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02. Oktober 2006 · München, Gasteig, 20:00 Uhr

F. Mendelssohn: Sinfonie Nr. 5 "Reformation"; F. Schubert: 5. Messe As-Dur D 678

Münchner Philharmoniker
Philharmonischer Chor München, Alexandra Coku (Sopran), Monica Groop (Mezzo), Christian Elsner (Tenor), Michael Volle (Bass)

Pressestimmen

Süddeutsche Zeitung, 4.10.2006

MUSIKFEST
Die Philharmoniker begeistern unter Hartmut Haenchen

Felix Mendelssohn Bartholdys „Reformations“-Symphonie aus dem Jahr 1829, danach Schuberts große „Missa Solemnis“ in As-Dur von 1822 – programmatischer und ökumenischer kann ein Konzert kaum sein. Doch Hartmut Haenchen strebte bei seinem ersten Konzert mit den Münchner Philharmonikern im Gasteig nicht das Naheliegende an: Mendelssohns luzide Dramatik und Schuberts subtiles Pathos einander anzunähern. Stattdessen wirkte die Mendelssohn-Symphonie, als wäre sie auf Originalinstrumenten gespielt, sehnig gespannt, vibratoarm und plastisch artikuliert in den Streichern, pointiert in den Bläsern – „sprechend“ musiziert. Das machte aus dem Scherzo ein heiteres Intermezzo und nahm wundersamerweise jeder Steigerung und selbst der Choralvariation des Finales alles unnötige Gewicht.
Schuberts große, feierliche Messe dagegen war ganz aus dem Geist Beethovens und noch mehr Bruckners musiziert, mit einem groß besetzten Philharmonischen Chor, einer akustisch stets präsenten Orgel und Klangballungen, die Schuberts Melos ins Überdimensionale steigerten. Seine harmonischen Kühnheiten wurden üppig garniert und auf einem Silbertablett präsentiert. Das soll keineswegs heißen, der exzellente Chor hätte nicht piano singen dürfen, aber die Artikulation- und Ausdrucksintensität, die von ihm gefordert wurde, und das gleichsam eigenständige Musizieren, das den Solisten Alexandra Coku, Monica Groop, Christian Elsner und Michael Volle gestattet wurde, war doch außergewöhnlich. Und auch das Orchester konnte ungebremst aus sich herausgehen, entfaltete Bläser- und Streicherglanz fast ein bisschen zu grandios. Daran musste man sich nach der ersten Hälfte und ihrem schlanken, ebenso strengen wie leichtfüßigen Musizieren zwar erst gewöhnen, aber der Wirkung von Franz Schuberts großartiger Messe tat das keinen Abbruch, auch nicht dem Wunsch, Hartmut Haenchen öfter am Pult der Philharmoniker zu erleben.
Klaus Kalchschmid
Süddeutsche Zeitung · 04. Oktober 2006
Hartmut Haenchen und die Philharmoniker

Im Gasteig präsentierten die Philharmoniker ein Programm abseits des Mainstream, unspektakulär, aber heikel. Schließlich gehört die „Reformations“-Symphonie von Mendelssohn nicht unbedingt zu den Meisterwerken romantischer Orchesterliteratur. Und auch Schuberts As-Dur Messe kann daneben gehen: In ihrer Mischung aus Klangexperimenten und religiösem Pathos ist sie alles andere als leicht aufzuführen.
Der Dresdner Gastdirigent Hartmut Haenchen tat bei Mendelssohn das einzig Richtige. Dramatik statt erhobener Zeigefinger – das Rezept stimmte. ... (zu Schubert:) Das Ergebnis konnte sich hören lassen. Chor und Orchester umschifften souverän alle Klippen. Der Dirigent achtete darauf, jegliche frömmelnde Attitüde zu vermeiden. Und die Solisten (Alexandra Coku, Monica Groop, Christian Elsner, Michael Volle) hüteten sich vor opernhafter Theatralik. Der Einsatz lohnte sich. Selten hat man die Schönheiten dieses oft unterschätzten Meisterwerkes so eindringlich vernommen wie diesmal.
Volker Boser
Münchner Abendzeitung · 04. Oktober 2006
Bodenhaftung
Philharmoniker mit Hartmut Haenchen

...und doch lässt sich auch diesem posthum publizierten Werk (Reformations-Sinfonie) ein gewisser Reiz nicht absprechen. Beim Debut am Pult der Münchner Philharmoniker versuchte Hartmut Haenchen erst gar nicht, eventuell vorhandene Unebenheiten zu leugnen, sondern nahm die Partitur so, wie sie ist. Klar als Zitate erkennbar blieben die eingeflochtenen musikalischen Anleihen – vom „Dresdner Amen“ bis hin zum Luther-Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“-, denen der Dirigent mit sorgsam gedehnten Tempi besonderen Nachdruck verlieh.
Trotz religiöser Thematik verlor Haenchen dabei jedoch nie an Bodenhaftung, und bot eine gewissermaßen säkularisierte Annäherung an das Werk.....
Tobias Hell
Münchner Merkur · 04. Oktober 2006