Sinfoniekonzerte

Sächsische Zeitung, 28. Mai 2006
Monumentale Kraft

Unter den lebenden Dirigenten von Rang dürfte es kaum einen geben, der mit dem Werk Gustav Mahlers auch so vertraut ist wie Hartmut Haenchen (63), Intendant der Dresdner Musikfestspiele. Umfangreiche Veröffentlichungen zeugen von seiner intensiven Beschäftigung mit den Hintergründen der Sinfonien Mahlers. Die Eröffnung der diesjährigen Festspielkonzerte am Donnerstag mit Gustav Mahlers 2. Sinfonie c-Moll, auch Auferstehungssinfonie genannt, unter Haenchens Leitung ließ im Vorfeld Außergewöhnliches erwarten. Und diese Erwartungen haben sich voll erfüllt.

Das Überraschendste war, dass sich trotz einiger hundert Mitwirkender die Raumakustik der Kreuzkirche nicht negativ ausgewirkt hat. Vielleicht hat der ehemalige Kruzianer Haenchen ein sicheres Gefühl dafür, wie die Probleme seiner ersten musikalischen Wirkungsstätte bewältigt werden können.
Den Beginn der Sinfonie gestaltete er aufrüttelnd und erschütternd als Sturz ins Bodenlose, nutzte dabei den relativ spitzen Klang der Violinen des ausgezeichneten Japan Philharmonic Orchestra als Gestaltungselement. Pseudoseligkeit und scheinbarer Friede dominierten im zweiten Satz, ins Leere laufende Biederkeit im dritten, bis es zum orchestralen Entsetzensschrei kam. Vorzüglich die Klangbalance in den letzten beiden Sätzen; Chöre (feste Ensembles und Liebhaber ohne sonstige chorische Bindung) und die beiden Solistinnen waren auf den Emporen postiert, und das Fernorchester in den Sakristeiräumen war ebenso präzis wie alle anderen.

Trost und Triumph

Der Schlusssatz war nicht nur ein alles verschlingender Abgrund sondern auch Trost (mit großartigem Piano der Chöre) und Triumph über den Tod – Haenchen bewies erneut seine Freude am Monumentalen und an der großen Besetzung und sein Geschick im Umgang mit beidem (...) Beide Sängerinnen hatten maßgeblichen Anteil an einer bemerkenswerten Aufführung.

Peter Zacher