Kammerorchester

Stuttgarter Nachrichten, 14. Oktober 2004
Alte Dogmen über Bord geworfen

(...) Auch Hartmut Haenchen und sein Kammerorchester C.P.E. Bach haben das Problem erkannt. Beim Eröffnungsabend der Reihe "Konzertanter Querschnitt" schienen alle alten Dogmen über Bord geworfen. Zwar standen Geiger und Bratscher noch vor ihren Pulten, aber das Orchester setzte vibratoreiches, swingendes Spiel ohne puristische Artikulationsbemühungen für die Musik der Bach-Familie ein und hatte überdies die Simple Symphony von Britten ins Programm genommen. Hartmut Haenchen trieb seine Musiker mit großen Pultgesten aus dem Reservat der alten Musik (...).
Die Wiedergabe von Brittens Simple Symphony bestach durch Eleganz, feine Figuration und seliges Schluchzen in der Sarabande.

Erwin Schwarz
Berliner Zeitung, 11. Oktober 2004
Ich sagt sich hier nicht so leicht

Das Kammerorchester 'C.Ph.E. Bach' widmete sich Bach-Vater und Söhnen


Deutsche Komponisten, die zwischen 1750 und 1780 die öffentliche Diskussion um ihre Kunst in Gang bringen wollten, hatten vor allem ein Ziel: ihre "Ichheit in der Musik herauszutreiben", wie es der Theoretiker Christian Daniel Friedrich Schubart damals formulierte. (...)
Musiziert wurde das alles mit einer Brillanz der Artikulation, einer Zielstrebigkeit in der Phrasierung, dass es sich schwer vorstellen lässt, wie man diese Musik noch besser, farbiger, präziser aufführen könnte. (...) Zudem zahlt es sich aus, dass das Ensemble mit einem Dirigenten, seinem langjährigen Leiter Hartmut Haenchen, zusammenarbeitet. Andere Kammerorchester glauben, auf einen Dirigenten verzichten zu können und überlassen die Leitung der Aufführung dem Konzertmeister. Das ist der Präzision des Zusammenspiels, auch der Fasslichkeit musikalischer Darstellung nicht immer zuträglich. Haenchen hat am Sonnabend, besonders eindrucksvoll in der F-Dur-Sinfonie von Wilhelm Friedemann Bach und der 'Simple Symphony' von Benjamin Britten, bewiesen, dass die Erfindung des Dirigenten musikgeschichtlich keine ganz dumme Sache gewesen sein kann. Nicht nur waren die Stricharten exakt abgestimmt, auch die dynamischen Akzente wurden mit großer Entschiedenheit gesetzt. Damit hat die Musik viel an Plastizität, an innerer Leuchtkraft gewonnen.

Jan Brachmann