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02. Dezember 2002 · Amsterdam, Muziektheater

W.A. Mozart: La Clemenza di Tito KV 621 mit neu komponierten Rezitativen von Manfred Trojahn

De Nederlandse Opera, Nederlands Kamerorkest, Koor van de Nederlandse Opera
Jerry Hadley, Charlotte Margiono, Ofelia Sala, Vesselina Kasarova, Anna Bonitatibus, Hana Minutillo, Tómas Tómasson

Premiere

Pressestimmen

Das Neue im Alten

Mozarts "Tito" mit Rezitativen von Manfred Trojahn

Dass dieser Tito eigentlich Sesto heißen müsste, weil Vesselina Kasarova den treulos treuen Freund des Kaisers Titus nicht nur singt, sondern zu einem Schmuckstück geschliffen leuchtenden Gesangs mit Koloraturbrillanz und einer Pianokultur vom Feinsten macht, ist im Amsterdamer Het Muziekteater nicht das einzige Besondere bei Mozarts spätem Ausrufezeichen hinter der Folge seiner großen Opern, das sich zumindest mit seinem Nachleben ziemlich schwer tut. Wohl weil sich Die Milde des Titus, dieses Auftragswerk zur Krönung Kaiser Leopolds II. 1791, nicht von selbst so bei den Nachgeborenen empfiehlt wie die DaPonte Gefühlsauslotungen von Mensch zu Mensch. Huldigungsopern mit zaudernder Güte als Grundton haben es nicht leicht, noch dazu, wenn sie auf den etwas spröden Seria- Typus zurückgreifen. Und in den Rezitativen auch noch absacken, weil die eben nicht mal von Mozart sind.

Der in Holland hochgeschätzte und für die Dresdner Musikfestspiele auch wieder in Deutschland wirkende Dirigent, Hartmut Haenchen, zu dessen künstlerisch prägender Arbeit an der Niederländischen Oper in Amsterdam seit seinem gemeinsamen Start mit dem Hausherrn Pierre Audi Ende der achtziger Jahre immer auch Mozart gehörte, hat hier etwas riskiert. Zwar nicht als erster, aber wohl als erster so radikal. Mit neu komponierten Rezitativen. Fast schon einer zweiten Oper in der ersten. Keinen Geringeren als Manfred Trojahn hat er beauftragt, die Rezitative zu rehabilitieren. Sie als genuine Bestandteile einer sonst verschütteten Stückdramatik zu erschließen, ohne so zu tun, als könnte man Mozart ergänzen oder verbessern. Aus dem mitten in der Bühnenlandschaft wie frei schwebend platzierten Nederlands Kamerorkest, das für diesen Mozart im Opernhaus ohne eigenes Orchester zu Gast ist, erwächst so ein dialogisch fruchtbares Experiment.

Trojahn macht aus den Rezitativen etwas Eigenes, setzt seine eloquente Musiksprache in ein spannungsvolles Verhältnis zu Mozart. Über die Personencharakterisierung durch das Motivische hinaus hat er eine individuelle Instrumentierung an die Figuren gebunden. Für Vitellia schrille Klarinettenklänge, für Sesto (Mozart folgend) das klarinettenverwandte Bassetthorn, für Annio ein Bläserquintett, für Servilla die Flöten, für Tito schließlich das Cembalo, das besonders in der Lage ist, das "Tropfen der Zeit, das mechanische Rattern von Angst" zu verdeutlichen, wie Trojahn meint.

Sicher hat das etwas von kühner Vermessenheit, doch es baut nicht nur auf die "Modernität" dieses Spätwerkes, es funktioniert auch in seiner theatralischen Umsetzung, im ständigen Wechsel zur Originalmusik, erstaunlich gut. Schärft die Dramatik, macht die Absackgefahren zu spannenden Brüchen, die im Untergrund Grummelndes verdeutlichen. Die Struktur der rumorenden Obsessionen, die Tektonik, auch die Fassade der Macht und die schmerzhafte Selbsterkenntnis, die moralischen Gefahren politischen Handelns und der selbstverleugnende Druck, der auch aus der Güte erwächst, wenn sie zur Staatsdoktrin wird. Das hört und sieht man.

