Kammerorchester

Der Merker, 29. Mai 2018
..."Als dann endlich die Musik zu Wort kommt, sorgt Hartmut Haenchen für Erlösung: Der „Dirigent des Jahres 2017“ animiert in der von ihm rekonstruierten Sinfonia zu „Il re pastore“ (KV 208/102) die Camerata Salzburg nach einem kräftigen Auftakt-Dreiklang zu einem flüssigen Crescendo und markanten Piano-Forte-Kontrasten, stellt die spannungsvolle Harmonik in der Bassstimme heraus, lässt den Sechs-Achtel-Takt im Andantino luftig schwingen und gibt der Oboe Raum zu kantabler Entfaltung.

Mit einer solchen stark an die Oper angenäherten Rhetorik leuchtet Haenchen auch die harmonischen und kontrapunktischen Tiefenstrukturen der „Jupiter“-Sinfonie (KV 551) aus. Es geht ihm nicht um saftige Dramatik, obwohl er auch im Kopf- und im Finalsatz von Mozarts letzter Sinfonie dynamische Gegensätze schärft und Akzente pointiert. Die Intensität des Klangs und die unwirschen Reibungen rücken gerade den Finalsatz nahe an Beethoven. Aber er lässt, um im Bild zu bleiben, keine heftige Debatte führen, sondern das Gespräch der Stimmen entwickelt sich vernünftig, ohne aufwallende Hitze. „Nicht zu viel und zu wenig“, um es mit Mozart zu sagen.

Vernunft heißt in Haenchens Fall eben auch, genau zu artikulieren, keine Details zu verdecken, in belebter Agogik den Fluss der Musik flexibel und sprechend zu halten. Trompeten und Hörner zum Beispiel sind diskret genug, um sich in der heiklen Akustik des Saales nicht vorzudrängen. Im Andante betont er das „cantabile“ nicht zu sehr, lässt es nicht zu unbeschwert fließen. Die Camerata Salzburg folgt ihm mit Lust am Färben und Akzentuieren, nur bei den Streichern lässt für Momente die Phrasierungs-Konzentration nach. Der vierte Satz beginnt eher leicht als intensiv-fiebrig; Haenchen glättet nichts an den komplexen, ins Dissonante reichenden Verläufen, er mäntelt sie nicht in Eleganz ein, sondern stellt deutlich betont heraus, mit welcher gedanklichen Tiefe Mozart dieses Finale entworfen hat...."
Werner Häußner
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