Kalender

03. Mai 2003 · Amsterdam, Muziektheater

B.A. Zimmermann: Die Soldaten

De Nederlandse Opera, Nederlands Philharmonisch Orkest
Frode Olsen, Claudia Barainsky, Lani Poulson, Hebe Dijkstra, Michael Kraus, Anne Gjevang, Marek Gasztecki, Tom Randle, Eberhard F. Lorenz, Harry Peters, Jacek Strauch, Robert Bork, A. Grigorev, B. Galliford, T. Mierau, Isoldé Elchlepp, Christian Baumgärtel

Premiere

Pressestimmen

Durch dieses abstrahierende und ordnende Regiekonzept kommt die Musik bestens zur Geltung. Der nicht eben kleine Orchestergraben des Amsterdamer Muziektheater platzt aus allen Nähten (...) Dirigent Hartmut Haenchen ist in erster Linie gefragt, den Riesenapparat des Nederlands Philharmonisch Orkest zusammenzuhalten, und das gelingt ihm bravourös. Trotz mancher in ihrer Lautstärke fast schmerzhaften Klangballungen deckt er die Sänger nicht zu.

Fazit: eine brillante Aufführung unterstreicht die Azusnahgmestellung dieser Oper nicht nur in der Musikgeschcihte des 20. Jahrhunderts.

Stefan Schmöe
Online Musik Magazin · 22. Mai 2003
Netherlands Opera has scored a memorable success with Die Soldaten (...) what we see is basically the central Lenz story, leaving the orchestra to convey all the wider implications: wich is dose rescundingly, under Hartmut Haenchens direction. I´ve rarely seen an opera production so hypnotically unifled, pointed and telling. It is an experience. (5 Stars)

David Murray
Financial Times (GB) · 21. Mai 2003
(...) Le tout est placé sous la direction complice de Hartmut Haenchen, qui réussit à maintenir une certaine clarté dans la partition sans rien perdre de son côté paroxystique et obsessionel. (...)

Jean Lucas
Luxemburger Wort · 16. Mai 2003
Le tout sous le dircetion de Hartmut Haenchen qui réussie à maintenir une certaine clarté dans la partition (...)

Jean Lucas
La voix du Luxembourg · 15. Mai 2003
(...) So sinnlich-aufregendes modernes Musiktheater (...) Ähnlich Ereignishaftes geschah im Graben. Erstmals wurde diese Oper in ihrer gigantischen Besetzung live gegeben. Haenchen arbeitete das Traumhaft-Schöne bis Albtraumhaft-Mörderische der Partitur explizit heraus, gestaltete sie ungeahnt transparent. Das lässt einiges erwarten, wenn Haenchen mit dem Amsterdamer Orchester bei den diesjährigen Musikfestspielen gastiert.

Bernd Klempnow
Sächsische Zeitung · 13. Mai 2003
Hartmut Haenchen zeigt sich als mächtiger Meister der schwierigen Materie. Er peitscht die Niederländsiche Philharmonie in einer nie vorher gesehenen großen Besetzung zu einer waren Spitzenleistung auf. Eine ausgezeichnete Sängerbesetzung vervollständigt eine Produktion, die zeigt, daß Zimmermanns lange für unausführbar geltendes Werk, wenn es in gute Hände gelgt ist, vollauf die Möglichkeiten in sich trägt um zu einer angsteinjagendend eindrucksvollen Interpretation zu wachsen.

Matthijs Smits
Het Financieele Dagblad · 10. Mai 2003
Leipziger Volkszeitung · 06. Mai 2003
Das verkopfte Monstrum sägt unerbittlich am Gemüt

