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27. Mai 2000 · Dresden, Semperoper

J.A. Hasse: Fuga & Grave g-moll; J.A. Hasse: Arie aus Cleofide; W.F. Bach: Suite g-moll; J.S. Bach: Kantate Nr. 51; D. Schostakowitsch: Kammersinfonie Op. 110a

Kammerorchester C.Ph.E. Bach
Matthias Schmutzler (Trompete), Ofelia Sala (Sopran)

Eröffnungskonzert
DMF Dresdner Abend

Pressestimmen

Kammerorchester unter Hartmut Haenchen begeisterte

Der Dresdner Hartmut Haenchen, der seit Jahren in Amsterdam mehrere Chefstellen inne hat, und das Berliner Kammerorchester "Carl Philipp Emanuel Bach" musizierten am Sonnabend in der Semperoper mit blühendem und voluminösen, beinahe opulentem Klang.

Er lässt das Orchester ohne merkbare Distanz spielen und die schweren Taktteile und die dissonanten Vorhalte deutlich betonen. Dadurch bekommt auch die Musik Hasses und Bachs intensive Vitalität. Die Affekte der alten Musik werden so zum Sentiment, nicht aber zum Sentimalität. Die Leistungen in diesem Konzert waren beeindruckend. Kleine Besetzungen machen Ungenauigkeiten sofort hörbar, aber es gab bei den Berlinern nichts, was man als ungenau oder gar falsch bezeichnen müsste.

Am Ende stand Schostakowitschs Kammersinfonie op. 110 a in einer packend dichten und leidenschaftlichen Interpretation.

Peter Zacher
Sächsische Zeitung · 29. Mai 2000
Farbenfroh glitzernde Kammermusik-Edelsteine

Einer der ersten Sterne am Festspiel-Himmel erstrahlte am Sonnabend in einer Matinee in der Semperoper. Das Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach unter der Leitung von Hartmut Haenchen präsentierte eine einzigartige Auswahl kammermusikalischer Raritäten. Wilhelm Friedemann Bachs Suite g-Moll eröffnete das Konzert in jugendlicher Frische und mit prickelndem Esprit.

In Hasses Fuga & Grave g-Moll zeigte das Kammerorchester größtmögliche Transparenz und verdeutlichte somit hervorragend die Komplexität dieses Werkes.

Jana Friedrich
Dresdner Neueste Nachrichten · 29. Mai 2000
Nach eigenem Bekenntnis setzt der Dirigent Hartmut Haenchen bei der Interpretation von Musik der "Vorklassik" vor allem auf unmittelbare Verständlichkeit, fundiert durch historisches Studium, aber nicht auf Puritismus und Dogmatik. Man findet im Chefdirigenten des Kammerorchesters Carl Philipp Emanuel Bach einen energischen Mit-Streiter gegen den Dünkel neuer musikalischer Ressentiments.

Das Programm des Konzertes am Freitagabend im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie machte deshalb nur sparsame Konzessionen an den Publikumsgeschmack.

Musikalisch überzeugten Haenchen und das Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach bei allen Werken durch größte Sorgfalt im Detail.

Jan Brachmann
Berliner Zeitung · 29. Mai 2000
Mit modernen Instrumenten, aber orientiert an der "historischen Aufführungspraxis", spielten die Musiker ein Prachtstück des Dresdner Hofkapellmeister Johann Adolf Hasse: Fuga und Grave g-moll. Wunderbar transparent gestalteten sie die schwungvolle Fuge - mit einer bis ins Detail ausgeklügelten Artikulation.

Mit dem Konzert ging der Jubiläumssaison zum 30-jähriges Bestehen des Ensembles zu Ende.

Die fünf Konzerte der nächsten Saison beschäftigen sich jeweils mit einem Thema. Unter "Sturm und Drang" fasst das Orchester Werke von Rameau, Haydn und Gluck zusammen. "Vergänglichkeit" kombiniert Schostakowitschs Requiem mit den Metamorphosen von Richard Strauss. Ein Programm mit konzertanten Sinfonien, ein Mozart-Abend und das traditionellen Weihnachtskonzert runden die Saison ab.

Martina Helmig
Berliner Morgenpost · 28. Mai 2000
Balance zwischen Technik und Inhalt

Auf die Frage, ob er, wie im Bachjahr üblich, mit einem literarisch oder wenigstens journalistisch verwertbaren Bekenntnis zu Bach aufwarten könne, antwortete Hartmut Haenchen: Nein. Derartiges ist freilich ernsthaft nicht zu erwarten von einem, der sich aus wohlbegründeter Haltung generellen Trends tunlichst entzieht.

Das Programm seines Dresdner Gastspiels mit Ofelia Sala und Mathias Schmutzler hat Haenchen beziehungsreich, aber ohne vordergründige Anpassung gewählt: Werke von Hasse und Schostakowitsch repräsentieren die glänzendste Epoche Dresdner Musikgechichte und die Reflexion über ihren tragischen Untergang bei der Zerstörung der Stadt und berühren damit ein Thema, das in seiner transzendenten Aussage auch Gegenstand von Leonard Bernsteins "Mass" ist.

A. W.
Sächsische Zeitung · 13. Mai 2000
Es gibt nicht sehr viele Dirigenten, die einem Orchester nicht nur lange Jahre fest verbunden bleiben, sondern dies auf eine Weise tun, die von einer fast ausschließlich zu nennen Intensität ist. Hartmut Haenchen ist einer von ihnen, und man ist zu glauben geneigt, dass er womöglich der letzte Verfechter einer Arbeitsfassung sei, deren Erinnerung in Dresden gerade noch aus längst vergangener, legendärer Ära der Musik zu uns herüberklingt. Es ist eine Haltung, die den Ehrgeiz in die Tiefe lenkt statt auf den spektakulären Erfolg, und Erfolg heißt nicht nur eine Liste von Gastspielen in bedeutenden Musikzentren. Die allerdings kann Hartmut Haenchen auch vorweisen.

Die Liste seines Repertoires liest sich wie ein Exkurs durch drei Jahrhunderte europäischer Musikgeschichte.

Haenchens Arbeitsinstrumentarium allerdings ist so zeitgemäß wie nur möglich. Das trifft nicht zuletzt auch auf seine Arbeit mit dem 1969 gegründeten Berliner Kammerorchester "Carl Philipp Emanuel Bach" zu, dessen Dirigent und Künstlerischer Leiter er seit 1985 ist. Intensive textkritische Erarbeitung der Partiture, Quellen- und Literaturstudien sind die wissenschaftliche Basis für die Virtuosität und dramatische Lebendigkeit seiner stilsicheren Interpretationen.

Simple Entsprechungen sind Haenchens Sache nicht. Und so hat er für die Musikfestspiele neben Bachs Kantate "Jauchzet Gott in allen Landen" BWV 51 Werke von Hasse und Dimitri Schostakowitschs mit Dresden verbundene Kammersinfonie op. 110 a aufs Programm gesetzt.

A. W.
Dresdner Neueste Nachrichten · 11. Mai 2000