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12. Januar 2004 · Essen, Aalto-Musiktheater, 20:00 Uhr

A. Bruckner: 8. Sinfonie c-moll, 2. Fassung

Philharmonie Essen

Pressestimmen

Bruckners Achte sprengt Dimensionen

Philharmoniker begeistern unter Hartmut Haenchen

Mit 80 Minuten Spielzeit sorgte Haenchen dabei noch für ein vergleichsweise flüssiges Zeitmaß der abendfüllenden vier Sätze, die man nur ohne Pause geben kann. Vor allem das Scherzo kam mit Tempo daher. Auch den ersten Satz und das Finale hat man schon breiter genommen gehört.
Dem langjährigen Generalmusikdirektor der Amsterdamer Oper ging es also ganz offensichtlich um Bewegung, auch um die drängende Kraft des Rhythmischen. Haenchens Anliegen sind klare Strukturen und trennscharfe Charakterisierungen, wie sie ihm im aufgeladenen Wechselspiel zwischen den lyrischen Klängen und den wuchtigen Blöcken des letzten Satzes besonders gut gelangen.
Sein Augenmerk legte er auf polyphone Verästelungen, auf die feingliedrige Ausgestaltung dynamischer Prozesse. Bei allem Sinn für Details und Zwischentöne verlor Haenchen jedoch nie den Blick aufs Ganze. Und es ist diese Mischung aus Einsicht und Übersicht, aus ökonomischer Klangorganisation und organischem Dahinströmen der Musik, die der Interpretation Statur verlieh und sie in die Nähe der ganz großen Bruckner-Deutungen rückte.
Das Publikum dankte mit Ovationen.

Michael Kohlstadt
Westdeutsche Allgemeine Zeitung · 15. Januar 2004
Bruckners düstere Kathedrale öffnet das Tor zum Licht

Bravorufe im Aalto für herausragende „Achte“ der Philharmoniker unter Hartmut Haenchen

(...) In der überarbeiteten Fassung von 1890 war sie jetzt im Rahmen des dritten Sinfoniekonzertes zu hören, imposant in den Raum gestellt von den Essener Philharmonikern unter dem weltweit renommierten Gastdirigenten Hartmut Haenchen.

Pathetisches, Weihrauch schwenkendes Zelebrieren ist nicht die Sache des gebürtigen Dresdners, wohl aber ein entschieden klangästhetischer Musizierstil mit ausgefeilten Übergängen und Details und ein dramaturgischer Atem, der auch über die kolossalen Brucknerschen Satzlängen nicht an Spannkraft verliert.

Mächtige Säulen- Weltabschiedsstimmung

So zeichnete Haenchen bei allem Sinn für spätromantisches Verschmelzen die quader- und registerartige Architektur dieser Riesenpartitur in überragender Klarheit bis ins dreifache, polyrhythmisch aufgefächerte Fortissimo. Die gut disponierten Philharmoniker waren ihm ein hoch inspirierter Partner und folgten minutiös den blitzschnellen expressiven Schwenks, den auf der Stelle tretenden Figuren, den apotheotischen Aufschwüngen. Großes leisteten die geforderten Blechbläser gleich im Kopfsatz, ob mächtig eingewuchtete einstimmige Säulen, scharfe Trompetensignale oder samtweich intonierende Wagnertuben.
Das geisterhafte Schwirren des Scherzo wussten die Streicher ebenso überzeugend auszuspielen wie die glühende melodische Inbrunst des Adagio, dessen Weltabschiedsstimmung Haenchen mit bloßen Händen formte. Mit der typischen Geißel- und Choralmotivik, die Bruckners Verwurzelung in der Kirchenmusik verraten, öffnete sich in einem grandios entwickelten Finale endgültig das Tor zum Licht. Bravorufe und heller Beifall im Aalto-Theater für diese herausragende Achte.

Klaus Albrecht
Neue Ruhr Zeitung · 13. Januar 2004