Am Ende zeigen alle auf die überehrgeizige Frau Vitellia (Charlotte Magiono), die sich zum Eingeständnis ihrer Schuld geläutert hat, und meinen vielleicht doch eigentlich den Kaiser (die einzige Schwachstelle im glänzenden Ensemble: Jerry Hadley). Regisseur Pierre Audi und sein Bühnen- und Lichtkonstrukteur Jan Versweyveld und Kostümbildner Patrick Kinmonth (der gerade in Köln mit der Ausstattung von Robert Carsens Siegfried-Inszenierung Furore gemacht hat) nutzen die Raumauflösungsmöglichkeiten des modernen Hauses am Waterlooplein exzessiv, umbauen das auf Bühnenhöhe platzierte Orchester mit einem halben Dutzend gelber, höhenhierarchisch und in die Tiefe des Raumes gestaffelter Container, die mit Treppen und Stegen verbunden sind. Räume, in denen jeder für sich ist und doch alle zusammenhängen.

Wie in den Kostümen, die abstrakt parabelhaft wie Mauerteile wirken, von denen sich nur einige, meist die der starken Frauen, mit kreisrundem Dekor absetzen. Eine szenisch Analyse von so unaufdringlicher Klugheit wie kalkulierter Theaterwirksamkeit. Audi weiß nach über einem Dutzend Amtsjahren auch als Regisseur mit seinem Hause umzugehen. Und derart aufgelöste Raumstrukturen fügen sich deshalb zu einem erstaunlich offen transparenten und dennoch nicht auseinanderfliegenden Klang, weil Hartmut Haenchen wie kein anderer mit den akustischen Eigenheiten des Hauses umzugehen weiß. Und so folgt man mit ungebrochener Spannung und voller Neugier im harmonisch- spannungsvollen Wechsel von Mozart und Trojahn dem exzellenten Ensemble, zu dessen Überzeugungskraft auch Ofelia Sala (Servillia), Hana Minutillo (Annio), Tómas Tómasson (Publio) ihren Mozart- und Trojahn-Beitrag leisten.

Joachim Lange
Frankfurter Rundschau · 14. Dezember 2002
Fallgruben in der Baustelle Mozart

Manfred Trojahn komponierte für die Amsterdamer Titus Inszenierung selbstbewusste neue Rezitative

Die Inszenierung des Hausherrn Pierre Audi nutzt vor allem die vielen Rampen, die ihm das Baustellenbühnenbild von Jan Versweyveld auf die Bühne stellt, zu den gewünschten Auftritten und Abgängen. Dass die Rollläden der Baucontainer in die Musik hineinächzen, ist eigentlich unverzeihlich. Immerhin erlaubt diese Bühnenarchitektur, dass das Nederlands Kamerorkest gut hörbar auf der Bühne sitzt &endash; das versöhnt dann wieder. Zumal Dirigent Hartmut Haenchen mit seinen konzentriert aufspielenden Musikern sowohl Trojahns handwerklicher Meisterschaft wie Mozarts Genie gerecht wird. Ein wiederhörenswertes Experiment!

Rainer Wagner
Hannoversche Allgemeine Zeitung · 10. Dezember 2002
Spanning en stijlbreuk

Leemte bij Mozart met &endash; blijvend? &endash; succes opgevuld door hedendaagse componist

Wilde de Nederlandse Opera zijn vaste gastdirigent Hartmut Haenchen achter een nieuwe productie van "La clemenza di Tito" krijgen, dan diende aan die recitatieven te worden gesleuteld. En Haenchen wist wel hoe: door een hedendaags componist, de Duitser Manfred Trojahn. Het resultaat staat thans in het Musiektheater Amsterdam in een hernieuwde samenwerking tussen Haenchen als dirigent en artistiek directeur Pierre Audi als regisseur. Die combinatie Mozart-Trojahn kan daarbij geen mens ontgaan.

Vol vuur bouwt Hartmut Haenchen met het Nederlands Kamerorkest aan sprankelend, soms ronduit heftig pijlerwerk onder deze Clemenza. Dat hij de initiator is achter de nieuwe recitatieven mag worden gehoord. Maar of die vernieuwing beklijft? Als experiment mag het geslaagd heten, de tijd zal leren of Mozart het gesleutel aan zijn werk echt verdraagt.

Matthijs Smits


Spannung und Stilbruch

Lücke bei Mozart mit &endash; dauerhaftem? &endash; Erfolg durch modernen Komponisten geschlossen

Wollte die ‚Niederländische Oper' seinen festen Gastdirigenten Hartmut Haenchen für eine neue Produktion von "La clemenza di Tito" gewinnen, dann musste an den Rezitativen gebastelt werden. Haenchen wusste auch wie: mit Hilfe eines zeitgenössischen Komponisten, des Deutschen Manfred Trojahn. Das Ergebnis einer erneuten Zusammenarbeit zwischen Haenchen als Dirigenten und dem künstlerischen Direktor Pierre Audi als Regisseur ist jetzt im Amsterdamer Musiktheater zu sehen. Dabei entgeht hier niemandem die Kombination Mozart-Trojahn.

