäten.“
Wagner über den Aufführungsstil und die Konsequenz für die Tempi:
„Wenn einem witzigen Freunde es dünkte, mein Orchestersatz käme ihm wie eine zur Oper gewordene unausgesetzte Fuge vor, so wissen wiederum meine Sänger und Choristen, daß sie mit der Lösung ihrer so schwierigen musikalischen Aufgabe zur Aneignung eines fortwährenden Dialoges durchgedrungen waren, der ihnen endlich so leicht und natürlich fiel, wie die gemeinste Rede des Lebens; sie, die zuvor wenn es „Opernsingen“ hieß, sofort in den Krampf eines falschen Pathos verfallen zu müssen glaubten, fanden sich jetzt im Gegenteile angeleitet, mit getreuester Natürlichkeit rasch und lebhaft zu dialogisieren, um erst von diesem Punkte aus, unmerklich, zu dem Pathos des Rührenden zu gelangen, welches dann zu ihrer eigenen Überzeugung das wirkte, was dort den krampfhaftesten Anstrengungen nie gelingen wollte.“
Personen
Selbstportrait: Sachs/Stolzing-Wagner
Historisch: Sachs- Hutten= W.v.Stolzing
Sachs: (Schumacher und Poet) Er liebt Eva Pogner und da er sie wirklich liebt, und nicht der Besitz entscheidend ist(wie bei Beckmesser) liebt er ihre Liebe(zu Walther)
Motive: Nr. 16 Schuster Motiv, 27 Motiv des Wohlwollens, 33 Schusterlied Motive 34 Entsagungsmotiv, 44:Liebes- Sehnsucht-Motiv aus Tristan und Isolde und Marke-Motiv aus Tristan und Isolde
Pogner: Goldschmied: (reich) Er gibt vor, die „nur auf Schacher und Geld“eingestellten Bürger satt zu haben und gibt sein Kind als „Preis“ und muß sich zu Recht Fragen“Doch war´s vielleicht nur Eitelkeit?“ Beispiel: Pogners Ansprache
Kunz Vogelgesang, Kürschner unentschlossen
Konrad Nachtigall, Spengler,
Sixtus Beckmesser, Stadtschreiber Motive 17 Merker-Motiv (vgl. Stolzing)
Fritz Kothner, Bäcker, Mehl,Mehl,Mehl, „Vorsitzender“
Blathasar Zorn, Zinngießer, Eiferer
Ulrich Eisslinger, Würzkrämer, stiehlt fremde Melodien
Augustin Moser, Schneider, das Fähnlein im Wind, gibt jedem recht
Hermann Ortel, Seifensieder, schläft, immer hinterher mit seinen Gedanken
Hans Schwarz, Strumpfwirker, erfahren, gesetzt
Hans Foltz, Kupferschmied, energisch
Walther von Stolzing, ein junger Ritter aus Franken Motive: 22.Stolzing Motiv, 41 Preislied, 39Traumharmonien
David, Sachs´Lehrbube Motive: 11 David Motiv, 18, Blumenkränzlein-Motive
Eva, Pogners Tochter alle Dreiton-Motive
Magdalene, Pogrners Haushälterin
Ein Nachtwächter (altes Nachtwächterlied)
Inhalt
Der Lehrer
Kunst(Stolzing) Scheinkunst(Tabulatur) (Anfänge des Dadaismus“Sein Lied ist ganz von Unsinn voll)
Traum-Kunst „All Dichtkunst und Poeterei ist nichts als Wahrtraumdeuterei“
Wahn(Triebfeder des Wahns ist „Eitelkeit“ Sachs zu Beckmesser auf seine Schmeicheleien: „O ha! Wollt mich beim Wahne fassen?“ -Leben (Wahn, jene rätselvoll dämonische Macht wider die Vernunft)
Musik
Niederländische Musik in Form der Setzweise von Heinrich Isaac im Wach-auf-Chor
Gesamtaufbau:
orientiert sich am Prinzip des „Meistergesanges“
Bar= zwei gleiche Strophen (Stollen) und eine neue dritte Strophe(Abgesang)=
2 Akte mit Tumult-Ende und ein dritter, viel größerer, der die Lösung bringt und musikalisch neues Material bringt.
Für Wagner war die Polophonie Bachs die bewahrenswerte Basis der alten Kunst (siehe Ouverture, Prügelfuge), die er hier setzt
Diesseitigkeit in C-Dur zwischen der Polyphonie (zeichen für das Alte Nürnberg) und der Romantik.
Die fallende Quarte ist der Keim der Musik (1.x im Vorspiel 1.Takt und im Choral, siehe Vc)(Vgl. Auch Lohengrin)
Preislied
Idee der weibl. Schönheit
Brautmotiv
Motiv der Sangeskunst
Jugendmotiv
David Angeberei
Beckmesserständchen
Prügelfuge
Das Dreitonmotiv
Vorspiel ist „Modell für den Riesenbau“ aber nur die übergeordneten Ideen kommen vor, nicht die Personencharkterisierungen.
Vorspiel 3.Akt, Portrait von Wagner-Sachs
Verwandte Motive, die genau den Zustand von „Verfälschung zeigen“
Motiv der Freundschaft- Motiv der geheuchelten Freundschaft
Motiv des Adels(Stolzing) Motiv der Schäbigkeit(Beckmesser)
Preislied Preislied im Kopfe Beckmessers
Deutsch-Verherrlichungsproblem:
Wir können nachlesen, in den ursprünglichen Texten und anderen Aufzeichnungen, daß Wagner eigentlich die Absicht hatte, am Schluß eine pazifistische Rede zu reden und
„Donnerbüchs und Pulverdampf“ abzuschwören. Cosima fand das nicht geeignet und bestand darauf, daß der Text am Ende verändert werden sollte.
„Verachtet mir die Meister nicht“: Im Orchester sind die leichtfüßigsten Melodien zu hören, die Wagner je ersonnen hat.