Opera

Opernwelt, 01. September 2016
Hartmut Haenchen dirigiert bei den Bayreuther Festspielen einen «Parsifal» von enigmatischer Poesie.
..."Musikalisch ist der Abend von anderem Kaliber. Hartmut Haenchen ... dirigiert einen überlegen unpathetischen, klanglich fein ausdifferenzierten, trotz aller Helligkeit soghaften "Parsifal". Zwei Voraussetzungen gibt es: Da ist zum einen die jahrzehntelange Beschäftigung mit dem Werk... Und dann ist da Orchestermaterial, das der Dirigent in Ermangelung textkritischer Stimmen erstellt und nach Bayreuth mitgebracht hat. Für die Musiker dürfte das keine Kleinigkeit gewesen sein. Es geht ja nicht nur ums neue Lesen, sonder um veränderte physische Abläufe. Geteilte Bogenstriche, schwere Akzente, leichte Staccati, Wechsel von Vibrato und Non-Vibrato, genau regulierte Dynamik solche Finessen der Artikulation haben mit Fingern, Handgelenken, Lippen, Lungen zu tun. Verdientermaßen kam das Festspielorchester danach auf die Bühne und wurde mit seinem Dirigenten umjubelt. War dies doch nichts weniger als der erste Versuch, dem für Bayreuth geschriebenen Stück in Bayreuth mit einem historisch geschulten Klangbewusstsein nahezukommen. Dazu braucht es weder alte Instrumente noch überdehnte Probenphasen oder einen künstlich tiefgelegten Stimmton. ... Hartmut Haenchen sollte seinen spannenden Ansatz unter normalen Probebedingungen ausfeilen können. Und Andris Nelson ... wäre schlecht beraten, wenn er bei diesem "Parsifal" noch einsteigen würde."
Stephan Mösch
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