Auf den ersten Blick besteht kaum Grund, sich 16 Stunden der Bahn auszuliefern, um nach Amsterdam und zurück zu rollen. Denn Willy Deckers Regie von Bernd Alois Zimmermanns (1918-1970) Lenz-Oper "Die Soldaten" war 1995 und 1998 schon in Dresden zu sehen. Mit Erfolg: 21 meist ausverkaufte Vorstellungen erlebte die vielleicht wichtigste Oper der zweiten Jahrhunderthälfte hier. Aber mit Einschränkungen: Die ungeheuren Massen an Musikern, die der Komponist für sein Hauptwerk bemüht, waren in der Semperoper nicht unterzubringen, wurden von den Probebühnen zugespielt, kamen vom Band - hatten keinen Kontakt zum Dirigenten.
Das ist in Amsterdam anders. Das Haus ist so groß, so flexibel, dass hier alles geht. Hartmut Haenchen, der derzeit zwischen Dresden, wo er die bald beginnenden Musikfestspiele leitet, und Amsterdam pendelt, kann trotz alter Inszenierung auf eine Weltpremiere verweisen: "Diese Oper gibt es seit 40 Jahren - aber unsere ist die erste Produktion, bei der das ganze Orchester live spielt und mit einem Dirigenten auskommt."
Musikalisch gelingt ihm so ein Quantensprung, auch gegenüber der CD (Teldec). Bei diesen zweieinhalb Stunden ist kaum damit zu rechnen, dass auch nur annäherungsweise die Töne kommen, die die absurde Partitur verlangt. Haenchen bringt sie - und viel mehr. Er macht das polystilistische Monstrum sinnlich erfahrbar. Da wird Theatermusik, was als verkopftes Ungetüm verschrieen ist.
In Amsterdam sägt die trostlose Geschichte der Bürgertochter Marie, die als Soldatenliebchen unter die Räder kommt, unerbittlich am Gemüt. Weil Claudia Barainsky als Marie nicht gespreizte Intervalle über die Rampe keift, sondern auch in großen Septen Liebe, Angst, Hoffnung, Verzweiflung findet. Weil Isoldé Elchlepp als Gräfin aus Zwölftonreihen Menschlichkeit gebiert. Weil Frode Olsen (Wesener), Michael Kraus (Stolzius), Tom Randle (Desportes), ja fast alle Protagonisten dieser ungemein figurenreichen Oper sich zu einer Sternstunde versammeln. Dazu mag sie das Nederlands Philharmonisch Orkest inspirieren, das unter Haenchens präzisem, nicht verwaltenden, sondern gestaltenden Schlag zwischen betörender Zartheit und würgender Brutalität zu sensationeller Klasse aufläuft.
Deckers Inszenierung, die Zimmermanns multimediales Wollen auf das musiktheatralisch Notwendige verknappt und den Komponisten bisweilen vor seiner eigenen Plakativität schützt, ist unter der Aufsicht von Meisje Barbara Hummel bestens im Schuss. Die sprechenden Farbkontraste der Bühnenbilder (Wolfgang Gussmann) und Kostüme (Gussmann und Frauke Schernau) haben nichts von ihrem alptraumhaften Sog verloren.
Nach dem verstörenden Schluss ist erst die Stille, dann der Jubel grenzenlos. Und beim Premierenempfang diskutieren Amsterdamer und Gäste aus der ganzen Welt bis in die Nacht staunend darüber, was neue Musik bewirken kann, wenn sie nur gut gemacht wird.

Peter Korfmacher
Dresdner Neueste Nachrichten · 06. Mai 2003
(...) eine sehr denkwürdige Aufführung, in der das Äußerste von der Niederländsichen Philharmonie und ihrem Dirigenten verlangt wird. Das Amsterdamer Publikum schien dies zu begreifen, denn mehr als den übrigens vortrefflichen Solisten wurde vor allem Hartmut Haenchen am Ende herzlich zugejauchzt.

Henri Dorst
Metro · 06. Mai 2003
(...) Und unter der Leitung von Hartmut Haenchen bekommt die hyper-Komplexe Musik von diesem deutschen Komponisten eine Klarheit und Selbstverständlichkeit, die niemand für möglich hielt.

Aad van der Veen
Haagsche Courant · 06. Mai 2003
"Unausführbare" Oper Die Soldaten überwältigend gespielt mit Haenchen und Decker

Ein grausiges Requiem für die Welt

(...) eine der schockendsten und deprimierendsten Opern, die nach dem zweiten Weltkrieg geschrieben wurden (...) eine überwältigend eindringliche Inszenierung von Regisseur Willy Decker dieser früher als "unaufführbar" geltenden komplexen avantgardistischen Oper. Auch wegen der fantastischen vokalen und musikalischen Aufführung unter Leitung von Hartmut Haenchen ist Die Soldaten das Opernereignis der Saison (...)

Hartmut Haenchen dirigiert 27 Vokalsolisten, ein Regiment von 18 Offizieren (Sänger und Schlagzeuger), ein Orchester von 137 Musikern inklusive Jazzcombo, und 77 Statisten (...) Für denjenigen, der sich in den vergangenen Jahrzenhnten nicht vor moderner Musik verschlossen hat, ist Zimmermann selbst eine sentimentale Jugenderinnerung und ein Fest der Wiedererkennung, durch die Niederländische Philharmonie gespielt, als würde es selbstverständlich sein und keine einzige Mühe kosten, gleichzeitig glasklar und höllisch.

Kasper Jansen

Die Vorstellung wurde am 10.5. live Radio 4, 20.00-22.30 Uhr übertragen.
NRC Handelsblad · 05. Mai 2003
Haenchen triumphiert in der Schlacht mit den „Soldaten“
Es war ein Traum des Dirigenten Hartmut Haenchen, „Die Soldaten“ von Bernd Alois Zimmermann hier in Amsterdam auf die Bühne zu bringen. Im Amsterdamer Musiktheater ging dieser Traum am Samstagabend in Erfüllung und der eher nüchterne Haenchen wird, als der tumultartige Applaus losbrach Gefühle des Stolzes und der Dankbarkeit nur schwer unterdrückt haben können.