Hartmut Haenchen erschafft mit dem Niederländischen Kammerorchester ein sprühendes, zuweilen auch unbändiges Säulenwerk unter dieser Clemenza. Man darf ruhig hören, dass er der Initiator der neuen Rezitative ist. Aber ob die Erneuerung im Gedächtnis haften bleibt? Als Experiment dürfte die Clemenza gelungen sein, die Zeit wird zeigen, ob das Mozartsche Werk den Veränderungen wirklich standhalten kann.

Matthijs Smits
Het Financieele Dagblad · 07. Dezember 2002
Mozarts "Titus" mit Trojahn-Rezitativen in Amsterdam

Es gibt selbst von den großen Mozart-Opern einige, die es nicht ganz so leicht haben mit der Nachwelt. Seine späte Opera seria "La clemenza di Tito", die Milde des Titus, die 1791 als Auftragswerk zur Krönung Kaiser Leopolds II entstand, gehört dazu. Ein Fürst mit viel gutem Willen und nachweltkompatiblen Referenzen, erworben in Jahrzehnten kluger Herrschaft über die Toskana. Doch ein zu spät Gekommener, einer, der auch in den Umbruchstrudel am Ende des 18. Jahrhunderts geriet. In eine Zeiterschütterung, die in vielen Mozartopern nach (oder besser: vor-) bebt. Tito jedenfalls ist in einer Weise auf Güte und Vergebung gestimmt (selbt denen gegenüber, die den Titelhelden ans Leben wollen), dass man es auch für Schwäche halten kann. So wirft er auch einen langen Schatten der Vergeblichkeit moralischen Handelns im Politischen.

Und leidet &endash; als Oper &endash; unter den Rezitativen, die, nicht von Mozarts Hand, wohl auf die Schnelle dazukomponiert wurden. So wie sie überliefert und aufführungsüblich sind, waren sie Hartmut Haenchen zu undramatisch, zu harmonisch einfallslos. Haenchen, der seit Ende der 80er Jahre zu wesentlichen Teilen gleich die ganze, noch junge Opernkultur in unserem calvinistischen Nachbarland prägt, überzeugte keiner der Versuche einer Implantation anderer Mozartrezitative oder Ergänzungen "in seinem Stil". Dass es richtig war, kein Wasser in den Wein zu schütten, sondern die Konfrontation mit einem Meister der Gegenwart zu suchen, das erwies sich jetzt bei der jüngsten Premiere in Amsterdam. Ein kühnes, geglücktes Experiment, das zudem die Aura einer Uraufführung hatte.

Joachim Lange
Dresdner Neueste Nachrichten · 05. Dezember 2002
Auf der Mozart-Baustelle

Manfred Trojahns neue Rezitative für den "Tito" in Amsterdam

Die einen entzückt es als musikalisches Meisterwerk, die anderen verschreckt es als gestelzt lederner Bühnenkränkling, dem das höfische Opera-Seria-Korsett die Luft abschnürt: Mozarts vorletzte Oper, "La clemenza di Tito". Mozarts Schüler Süßmayr soll die Secco-Rezitative komponiert haben, in fieberhafter Eile kurz vor der Uraufführung dieser Krönungsoper für Leopold II. in Prag. Steif und undramatisch sind diese Rezitative, sie bringen die Handlung eher ins Stocken. Heute lässt man sie manchmal weg, weil Versuche, sie zu ändern oder zu ersetzen, unbefriedigend blieben. Einschneidenderes wurde jetzt an der Nederlandse Opera Amsterdam gewagt: Der Komponist Manfred Trojahn hat die Rezitative neu geschrieben.

Für die Wahl Trojahns dürfte gesprochen haben, dass er zu jenen gehört, die vom reinen Fortschrittsglauben in der Musik nie viel hielten. In "Tito" ersetzt er die asketisch dünne Basso-Continuo-Begleitung durchs Orchester, aus dem er immer wieder einzelne Instrumentalgruppen heraustreten lässt. Gespenstisch dahinjagende Cembalo-Schraffuren, an Ligetis "Continuum" erinnernd, werden zur wiederkehrenden Chiffre des nahenden Untergangs, stimmungsverdichtende Bläserfiguren lösen sich in einfache, friedvolle Kantilenen auf.

