Opera

OPERNWELT, 23. July 2014
August-Heft, Seite 43

... Schließlich fiel auch noch die Premiere einem Streik der am Theater beschäftigten intermittents zum Opfer. Turbulente Verhältnisse, die selbst einen erfahrenen, philologisch fundierten Perfektionisten (der zum Beispiel auf die rohen, in die Holzbläseridylle des Anfangs dröhnenden Töne eines Alphorns besteht) aus dem Tritt bringen könnten. Doch nichts dergleichen: Das Orchestre national du Capitole hielt beim zweiten Anlauf die Spannung, bahnte sich mit freiem Atem Wege durch das wuchernde Terrain der «Daphne»-Partitur, als sei die schillernde, rhythmisch wie harmonisch schwebende Topografie dieser Musik, ihr unendliches Changieren und Metamorphosieren den Instrumentalisten zur zweiten Natur geworden. Hartmut Haenchen hatte hörbar intensiv geprobt, Farben, Dynamik, Tempi nicht nur auf die Akustik des Hauses, sondern den exzellenten Chœur du Capitole (Alfonso Caiani) und das (teilerneuerte) Ensemble feinabgestimmt. Im Graben blühte ein organischer Klang, der nicht einfach, gar auf Kosten der Sänger, die Fülle des Wohllauts exponiert. In ihm schwang auch jenes scheinhaft Schöne mit, jenes reflektierte, raffiniert konstruierte «l’art pour l’art», das Strauss in seine «bukolische Tragödie» über die jungfräuliche Nymphe eingeschrieben hat, die sich, der Nachstellungen des Jugendfreundes Leukippos und des Gottes Apoll überdrüssig, am Ende in einen Lorbeerbaum verwandelt. ...
Albrecht Thiemann

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