CDs / DVDs

www. klassik.com, 31. März 2014
Interpretation: 5 Sterne

Bach, Carl Philipp Emanuel: Berlin Symphonies
In bestem Licht

Wie der Name schon andeutet, bildet ein Spezialgebiet des Kammerorchesters Carl Philipp Emanuel
Bach die Musik seines Namenspatrons. 1982 mit der Berufung Hartmut Haenchens als künstlerischer
Leiter erfolgte erst die eigentliche Repertoirefokussierung, da das Orchester zuvor einen Schwerpunkt
auf die Interpretation von zeitgenössischer Musik gelegt hatte. Haenchen richtete das Ensemble, das
sich aus Musikern verschiedener Berliner Spitzenensemble zusammensetzt, neu aus und entwickelte
es zu einem Spezialisten für das Repertoire des 18. Jahrhunderts um C. P. E. Bachs Musik.
Zahlreiche brillante Einspielungen von Bachs Werken, zum Teil zum ersten Mal aufgenommen, zeugen
von dieser erfolgreichen Arbeit; so auch die vorliegende Veröffentlichung von fünf der sogenannten
Berliner Symphonien. Brilliant Classic präsentiert eine Aufnahme aus dem Jahr 1985, die in der
Berliner Christuskirche eingespielt wurde, nun in einer Neuauflage. Trotz des Alters von mehr als 25
Jahren ist die Interpretation des Kammerorchesters unter Haenchens Leitung aber immer noch
brandaktuell
und bildet die fünf Symphonien Bachs in bestem Licht ab.
Die Einspielung bietet nämlich in 53 Minuten vom feurigen 'Prestissimo' der ersten Symphonie in Es-
Dur Wq 179, über das düstere 'Andante' der Symphonie in F-Dur Wq 175 bis hin zum tänzerischen
'Allegro' der abschließenden Symphonie in e-Moll Wq 178 verschiedenste musikalische Facetten, die
Bachs symphonische Kompositionen so abwechslungsreich und interessant machen. Diese
musikalischen Kontraste werden auch im Beihefttext beleuchtet, jedoch nur in Ansätzen, da Brilliant
Classic nur ein reduziertes Heft mitliefert. Darin ist zwar ein informativer, aber kurzer Text zu den
Werken abgedruckt, doch fehlen jegliche Informationen zu Orchester und Dirigent. Und gerade über
die Musiker wäre es wünschenswert, Näheres zu erfahren, sind es ja schließlich sie, die Bachs
Symphonien so fantastisch in Szene zu setzen verstehen.
Das Kammerorchester wird den unterschiedlichen Anforderungen vollauf gerecht und wechselt
spielerisch von langsamem, getragenem Legato in rasende Allegro-Läufe oder prasselnde Staccato-
Bewegungen. Besonders beeindruckend sind zudem die Dynamikabstufungen und -kontraste
gestaltet, die die immense Ausdrucksvielfalt der Werke meisterhaft hervorkehren.
Das wird zusätzlich
verstärkt durch die durchdachte Tempowahl und -gestaltung. So erzeugen die Musiker beispielsweise
durch eine homogene, kontinuierliche Veränderung des Tempos einen effektvollen, sanften Übergang
vom aufbrausenden, wilden ersten Satz der Symphonie in Es-Dur zum ruhigen, fast zerbrechlich
wirkenden kantablen 'Larghetto'. Eine große Balance ist dem Ensemble dabei zu eigen; die Musiker
gehen meisterhaft aufeinander ein, ergänzen und unterstützen sich, woraus ein homogener,
durchsichtiger Orchesterklang
resultiert. So wird das 'Allegro' der Symphonie in F-Dur Wq 181 vor
allem durch das brillant gespielte Frage-Antwort-Spiel zwischen Ober- und Unterstimmen wirkungsvoll
gestaltet: Legen die tiefen Stimmen mit dem dahinfegenden Triolenmotiv ein starkes Fundament, so
geben die oberen Streicher und Bläser stets die passende Antwort mit ihren feinen, virtuosen auf- und
absteigenden Läufen. Sowohl Tempo und Lautstärke als auch Präzision und Zusammenspiel sind
beeindruckend und verleihen der Einspielung Charme und Faszinationskraft.

Die Veröffentlichung bei Brilliant Classic lohnt sich also, obwohl es sich um eine ältere Aufnahme
handelt. Wer sich von Bachs Berliner Symphonien hinreißen lassen möchte, ohne tiefergehende
Hintergrundinformationen zu den ausführenden Künstlern, der Einspielung an sich oder auch den
Werken zu benötigen, dem ist die vorliegende CD nur zu empfehlen. Eine Wiedergabe auf höchstem
Niveau
ist mit Sicherheit gewährleistet.
Heike Nasritdinova
© 1994-2013 klassik.com, eMusici GmbH