Musiktheaterwirksam ist das durchaus, zumal ins Erzählerische stets auch Klangpsychologisches einsickert. Trojahn verbindet handwerklich geschickt Vergangenheit mit Gegenwart, da findet sich Barockes, ein vorüberhuschendes Bild aus Mussorgskys "Ausstellung", die Motorik eines Schostakowitsch und sogar die Demonstration, dass Trojahn wie Britten Zwölftonmusik schreiben kann, die tonal klingt. So kann er Schnittschärfen zwischen Rezitativ und Arie aufweichen und das stilistische Spannungsgefälle für die Sängern verringern, auch wenn er insgesamt zu einer dekorativen Nervosität tendiert. Trotzdem bleibt die Kontrastwirkung zwischen alt und neu, Arien und Rezitativen. Konfrontation ist gewollt, weil sie in ihrer Zweideutigkeit Spannung und Bewegung schafft, weil sie Anspannung, Druck und Zerrissenheit der auf uns fremd wirkenden Figuren einer fernen Römer-Intrige vergegenwärtigt. Zuweilen aber erzeugt der äußerlich veranlasste Wechsel zwischen zwei Idiomen eine falsche Bedeutsamkeit von Geheimnis, Abgründigkeit.

Dass diese Doppelleben-Menschen, die da nun in zwei Musiksprachen denken und fühlen, gleichwohl überzeugen und fesseln, verdankt sich entschieden der Regie von Pierre Audi und der in eine vage Zukunft verlegten Bühnenszenerie von Jan Versweyveld. Da finden sich luftig in Raum und Höhe verteilte Bauklotz-Stelzencontainerhäuschen, die das sich lockernde Seria- Gefüge von Mozarts Werk genauso versinnbildlichen wie diese neue Version. Zentrum ist die atemberaubende Vesselina Kasarova als verführter junger Sesto sowie das ins Bühnenzentrum gerückte, auf große Orchesterstärke aufgestockte Nederlands Kamerorkest, brillant dirigiert von Hartmut Haenchen, der dem Mozart-Trojahn-"Titus" den leuchtenden Zukunftshorizont schenkt.

Svenja Klauke
Süddeutsche Zeitung · 05. Dezember 2002
Sterke Mozart sterk partij geven

Begin september nam dirigent Hartmut Haenchen afscheid van het Nederlands Philharmonisch Orkest. Nu al is hij weer even terug in Nederland. Deze maand dirigeert hij Mozarts La clemenza de Tito bij De Nederlandse Opera.

Bijzonder aan de Amsterdamse productie van La clemenza di Tito zijn de nieuwe recitatieven die de Duitse componist Manfred Trojahn (1949) ervoor schreef. Hartmut Haenchen, sinds kort intendant van de Dresdner Musikfestspiele, is er niet ongelukkig mee. Haenchen: "De opera is van een opmerkelijke diepgang en dramatiek. Qua orkestratie is het een geweldig werk: Mozart op zijn allerbest. Alleen met de oorspronkelijke recitatieven - de passages waarin het verhaal 'verteld' wordt - is wat mis."

Onder Haenchens leiding groeide het Nederlands Philharmonisch Orkest/ Nederlands Kamerorkest bovendien uit tot een zeer gerespecteerd ensemble. Voor minder zou hij niet zijn gegaan, Hartmut Haenchen, de perfectionist en een van de meest inventieve dirigenten van zijn generatie. Nu al verheugt hij zich op het Muziekfestival Dresden in 2003. Met als hoogtepunt een aantal uitvoeringen met zijn oude NedPho.

"Ja, het bloed kruipt waar het niet gaan kan. In Dresden ben ik thuis. Maar hier in Amsterdam heb ik de beste tijd van mijn leven gegeven. Dat wil ik de muziekliefhebbers in Sachsen en die van mijn geboortestad in het bijzonder komende zomer laten horen ook…"

Ton Gijsbers

 
Starkem Mozart stark Paroli geboten

Anfang September nahm Dirigent Hartmut Haenchen Abschied vom Niederländischen Philharmonischen Orchester. Und nun ist er schon wieder hier in den Niederlanden. In diesem Monat dirigiert er Mozarts "La clemenza di Tito" an der Niederländischen Oper.

Bemerkenswert an der Amsterdamer Aufführung von "La clemenza di Tito" sind die neuen Rezitative, die der deutsche Komponist Manfred Trojahn (1949) schrieb. Hartmut Haenchen, seit kurzem Intendant der Dresdner Musikfestspiele, ist nicht unglücklich damit.

