Kammerorchester

Dresdner Neueste Nachrichten, 17. Mai 2005
Dreimal Jubel in der Semperoper

Mit stehenden Ovationen für die drei Konzerte in der Semperoper konnten die Dresdner Musikfestspiele am Eröffnungswochenende einen glänzenden Erfolg verbuchen. (...)

Peter Rösel als"Carte-blanche"-Künstler

Für den ersten Programmschwerpunkt zeichnete der Pianist Peter Rösel verantwortlich, als renommierte Dresdner Musikerpersönlichkeit einer der diesjährigen "Carte-blanche"-Künstler des Festivals. Rösel, der im vergangenen Februar seinen 60. Geburtstag feierte, absolviert sein ehrgeiziges Projekt einer Gesamtaufführung der Beethovenschen Klavierkonzerte (inklusive Rondo WoO6) mit pianistischer Bravour (...). Unter anderem manuelle Meisterschaft und eine uneitle Bühnenpräsenz sind die Tugenden dieses Pianisten, der, begleitet vom charakteristischen Mahlen seiner markigen Kieferknochen, schnörkellos musikalische Strukturen durchdringt. Darüber hinaus ein klar konturierter Ton, der auch in den Innenansichten der Mittelsätze emotional stets kontrolliert bleibt.

Am stringentesten wirkt dieser Zugriff in der großen Geste der Eckkonzerte Nr. 1, 3 und 5, weniger glücklich im an Mozart geschulten B-Dur von op. 19 (bei Peter Rösel chronologisch richtig an den Anfang gerückt). Auch im farbenreichen G-Dur-Konzert op. 58 darf Peter Rösels strenges Klangkorsett nur selten aufbrechen; zu beiläufig gehen Beethovens visionäre Andeutungen wieder im konventionellen Kontext auf.

Nicht nur pianistisch überzeugender geriet das zweite Konzert am Sonntag, das mit dem heroischen Grundton der Klavierkonzerte op. 37 und op. 73 Peter Rösels Ansatz mehr entgegenkam. Von getrillerten Salven des Kopfsatzes bis zur exakt dosierten Innerlichkeit im Largo entwickelt Rösel das c-Moll-Konzert ganz aus der Perspektive kontrollierter Emotionalität; aber auch die sinfonisch gedachte Majestät des letzten Klavierkonzerts gewinnt durch seine pianistische Klarheit.

Einen reizvollen Kontrapunkt lieferte die Kioi Sinfonietta Tokyo, die sich als "Orchester in residence" - eine Festspiel-Neuerung seit dieser Saison - unter zwei verschiedenen Dirigenten profilieren konnte. Während Intendant Hartmut Haenchen am Sonnabend einen zupackend-direkten Beethoven dirigierte, inspirierte am Folgetag Hiroshi Wakasugi den japanischen Klangkörper zu einer bejubelten, farbenreichen Interpretation, die Rösels strenge Lesart auf subtile Weise grundierte.

Julia Waldstein