CDs / DVDs

Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 16. Januar 2004
Meissner Gotteslob als politisches Ereignis

Das "Tedeum" von Hufschmidt und Grass

Es ist ein Dokument aus bewegter deutsch-deutscher Zeit: Das "Meissner Tedeum"
des in Essen lebenden Komponisten Wolfgang Hufschmidt und des Dichterfürsten Günter Grass liegt nun als CD-Dokumentation vor.
Es handelt sich um ein Auftragswerk zur Tausendjahrfeier des Meissner Doms. Und der stand im Jahre 1968 in der Deutschen Demokratischen Republik. Der Komponist Wolfgang Hufschmidt - jüngst auch bekannt geworden durch den viel beachteten "Brüder"-Film - kombinierte das "Tedeum Laudamus" im deutschen Text Martin Luthers mit einem antiphonischen Text von Günter Grass, der wirklich an kritischer Grundhaltung nichts zu wünschen übrig lässt. Da wird Militarismus
ebenso gegeißelt wie die Partei, die das Recht für sich gepachtet hat Die 60er Jahre eben.

Die Uraufführung wurde zum Hürdenlauf mit vielen Widrigkeiten: Dem gebürtigen Mülheimer Hufschmidt, auch als Rektor der Essener Folkwang-Hochschule eine Größe, wurde zunächst die Einreise in die DDR verweigert. Dann erlaubte Ostberlin doch noch den Aufenthalt. Vom Plakat der Uraufführung musste allerdings
der Name "Gewandhausorchester" getilgt werden. Und: Die Musikkritik hatte zu schweigen. So ist das in Diktaturen nun einmal.

Beim verdienstvollen Label "Cybele" ist nun das "Meissner Tedeum" erschienen, das Sopran, Chor, Orchester nebst Orgel der Besetzung Bariton, Vokalensemble, Bläserquintett, Klavier, Schlagzeug und Tonband gegenüberstellt. Die Idee des Antiphonischen greift auf ein altes kirchenmusikalisches Prinzip zurück. Avantgarde bedeutet hier keineswegs den Verzicht auf große
Ausdruckskraft. Die musikalischen Mittel sind sehr differenziert.

Das Werk gibt's gleich doppelt. Zum einen (nur auf SACD-Player abspielbar) als
Mitschnitt der Uraufführung, zum anderen als Spiegel der Wiederaufführung im Dom zu Meissen am 3. Oktober 1997. Diese Aufführung war auch in Essen zu erleben.

Kurios: Bei der Uraufführung sang Hartmut Haenchen die Bariton-Partie, bei der
Wiederaufführung stand der Dirigent, der jetzt in Essen Bruckners "Achte" dirigieren wird, am Pult des Orchesters.

Michael Stenger
Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 22. Oktober 1997
Wie Hartmut Haenchen die Ausführenden der Folkwanghochschule zu konzentrierter Höchstleistung führte, war schlicht ein Meisterstück.

Michael Stenger
Sächsische Zeitung, 06. Oktober 1997
Mit Chor, Orchester und Solisten der Folkwang-Hochschuke Essen unter Hartmut Haenchen war ein hochgradig motiviertes Ensemble zu erleben. Die jungen Musiker meisterten die schwierige Aufgabe beeindruckend, und Haenchen gestaltete mit großer Tiefe des sperrige Werk zu einem spannungsvollen Erlebnis.

Jens Daniel Schubert
Dresdner Neueste Nachrichten, 06. Oktober 1997
Beeindruckend wiederaufgeführt: das Meißner Te Deum

Die enorm gespannte Musiksprache setzte Haenchen mit der nötigen Leidenschaft und Übersicht ausgezeichnet um. Sein Vorbild stimulierte alle Mitwirkenden zu an die Grenzen der Möglichkeiten gehenden Leistungen.

Gerhard Böhm