Haenchen: "Die Oper ist von außerordentlichem Tiefgang und bemerkenswerter Dramatik. Im Hinblick auf die Orchestrierung ist es ein hervorragendes Werk; Mozart ganz in seinem Element. Nur die ursprünglichen Rezitative in den Passagen, in denen die ‚Geschichte' erzählt wird, sind nicht so recht stimmig."

Unter Haenchens Leitung entwickelte sich das Niederländische Philharmonische Orchester/ das Niederländische Kammerorchester zu einem sehr respektablen Ensemble. Für weniger hätte er es auch nicht getan, Hartmut Haenchen, der Perfektionist und einer der gestaltungskräftigsten Dirigenten seiner Generation. Schon jetzt freut er sich auf die Dresdner Musikfestspiele 2003, bei denen eine Zahl von Aufführungen mit seinem alten NedPho einen Höhepunkt bilden.

"Ja, Blut kriecht, wo es nicht fließen kann. In Dresden bin ich zu Hause. Aber hier in Amsterdam habe ich die beste Zeit meines Lebens gegeben. Das möchte ich den Musikliebhabern in Sachsen und denen in meiner Geburtsstadt ganz besonders im nächsten Sommer zu Gehör bringen..."

Ton Gijsbers
De Gelderlander · 04. Dezember 2002
Nederlandse Opera met een schizofrene Mozart

Het paleis van de Romeinse keizer Titus bestaat uit een aantal rechthoekige bouwketen, verbonden door trappen en bruggen zoals in Pierre Audi's enscenering van 'Der Ring des Nibelungen'. Daaronder, niet in de bak, zit het Nederlands Kamerorkest. Dat speelt in Mozarts 'La clemenza de Tito' noten, die voor ongeveer een kwart door e0en andere componist zijn geschreven. Maar voor de rest is alles normaal (…)

Hartmut Haenchen verricht wonderen met het Nederlands Kamerorkest. Dat de musici niet in de orkestbak maar op het toneel zitten werkt althans in deze opera wel. Zij zitten tussen de kleine huis met rolgordijnen, die af en toe omhoog worden getrokken, waarna we zien hoe in het oude Rome in de hogere kringen gekonkeld wordt. Mooi gevonden, maar ook over de esthetiek van dit alles valt te twisten. De manier echter waarop de personages door de ruimte dwalen, bij elkaar komen en zich weer terugtrekken heeft een sterk theatraal effect. Een productie waarover gesproken wordt.

Aad van der Ven
Haagsche Courant · 04. Dezember 2002
Neue Rezitative

Mozarts "La clemenza di Tito" in Amsterdam

Vitellia wütet: "Genug, Sextus! Kommst du denn immer nur, um mir dasselbe zu sagen?" Dabei irrt die römische Patrizierin, die gleich zu Anfang den in sie verliebten adeligen Handlanger anmacht, auf dass er endlich den schwer an seiner Milde tragenden Kaiser Titus beseitige. Diesmal nämlich sagen sie zwar dasselbe, aber sie singen es anders. Statt eines zirpenden Cembalos irrlichtern um Vitellias Tiraden nervös böse Klarinetten. Und Sextus antwortet zum zögerlich-zagenden Klagelaut der aus pastosem Orchesterklang heraustönenden, ihn auch in seinen ariosen Selbstentblößungen begleitenden Bassettklarinette.

Nichts ist mehr wie es scheint, das Opernleben mutiert zur Mozart-Baustelle. Auch wegen der Container, die Jan Versweyveld vom Orchester aus zum Schnürboden aufgeschichtet hat. Umstellt von Pfosten, Metallrosten, Stegen und Treppen verraten sie differenzierte soziale Rangabstufungen. Jeder Kasten wird, haben sie erst einmal ihre Rollläden gelüftet, von einem der sechs Protagonisten bewohnt; oben haust naturgemäß der leidlich an Glanz verloren habende, mit seiner Höhe kämpfende Titus von Jerry Hadley. Neu und anders ist freilich diesmal an der Niederländischen Oper in Amsterdam der Mozart-Kitt.

Manfred Trojahn, dem theatralischen Experiment nicht abgeneigt, hat auf Anregung des mit dem flexiblen Nederlands Kamerorkest mittenmang auf der Bühne als siebtem Protagonisten platzierten Hartmut Haenchen, die Rezitative von "La clemenza di Tito" neu vertont. Er ist der erste nicht, schließlich war man über die in der Eile hektischer Prager Krönungsfeierlichkeiten für Leopold II. wohl vom Mozart-Schüler Franz Xaver Süßmayr dahingenadelten Zwischendialoge nie glücklich: Zu schematisch dröge, zu sehr die Handlung aufhaltend.

