Opera

opernwelt, 29. March 2011
Der Maestro als Magier

"Musikalisch gelingt dieser dritte Akt in seltener Schönheit. Und nicht nur er. Hartmut Haenchen ist unbestritten einer der großen Wagner-Dirigenten unserer Zeit. Er kennt die Quellen bis ins Detail. Er denkt vom Orchesterklang der Wagner-Zeit aus, ohne sich einfach einer historisch informierten Aufführungspraxis anzudienen. Das hat gute Gründe. Denn Wagner war keinesfalls mit allem zufrieden, was damals möglich war. In vielem kommt ihm unsere moderne Orchesterpraxis durchaus entgegen. Bei anderem ist die historische Strenge essenziell. Haenchen balanciert das meisterhaft aus. Das Volumen von Blechbläsern und Streichern etwa, das durch heutige Instrumente so leicht aus dem Lot kommt. Oder den kammermusikalischen Reichtum der Mittelstimmen. Oder das elegante, in sich ausdifferenzierte An- und Abschwellen der großen Klangplateaus. Das alle funktioniert bei durchweg flüssigen Tempi, wie sie Wagner, wie sie Wagner mit dem Uraufführungsdirigenten Hermann Levi erarbeitete und wie sie von Richard Strauss über Clemens Krauss bis zu Pierre Boulez auch immer wieder für "Parsifal" reklamiert wurden, als Gegengift sozusagen zum weit verbreiteten Langsamkeitszinnober. Das das keinen Verzicht auf Poesie bedeutet, macht Hartmut Haenchens wunderbar entspannte, dennoch hochkonzentrierte Lesart deutlich. In Umkehrung der Regieabsicht formuliert: Hier wird der Maestro zum Magier. Er muß hart gearbeitet haben. Denn das Orchester von La Monnaie ist derzeit in keiner guten Verfassung...
Stephan Mösch