Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 15. Januar 2004
Bruckners Achte sprengt Dimensionen
Philharmoniker begeistern unter Hartmut Haenchen
Mit 80 Minuten Spielzeit sorgte Haenchen dabei noch für ein vergleichsweise flüssiges Zeitmaß der abendfüllenden vier Sätze, die man nur ohne Pause geben kann. Vor allem das Scherzo kam mit Tempo daher. Auch den ersten Satz und das Finale hat man schon breiter genommen gehört.
Dem langjährigen Generalmusikdirektor der Amsterdamer Oper ging es also ganz offensichtlich um Bewegung, auch um die drängende Kraft des Rhythmischen. Haenchens Anliegen sind klare Strukturen und trennscharfe Charakterisierungen, wie sie ihm im aufgeladenen Wechselspiel zwischen den lyrischen Klängen und den wuchtigen Blöcken des letzten Satzes besonders gut gelangen.
Sein Augenmerk legte er auf polyphone Verästelungen, auf die feingliedrige Ausgestaltung dynamischer Prozesse. Bei allem Sinn für Details und Zwischentöne verlor Haenchen jedoch nie den Blick aufs Ganze. Und es ist diese Mischung aus Einsicht und Übersicht, aus ökonomischer Klangorganisation und organischem Dahinströmen der Musik, die der Interpretation Statur verlieh und sie in die Nähe der ganz großen Bruckner-Deutungen rückte.
Das Publikum dankte mit Ovationen.
Michael Kohlstadt