Mit seinen neuen, kaum längeren, parlandohaft vorantreibenden Gelenkstücken aber gelingt Trojahn das Gegenteil: Ist die Ouvertüre routiniert befeuert, schlank und schön (wie später auch der Rest) vorrübergerauscht, macht sich neutönerische Irritation breit. Die erst mutwillig den Bruch in die Moderne betont, schnell aber &endash; mit der gleichen Orchesterbesetzung auskommend &endash; dem Werk eine neue Dringlichkeit verleiht. Einen "Sturm im Wasserglas" nennt es Trojahn. Jede Figur wird nun mit isolierten Soloinstrumenten versehen, gewinnt an Farben und Tiefenschattierung, wird theatralisch überhöht. Spannung plumpst nicht mehr zwischen den einzelnen Nummern in ein Musikloch, steigert sich bis zur pompös mit Gasfeuerstichflammen inszenierten Katastrophe des von Sextus gelegten Kapitolbrandes.

Die vokal generöse, stilistisch provinzielle Vitellia Charlotte Margionos klingt nun wie eine aufreizend madamige Schwester der Lulu. Lichte Flöten umspielen straussisch raffiniert die mädchenhafte Gefasstheit der zwischen Titus und ihrem Verlobten Annius (aufrichtig klar: Hana Minutillo) herumgereichten Servilia der sopranleuchtenden Ofelia Sala. Gläsern in einsamen Herrscherhöhen zirpt das Cembalo an Titus' Seite. Überraschend, wie feinfühlig Trojahn seine bewusst aus dem Stimmungsreservoir der Klassischen Moderne sich bedienenden Neuschöpfungen stilistisch, harmonisch und dynamisch Mozarts Partitur annähert, gleitende Übergänge schafft; dienend und doch eigenständig.

Manuel Brug
Die Welt · 04. Dezember 2002
Trojahn gibt Mozarts Titus einen musikdramatischen Aufschwung

Montagabend war die Premiere dieser neuen Opern-Konstellation - ein in beinahe jeder Hinsicht perfekt gelungene Erneuerung eines Stückes Musiktheater.
(...) Trojahns Musik ist meisterhaft (...) Haenchen fühlte sich wie ein Fisch im Wasser. Mit dem Niederländischen Kammerorchester und dem Chor der Niederländischen Oper schmiedete er die zwei Musikwelten mit enormer Durchsetzungskraft zusammen. Sein risikoreiches Experiment erlebte ein besonders interessantes und schönes Ergebnis.

Peter van der Lint
Trouw · 04. Dezember 2002
(...) Eine porcheria war es nicht. Wohl aber "deutsch". Hartmut Haenchen, Dirigent und Mozart-Liebhaber, wollte endlich weg von den nach seinem Geschmack bleichen Secco-Rezitativen in "La clemenza di Tito".
de Volkskrant · 04. Dezember 2002
Die Kombination von Alt und Neu funktioniert in "Tito"

Wenn auch mit Kontroversen, das Wunder der Uraufführung gestern abend von "La clemenza di Tito" von Mozart mit Rezitativen von Manfred Trojahn, ist, daß die Komination von Alt und Neu wirklich funktioniert. Die Collage der Musik von 1791 und 2202 ergibt bei der Niederländischen Oper eine musikalisch höchst bemerkenswerte Vorstellung.

(...) Alles zusammen bilden die Rezitative eine Sammlung von Miniaturen, wie sie Webern auch komponierte. Darin sind Haenchen und sein auf dem Podium sitzendes Niederländisches Kammerorchester ausgezeichnet in Form, aber erreichen einen Höhepunkt in der Begelitung der Arie "Parto, ma tu ben mio" in der der ausgezeichnete Bassettklarinettist Léon Bosch sein Solo im Stehen spielen darf.

Kasper Jansen
NRC Handelsblad · 03. Dezember 2002
'De Titus kún je niet kapot krijgen'

AMSTERDAM - De Duitse componist Manfred Trojahn maakte op verzoek van de Nederlandse opera nieuwe muziek bij recitatieven van Mozarts La clemenza di Tito. 'Tegenwoordig vinden we dat alles maar zo moet blijven als het is, alleen na een oorlog mag je eens iets nieuws doen.'

Componist Manfred Trojahn zit er tevreden bij, op zijn fauteuil in het Muziektheater. Hij heeft net voor het eerst zijn muziek gehoord op een repetitie met zangers én orkest. De balans blijkt goed te zijn, ondanks de plek waar de musici zitten: niet in de bak, maar op de bühne.

