14. Mai 2005 · Dresden, Semperoper, 16:00 Uhr
L. van Beethoven: Klavierkonzerte Nr. 2 B-Dur Op. 19, Nr. 1 C-Dur Op. 15, Nr. 4 G-Dur Op. 58
KIOI Sinfonietta, Tokyo
Peter Rösel (Klavier)
Dresdner Musikfestspiele
Carte blanche Peter Rösel
Pressestimmen
Dreimal Jubel in der Semperoper
Mit stehenden Ovationen für die drei Konzerte in der Semperoper konnten die Dresdner Musikfestspiele am Eröffnungswochenende einen glänzenden Erfolg verbuchen. (...)
Peter Rösel als"Carte-blanche"-Künstler
Für den ersten Programmschwerpunkt zeichnete der Pianist Peter Rösel verantwortlich, als renommierte Dresdner Musikerpersönlichkeit einer der diesjährigen "Carte-blanche"-Künstler des Festivals. Rösel, der im vergangenen Februar seinen 60. Geburtstag feierte, absolviert sein ehrgeiziges Projekt einer Gesamtaufführung der Beethovenschen Klavierkonzerte (inklusive Rondo WoO6) mit pianistischer Bravour (...). Unter anderem manuelle Meisterschaft und eine uneitle Bühnenpräsenz sind die Tugenden dieses Pianisten, der, begleitet vom charakteristischen Mahlen seiner markigen Kieferknochen, schnörkellos musikalische Strukturen durchdringt. Darüber hinaus ein klar konturierter Ton, der auch in den Innenansichten der Mittelsätze emotional stets kontrolliert bleibt.
Am stringentesten wirkt dieser Zugriff in der großen Geste der Eckkonzerte Nr. 1, 3 und 5, weniger glücklich im an Mozart geschulten B-Dur von op. 19 (bei Peter Rösel chronologisch richtig an den Anfang gerückt). Auch im farbenreichen G-Dur-Konzert op. 58 darf Peter Rösels strenges Klangkorsett nur selten aufbrechen; zu beiläufig gehen Beethovens visionäre Andeutungen wieder im konventionellen Kontext auf.
Nicht nur pianistisch überzeugender geriet das zweite Konzert am Sonntag, das mit dem heroischen Grundton der Klavierkonzerte op. 37 und op. 73 Peter Rösels Ansatz mehr entgegenkam. Von getrillerten Salven des Kopfsatzes bis zur exakt dosierten Innerlichkeit im Largo entwickelt Rösel das c-Moll-Konzert ganz aus der Perspektive kontrollierter Emotionalität; aber auch die sinfonisch gedachte Majestät des letzten Klavierkonzerts gewinnt durch seine pianistische Klarheit.
Einen reizvollen Kontrapunkt lieferte die Kioi Sinfonietta Tokyo, die sich als "Orchester in residence" - eine Festspiel-Neuerung seit dieser Saison - unter zwei verschiedenen Dirigenten profilieren konnte. Während Intendant Hartmut Haenchen am Sonnabend einen zupackend-direkten Beethoven dirigierte, inspirierte am Folgetag Hiroshi Wakasugi den japanischen Klangkörper zu einer bejubelten, farbenreichen Interpretation, die Rösels strenge Lesart auf subtile Weise grundierte.
Julia Waldstein
Dresdner Neueste Nachrichten · 17. Mai 2005
Funkelnde Diamanten
Wenn Peter Rösel im Rahmen seiner Carte blanche alle fünf Konzerte und das Rondo B-Dur am Sonnabend und Sonntag innerhalb von zwanzig Stunden spielte, ist das schon wegen der physischen Leistung beachtenswert. Allerdings mussten die Konzerte nicht mit äußerster Kraft gespielt werden, weil Orchestergröße und die akustischen Bedingungen der Semperoper ein beinahe kammermusikalisches Musizieren erlaubten. Zudem neigt Rösel ohnehin nicht dazu, pianistisches Donnergetöse an unpassenden Stellen zu entfachen. Rösel betont vor allem den musikantischen Gestus der Musik.
Die Werke des ersten Tages, die Konzerte Nr. 1 C-Dur op. 15, Nr. 2 B-Dur op. 19 und Nr. 4 G-Dur op. 58, hatten dadurch etwas vom Geist Mozarts, waren von angenehmer Leichtigkeit, ohne dass ihre Substanz in Frage gestellt worden wäre. Beethoven erschließt sich ja oft besser, wenn ihm nicht der Stempel des Titanischen zwanghaft aufgeprägt wird. Und Rösel begreift „seinen“ Beethoven aus dem Geist der Klassik und verzeichnet seine Interpretation nicht mit Elementen, die erst in der Romantik mit ihrer Überbetonung des Virtuosentums in die Musik eingezogen sind. Hartmut Haenchen sorgte für angepasste Begleitung durch die Kioi Sinfonietta Tokyo, der ihre Erfahrung mit der Musik Mozarts hörbar zugute kam.
Die als gewichtiger angesehenen Konzerte Nr. 3 c-Moll op. 37 und Nr. 5 Es-Dur op. 73 folgten in der Matinee am Sonntag und waren eine logische Fortsetzung der Aufführung des Vortages. Rösel beeindruckte durch die Ruhe im Mittelsatz des c-Moll-Konzerts und im Konzert Nr. 5 durch die themenbedingte Variabilität der Tempi, so dass stets der Eindruck eines natürlichen Atems vorherrschte.
Vergnügen im vollen Haus
Wenn er gerade im letzten Klavierkonzert Beethovens ein weit höheres Maß an Virtuosität einbringen musste, geschah das ohne vordergründige Eitelkeit. Das Orchester, in dem es ein paar Unsauberkeiten gab, wurde diesmal von Hiroshi Wakasugi geleitet, der sich besonders eng und konzentriert an den Solisten anpasste.
Peter Zacher
Sächsische Zeitung · 17. Mai 2005