Opern

Tagesschau, 29. Juli 2016
.... "Ursprünglich sollte der designierte Gewandhauskapellmeister Andris Nelsons im Graben stehen. Bekanntermaßen sprang der vor drei Wochen ab, Hartmut Haenchen ein. Eine verdammt kurze Zeit, zumal Nelsons und Haenchen dirigentisch auf Augenhöhe stehen mögen - aber an entgegengesetzten Enden des ästhetischen Spektrums: Nelsons Musik erblüht aus dem Augenblick, die Wirkungsmacht von Haenchens Musizieren ist das Ergebnis der akribischen Durchdringung und Erforschung.
Er muss also hart ins Steuer gegriffen haben, um den Festspieldampfer auf seinen Kurs zu bringen. Und es grenzt an ein Karfreitags-Wunder, dass davon fast nichts zu hören ist. Von der ersten Linie des Vorspiels an ist er da, der manipulative Zauber der „Parsifal“-Musik, die Aura, die dieser Oper auch die Bewunderung derer sichert, die Sujet und Text, Wagners gruseliges Frauenbild und seine verschwiemelte Sexualmoral abstoßen. Haenchen schreckt nicht zurück vor der Überrumpelungskraft des Grandioso. Aber aufs Ganze gesehen hält er den Klang offen fürs Details, setzt auf Analytik, ohne die Sinnlichkeit zu gefährden, und auf Fluss.
Dafür werden Haenchen und das Orchester rückhaltlos bejubelt ...
Peter Korfmacher
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