Tja, wat doe je verder als componist bij een operarepetitie? 'Vriendelijk glimlachen en de zangers geruststellen', zegt Trojahn (1949), de Duitser die twee jaar geleden van de Nederlandse Opera de opdracht kreeg nieuwe muziek te schrijven bij 'secco'-recitatieven van Mozarts La clemenza di Tito, waarvan vanavond in Amsterdam een nieuwe productie in première gaat.

Dirigent Hartmut Haenchen was zoals zovelen van mening dat de oorspronkelijke recitatieven, waarschijnlijk gecomponeerd door Mozarts leerling Süssmayr, onderdeden voor de rest van de opera. Een beetje schematisch waren ze, met weinig dramatisch gehalte. De operacomponist en dirigent Trojahn, die bovendien de Italiaanse taal machtig is, was de aangewezen persoon om Süssmayr te verbeteren.

La clemenza di Tito was een haastklus die Mozart een paar maanden voor zijn dood aannam toen hij probeerde zijn Requiem te voltooien. De Habsburgse keizer Leopold II bestelde voor zijn kroning tot koning van Bohemen een opera. Uitgaand van een aantal aria's die hij al had gecomponeerd leverde Mozart La clemenza di Tito, over een complot tegen een Romeinse keizer, in vier weken.

Trojahn deed over zijn aandeel ruim een half jaar. Een stuk langer, ja, 'maar Mozart kon zich uitdrukken in een heersende muzikale omgangstaal - die hebben we tegenwoordig niet meer.' Het zijn geen recitatieven in Mozarts stijl geworden, maar dat was ook niet de opdracht. Sterker nog: 'Ik heb geen recitatieven gecomponeerd, maar recitatiefteksten op muziek gezet; dat is heel wat anders.' Hij heeft zich ook niet gehouden aan de traditionele 'secco'-begeleiding door een basso continuo van twee of drie instrumenten, maar het hele orkest ingezet.

En verder was het een kwestie van gesprekken op muziek zetten. Voor die 'conversatietechniek' ging de als neo-romanticus bekend staande Trojahn te rade bij operacomponisten als Strauss, Henze en Berg. Maar vooral heeft hij 'realistisch' willen componeren, met meer aandacht voor de emotie van de personages dan in de rest van de opera, die eigenlijk heel formeel is.

'Wat ik heb geschreven is tamelijk donker,' zegt Trojahn, 'de teksten waar het om ging zijn nogal abgründig van expressie, en de personages niet bijzonder sympathiek. Zo'n Vitellia, die aanzet tot het complot, of de prefect Publio - je vraagt je af waar die nog meer toe in staat zijn.'

De recitatieven zijn ontegenzeggelijk van deze tijd, wat hier en daar opvallende breukvlakken tussen Mozart en Trojahn oplevert, maar de componist maakt zich geen zorgen: 'Je kunt schrijven wat je wil, de Titus kun je toch niet kapot krijgen. Vergelijk het met een Romaanse kerk in Italië: daar zitten altijd barokke elementen in, of een vloer uit de Renaissance. Tegenwoordig vinden we dat alles maar zo moet blijven als het is, alleen na een oorlog mag je eens iets nieuws doen.'

Bij de Nederlandse Opera hebben ze heel positief gereageerd, vindt Trojahn. Of eigenlijk heeft Haenchen helemaal niets gezegd, maar 'Tucholsky heeft eens geschreven waar je je aan moet houden als je een kunstenaar een opdracht geeft: geef hem tijd, geld en iets te eten, maar voor alles: laat hem met rust.'

Jaco Mijnheer
de Volkskrant · 02. Dezember 2002
Voor de zangers was het even wennen

Mozart schreef de secco-recitatieven van La clemenza di Tito niet zelf: een onbevredigende stijlbreuk. Componist Manfred Trojahn deed een poging tot een bevredigende stijlbreuk.

Mozart had zo veel haast zijn voorlaatste opera, La clemenza di Tito, te voltooien, dat hij de hulp inriep van zijn leerling Franz Xaver Süssmayr, die zich boog over de secco-recitatieven (de lappen tekst die alleen met een uiterst sobere instrumentale begeleiding worden gezongen). Bij ontstentenis van relevante manuscripten is Süssmayrs medewerking overigens op zijn hoogst aannemelijk en geen musicologisch feit. Feit is wel dat Mozartkenners en -liefhebbers met gevoelige oren zich altijd aan die recitatieven hebben gestoord.

Dirigent Hartmut Haenchen, die deze maand een nieuwe productie van La clemenza di Tito bij De Nederlandse Opera dirigeert, is een van hen. ''Die secco-recitatieven doen ernstig afbreuk aan de dramatiek en de dramaturgie van de opera. Het verschil met de rest, alles in die fantastische late Mozart-stijl, is reusachtig.''

