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www.klassik-heute.com, 17. Juni 2013
Prunkvolle Hochzeitsfeiern gehörten seit eh und je zum festen Bestandteil königlicher oder fürstlicher Höfe: der Glanz diente zur Machtpräsentation, und darum wetteiferten ja alle Herrschaften. Die Feierlichkeiten in Dresden um die Vermählung von Friedrich August II. von Sachsen und Erzherzogin Maria Josepha von Hohenzollern im September 1719 gehören wohl zu den spektakulärsten dieser Ereignisse: es wurden mehrere Opern, Schauspiele, Ballette, aber auch Kämpfe mit wilden Tieren im Zwinger, Pferdeballett und verschiedene Jagden dargeboten – man kann nur hoffen, dass das frisch vermählte Ehepaar wenigstens ein paar Stunden für seine Hochzeitsnacht mühsam ergattern konnte...
Die musikalische Ausstattung war mehr als üppig – wo findet man heute Feierlichkeiten, bei denen 64 Trompeten, 8 Paukenisten, 32 Oboisten usw. auftreten? Einer der Höhepunkte des ausgedehnten Festes war dabei zweifellos die Aufführung der Komposition La Gara degli Dei (Der Wettstreit der Götter) von Johann David Heinichen: in diesem wahrhaft entzückenden Werk streiten die antiken Götter darum, wer mit welcher vokalen und instrumentalen Kunst das beste Lob füür das Brautpaar darzustellen vermöchte. Dabei bedient sich Heinichen geistreich jener musikalischen Charaktere, die am besten zu den einzelnen Göttern passen: Venus singt betörend verführerisch (Arie „A ignoto sposo in braccio", tr. 10), die Sonne zeigt sich mal vital (tr. 4), mal elegant-graziös (tr. 14), in der Arie „Di mia mano" von Jupiter dürfen natürlich die herrlich schmetternden Hörner nicht fehlen. Die vorliegende Aufnahme basiert auf dem Live-Mitschnitt eines Konzertes am 23. November 2003 aus dem Berliner Konzerthaus; sie erschien anläßlich des 70. Geburtstages von Hartmut Haenchen erst jetzt, also fast zehn Jahre später. Es ist – wie oft bei Hartmut Haenchens Einspielungen – ein wahrer Genuß anzuhören, wie der Dirigent eine ungemein facettenreiche Klangpalette entfaltet und dabei stets auf sorgfältig ausgewogene Klangproportionen zwischen Sängern und Orchester achtet. Bei einer Live-Aufführung sind freilich winzige Unstimmigkeiten vor allem in den ansonsten souverän gemeisterten vokalen Partien nicht zu vermeiden, doch dies schmälert nicht den herausragenden Gesamteindruck, zumal das Orchester wieder einmal eine exzellente, lebhafte und akzentfreudige Leistung bietet. Gratulation, Hartmut Haenchen!
Èva Pintér