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Die Zeit, 13. Oktober 1989
... die in diesem Falle mit Countertenor besetzte Titelpartie des Orfeo Glucks (italienischer) Partitur optimal. Jochen Kowalski, DDR Star jenes Ausnahmefaches, bot für das deutsch deutsche Gemeinschaftsprojekt eine ideale Möglichkeit.
...Was indes der auch technisch befriedigenden Einspielung über die quasi "Originalbesetzung" der Wiener Uraufführung hinaus maßgebliches Kolorit verleiht, ist, neben dem exzellenten Chor, der von Hartmut Haenchen mit profunder Kennerschaft betreute Instrumentalapparat. Die bis ins Detail wirkende Klangbelebung erfährt der Hörer bereits im Aufriß der festlichen Ouvertüre. Der Komponist hatte das Stück als in absoluter Musik konzipierte Hochzeitsfeier verstanden, während Raniero de Calzabigi, der Librettist dieser azione vorenthalten hatte. Würde und Größe von Glucks populärer Reformoper vermittelt der Dirigent im Sinne der nicht weniger reformerischen "Klangrede" Nikolaus Harnoncourts, die, ohne "Originalinstrumenten" Mode, längst auch aufs DDRTerritorium übergegriffen hat: unprätentiös, vital in der melodisch dramatischen Nachzeichnung, locker und treffsicher musiziert auch im Anhang der (Pariser) Balletteinlagen. Philologisch und künstlerisch ein gründlich erarbeitetes Produkt, das mit dem Rückgriff auf Glucks weitgefaßte Spieltechnik (wie etwa das Vibrato) und Klangfarbenakzentuierung einen neuen interpretatorischen Standort erkennen läßt.
Peter Fuhrmann
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