Rhein-Neckar-Zeitung, 08. Mai 1989
Musikalischer Sturm und Drang
(...) Das Kammerorchester hat sich ganz einer stilgerechten Aufführung verschrieben. Man orientiert sich dabei am historischen Klang, an der Bogentechnik und Artikulation dieser Zeit und stützt sich ausschließlich auf historisch-kritisch gesicherte Notentexte. Diese akribische Forschungs- und Probenarbeit lohnt sich, denn auch ohne auf moderne Instrumente zu verzichten, präsentiert man die Werke in einem schlanken, transparenten Klang, wie man ihn sonst nur von Ensembles kennt, die auch alte Instrumente verwenden. Das vibratoarme Spiel der Streicher produziert feine, zarte Töne, welche auch die graziösen Verzierungen und Nuancen nicht im Streichereinheitsbrei untergehen läßt. Fast läßt sich die Stimme jedes einzelnen Instrumentes verfolgen, so präzise man auch zusammenspielt. Überhaupt die Orchesterkultur: Derart genau und diszipliniert, dabei voller Konzentration und Engagement, das machte schlichtweg staunen. Jedes einzelne Mitglied des Ensembles besticht durch herausragende solistische Fähigkeiten, die jedoch immer dem Ganzen gewidmet werden. Hartmut Haenchen dirigierte äußerst aufmerksam, aber nie angestrengt: Eink Wink mit dem Zeigefinger genügte für einen blitzsauberen Einsatz, heikle Pizzicato-Stellen bestachen durch Subtilität und Witz, ohne daß der Dirigent sich besonders darum kümmern mußte. Das Ensemble (...) musizierte so erregend, so sinnlich und frisch (...). Das Ensemble arbeitete die subjektiven Empfindungen der Kompositionen deutlich heraus, nein, man spürte ihnen nach und setzte sie lebendig um. (...)
Thomas Rothkegel
Die Rheinpfalz, 03. Mai 1989
Die Furien und die Seligen
(...) Carl Philipp Emanuel Bachs Sinfonie für zwei Oboen, zwei Hörner, Streicher und Basso continuo in Es-Dur (Wq 179) (...) begann mit einem unerhört temperamentvollen Prestissimo. Der junge, vitale, in besten Orchesterschulen erzogene Dirigent Hartmut Haenchen, seit 1986 Generalmusikdirektor der Niederländischen Oper Amsterdam und Chefdirigent des Nederlands Philharmonisch Orkest, ist eine imponierende Erscheinung am Pult und führt, last not least, die Werke des Namensgebers seines Orchesters als Musterbeispiele vor, die Spieler und Hörer gleichermaßen begeistern. Detailhaftes, Phrasierung und Artikulation, die sichere Wahl der Tempi, die klare Konzeption bei direktem Zugriff ergaben rundweg markante Interpretationen. (...)
Kurt Unold
Schwetzinger Zeitung, 02. Mai 1989
Herrliche Frische und geschmeidiger Ton
(...) Mit einer herrlichen Frische und geschmeidigen Tongebung hob das 20 Mann starke Kammerorchester zu dem Prestissimo der Sinfonie für zwei Oboen, zwei Hörner, Streicher und Basso continuo Es-Dur Wq 179 (...) an, blitzschnell wechselte die Dynamik vom leisen Pianissimo zum ausdrucksstarken Forte. Indem Hartmut Haenchen äußerst kurze Pausen zwischen den einzelnen Sätzen machte, hörte der sprudelnde Fluß der Musik nicht auf, sondern steigerte sich von Satz zu Satz. Selten hörte man in Schwetzingen solch einen reinen und sauberen Hörnerklang wie am vergangenen Sonntag. (...) Das Schwetzinger Festspielpublikum war kaum noch zu bremsen, so begeistert war es von diesem ersten Serenadenkonzert. (...)
nz