Sinfoniekonzerte

De Telegraaf, 08. Februar 1994
Haenchen entfesselt

Hut ab vor Hartmut Haenchen und der Niederländischen Philharmonie, die neben viel verlangenden Aufführungen von Wozzeck in der Niederländischen Oper noch die Möglichkeit sehen, zwischendurch ein Serie hochwertiger normaler Konzerte auszuführen, die wiederum eine völlig andere Einstellung verlangen. Nach den Leistungen in dem Programm mit Wagner, Bruch und Brahms zu urteilen, scheint es, als würde die Arbeit an der Oper von Alban Berg dem Orchester sehr zu gute kommen. Was Zusammenspiel, Konzentration und nuancierten Klangreichtum betrifft, so habe ich die Niederländische Philharmonie selten so schön klingen hören. Der verführerischen Chromatik in Wagners Ouverture aus Tannhäuser wurde eine glasklare Form gegeben und die apollinische Farbenpracht ließ einen schwindlig werden. In dem wirbelnden Bacchanal mit seinen ausgefallenen harmonischen Wendungen zeigten sich die Musiker auch zum dionysischen anderen Extrem in der Lage, inspiriert durch einen entfesselten Haenchen. Auch die Erste Sinfonie von Brahms wurde ein Erlebnis, so viel war bereits nach den ersten saugenden und mitreisenden ersten Takten deutlich. Die sorgfältig aufgebaute Spannung kam in einem Finale zur Entladung , welches drohte, das Concertgebouw in hellen Brand zu versetzen, so sehr schlugen daraus die Flammen.

Während der aufregenden Interpretation von Wagners Ouverture und Bacchanal und der meisterhaft aufgebauten Interpretation von Brahms´ Erste Sinfonie bewies ein inspirierter Haenchen aufs Neue, daß die Niederländische Philharmonie zu großen Leistungen imstande ist. Sowohl Wagner als Brahms überzeugten durch flüssiges Timing, durchdachte und sonore Phrasierungen und einen gut dosierten Spannungsaufbau.