Das Publikum reagierte auf die in sich geschlossene, unzugängliche Oper als handelte es sich um „La Boheme“ oder um einen anderen Bestseller aus der Opernwelt. Die Niederländische Oper hat dann auch alles dafür getan, die Inszenierung der "Soldaten" zu einem echten Erfolg werden zu lassen.

Um den Wünschen des Dirigenten Haenchen zu entsprechen, stellte die Niederländische Oper ein neues Regieteam zusammen, mit diesem gelang es jedoch nicht, die „Soldaten“ auf die Bühne zu zaubern. Haenchen erinnerte sich an die Dresdener Aufführung der „Soldaten“ von Willy Decker und schlug eine Amsterdamer Wiederaufführung vor. Inzwischen hatte man jedoch diese Inszenierung aus dem Repertoire gestrichen, Kostüme und Bühnenbilder waren auf der Müllhalde gelandet. Daraufhin beschloss die Niederländische Oper eine vollständige Neuinszenierung der Dresdener Bühnenfassung. Decker überließ die Einstudierung seiner phänomenalen Regievariante der Opernregisseurin Meisje Hummel.
Es sind prachtvolle, bedrückende Bilder, die mit funkensprühenden Tönen aus dem Orchestergraben heraus begleitet werden. Die Niederländische Philharmonie, der eine Jazzcombo mit den unterschiedlichsten Schlagzeugsektionen - insgesamt 120 Musiker – zur Seite steht, donnert, rast, flutet und murmelt sich durch den Saal. Unglaublich, wie Haenchen dies alles unter Kontrolle hat. Lediglich eine verdeckt aufgestellte Dirigentin (Souffleuse) ist eine Hilfe für die Sänger.

Peter van der Lint
Trouw · 05. Mai 2003
Geharnischte Oper über den Schmerz, den man sich gegenseitig zufügen kann

Obwohl die unzähligen Interpreten und Agierenden der vertrackten Zimmermannschen Musik Stück für Stück gerecht werden, haben zwei Künstler eine wahr- und heldenhafte Meisterleistung vollbracht: Claudia Barainsky (Marie), die sowohl den gefühlvollen Ergüssen als auch den hysterischen Zickzackkoloraturen flamboyant Gestalt verleiht, und Dirigent Hartmut Heanchen, der das Nederlands Philharmonisch Orkest mit eiserner Konzentration und Disziplin durch die Noten lotst. Denn die treibende Kraft hinter dem Drama ist unbestreitbar Zimmermanns gehaltvolle Partitur, in der die aufrüttelnden orchestralen Entladungen hinter den Passagen mit feingeschliffenen, nunacierten Klangfarben zurückbleiben. Was jedoch nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass die Schlussszene, in der man von allen Seiten über Lautsprecher mit einer Collage aus Stiefelgestampfe, Motorengetöse und verzweifeltem Gebrüll bedrängt wird, seine Wirkung auf den Zuschauer - gleich einem Schlag ins Gesicht – nicht verfehlt.

Frits van der Waa
de Volkskrant · 05. Mai 2003
‘Die Soldaten’ schreien nach besserer Welt

Die Niederländische Philharmonie und der musikalische Leiter Hartmut Haenchen haben eine Hauptrolle in dieser spektakulären Vorstellung. Sonnabend wurden sie überschwänglich durch das Premierenpublikum im ausverkauften Muziektheater gefeiert.
Die Regie ist einzigartig fordernd und gebieterisch, lässt jedoch der Musik jeglichen Raum. Was Hartmut Haenchen hier nach einer mehr als doppelten Probenzeit (sieben anstelle von drei Wochen) mit dem Nederlands Philharmonisch Orkest zuwege bringt, grenzt an das Unglaubliche. Es ist, als ob keine technischen Probleme und Barrieren mehr existieren, als ob Zimmermann keine absurden Forderungen an die zwei großen und zwei kleinen Ensembles – wozu auch eine Jazzcombo gehört – gestellt hat. Alles scheint im Dienst einer scharfen Charakterzeichnung und einer einer überwätigenden Expression zu stehen, sehr spektakulär und dennoch vom Anfang bis zum Ende integer. (...) eine unvergleichliche Vorstellung.

Eddie Vetter
De Telegraaf · 05. Mai 2003
Dirigent Hartmut Haenchen, der für diese Produktionen einen Monat extra Probenzeit benötigte, bewieß an diesem Abend wieder unzweideutig, daß er ein Fachmann und Musiker von großem Format ist. Er kontrolliert den sehr erweiterten Musikapparat mit großer Präzision und weiß daneben auch noch zu inspirieren. Fürwahr, ein gewonnene musikalische Feldschlacht.

Rinus Groot
Haarlems Dagblad · 05. Mai 2003