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www.kultur-online.net, 26. Juni 2013
Den wettstreitenden Göttern sei Dank!

Es muß schon eine geräumige Kammer sein, in der dieses Kammerorchester aufspielen kann, und die optimalerweise zusätzlich für ausreichend Publikum Platz bietet, denn 27 Köpfe und ebenso viele Instrumente zählt das Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach, bei dieser Aufnahme, die ich heute vorstelle. Ebenso viele wie einst bei der Uraufführung von «La Gara degli Dei» («Der Wettstreit der Götter»).
Johann David Heinichen komponierte jenes Werk zur Vermählung Friedrich August II von Sachsen mit der Österreicherin Maria Josepha. Beinahe den ganzen Monat September des Jahres 1719 wurde diese Hochzeit in Dresden gefeiert. Es wurden mehrere Opern, Schauspiele, Ballette, sogar Kämpfe mit wilden Tieren dargeboten. Selbst ein Pferdeballett wurde auf viele Beine gestellt. Das Bühnenbild für Heinichens «Wettstreit der Götter» war bombastisch. Die riesige Kulisse war eigens für diesen Anlaß am Elbufer errichtet worden. Die Solisten schwebten zunächst in einer Wolke, die dann durch eine Maschine herabbewegt wurde, über dem Orchester. Heinichens Aufführung war der Höhepunkt dieser Feier. Er hatte seine Sache gut gemacht, sehr gut sogar, denn sein Gehalt wurde nach dieser Hochzeit verfünffacht!
Auf einer Wolke schwebend, fühlen sich nun, beinahe dreihundert Jahre später, viele Klassikliebhaber, denn zum ersten Male erschien «La Gara degli Die» auf einem (nun ja, ich denke, die Auflage wird schon höher sein) Tonträger. Anlässlich des 70. Geburtstages des Dirigenten Hartmut Haenchen (geb. am 21. März 1943 in Dresden!) veröffentlichte EDEL (auf Berlin Classics) den Live-Mitschnitt eines Konzertes aus dem Konzerthaus Berlin (2003). Haenchen ließ es sich nicht nehmen, und es beabsichtigte im Übrigen auch niemand, die begleitenden Texte im Booklet selbst zu verfassen. So findet sich im Beiheft der CD eine Werkeinführung, Interessantes über die Zusammenarbeit mit seinem Kammerorchester sowie die Gesangtexte mit Erläuterungen des Dirigenten.
Im April jährte sich der Geburtstag des Komponisten Johann David Heinichen zum 330. Mal. Es ist bedauerlich, daß zu diesem Anlaß nicht mehr von ihm zu hören gewesen ist. Nicht einmal in meinen Harenberg Komponistenlexikon ist er zu finden, der Gute, der ausgesprochen gute Komponist! Ein Grund mehr Hartmut Haenchen, dem Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach, der Venus (Alexandra Coku, Sopran), dem Merkur (Carola Höhn, Sopran), der Sonne (Katharina Cammerloher, Mezzosopran), dem Mars (Annette Markert, Alt), dem Saturn (Ralph Eschrig, Tenor), dem Jupiter (Olaf Bär, Bariton) und Diana (Simone Nold, Sopran) zu danken. Ein fünffacher Applaus und 25hundert ClassiCüße für diese außergewöhnliche und musikalisch herausragende Aufnahme!
Rosemarie Schmitt