Daarom vroeg Haenchen de Duitse componist Manfred Trojahn nieuwe recitatieven te schrijven, in zijn eigen, moderne stijl. Haenchen: ''Daardoor ontstaat een enorme spanning, óók bij het luisteren naar Mozart, die nu opeens vanuit onze eigen tijd wordt belicht. De zangers hadden eerst moeite de afwisseling van stijl te accepteren, maar ze vinden het nu geweldig.''

Meneer Trojahn, Mozart componeerde zijn opera in een recordtijd. Hoe lang hebt u over de recitatieven gedaan?

''Haha, veel langer dan Mozart over het hele stuk. Ik heb er acht maanden aan gewerkt. Mozart kon het in minder dan één maand. Maar dat is nu niet meer mogelijk. Hij kon op vaste vormen terugvallen. Er bestond een Zeitstil en in die heersende stijl componeerde hij beter dan alle anderen. Dat is meetbaar. Hij was doodeenvoudig origineler en inventiever. Ik vind Mozart de belangrijkste componist die er bestaat, omdat hij in staat was zijn individualiteit uit te drukken op een moment in de geschiedenis dat individualiteit helemaal geen onderwerp was. En op een autobiografischer niveau, omdat ik op mijn tiende Don Giovanni hoorde, en toen dacht: Zoiets wil ik ook doen. Door Mozart ben ik componist geworden.''

Was het niet doodeng om recitatieven te schrijven voor een opera van de grote, geniale Mozart?

''Ik vond het vooral een eervolle opdracht. Ze zijn bij mij terechtgekomen omdat ik operacomponist ben en bijvoorbeeld ook al concertaria's van Mozart voor Gran partita-bezetting heb gemaakt.''

''Maar voor alle duidelijkheid: ik heb geen nieuwe recitatieven geschreven, want voor stilistische kopieën voelde ik niks. Ik heb nieuwe muziek op de bestaande teksten geschreven, en gebruikgemaakt van het volledige Mozartorkest. De teksten zijn gezet in mijn eigen idioom, dus de melodieën zijn niet tonaal, maar wel betrokken op een centrale toon - ik weet niet hoe ik het moet noemen.''

Wat vindt u van de recitatieven die men aan Süssmayr toeschrijft?

''Ik vind ze eerlijk gezegd zo slecht nog niet. Ze functioneerden goed. Weliswaar vlakken ze de emotionaliteit van de teksten wat af, maar dat gaat mooi samen met de zeer edele muziek van Mozart.''

Wat was uw grootste zorg bij de vervulling van de opdracht?

''De zangers! Zangers in dit repertoire hebben doorgaans niet veel ervaring met eigentijdse muziek. Zoals ik wel had verwacht, stuitte mijn muziek in het begin op de nodige reserves, al schrijf ik, vergeleken met sommigen van mijn collega's, in geen enkel opzicht extreme muziek. Toch dachten bijvoorbeeld Charlotte Margiono en Jerry Hadley in het begin echt dat het niet zou gaan. Te moeilijk, te 'anders'. Maar het ging wel. Ze moesten er alleen in groeien.''

''Een andere zorg was dat ik een geloofwaardige overgang moest maken van Mozart naar Trojahn, en dat op een zeer hoog niveau. Dat is voor mij nieuw, want bij eigentijdse muziek bestaat er eigenlijk geen verwachtingsniveau. Dat kan ook niet, want het publiek hoort zo'n stuk voor het allereerst en kent de noten niet.''

Bent u voorbereid op de kritiek? Ik vermoed dat woorden als 'stijlbreuk' zullen gaan vallen.

''De stijlbreuk begint al bij Mozart en Süssmayr. En die breuk kan nooit meer worden gerepareerd. Bovendien leven we nu in een toestand van permamente stijlbreuk. Je ziet continu allerlei stijlen naast en door elkaar. We zijn niet anders gewend. In de muziek zijn we tegenwoordig, door de grote vlucht van de cd, voortdurend omringd door de gehele muziekgeschiedenis, van Monteverdi tot en met de Beatles. Ook daar kun je als componist niet omheen. Ik zou mezelf een eclecticus willen noemen. Iemand die gebruik maakt van het bestaande. En met Thomas Mann, Goethe, Richard Strauss, en ook Mozart, ben ik dan ik goed gezelschap, waar of niet?''

Erik Voermans
Het Parool · 02. Dezember 2002