Sinfoniekonzerte

Trouw, 17. Februar 2006
„Haenchen was here!“ wird langsam definitiver.

Am vergangenen Montag endete Anthony Fiumara seine Rezension in dieser Zeitung über Bruckners Achte Sinfonie mit dem Nederlands Philharmonisch Orkest mit den Worten: „Haenchen was here!“. Er drückte damit seine Bewunderung für Dirigent Hartmut Haenchen aus, der wieder einmal einen unnachahmlichem Stempel mit seiner Anwesenheit in Amsterdam drückte. Es war nicht zu viel gesagt, wie ich Montag Abend selbst feststellen konnte.
Mit großer Leidenschaft und größter Übersicht leitete Haenchen sein altes Orchester durch die Mammutpartitur. No-nonsense, wie wir es von ihm kennen, schnell und ohne Theater und gerade deshalb so viel mehr bedeutungsvoll. Eine Interpretation in der besten Eduard van Beinum –Tradition. (...)

Peter van der Lint
Trouw, 13. Februar 2006
Haenchen reißt das Orchester in Bruckners 8. gut mit

Wie kein anderer versteht Haenchen die Kunst, um die Strukturen einer solchen Sinfonie vollkommen klar wiederzugeben. In der Achten ging er dabei wieder extrem zu Werke um Bruckners scharf montierte und suchende Form hervorzuheben. Haenchen scheute dabei kein Risiko, das niederländische Suchen nach Kompromissen hat er während seines langen Aufenthaltes hier nie gelernt.

Nehmen wir den dritten Satz, der unter Haenchen von intensivstem Charakter war.
Die Unruhe in den wichtigen Mittelstimmen war deutlich zu hören, da Haenchen die Bratschen vor die Celli gesetzt hatte. Der genau balancierte Nachdruck auf die Mehrstimmigkeit sorgte auch in den anderen Teilen für wichtige Verbindungen, die oft unhörbar bleiben (...). Im Finale hörte man, wie alle Bremsen losgelassen wurden und wie das Orchester an den wilden Walkürenritt, den Haenchen vor Augen hatte, hingab. Früher vorkommende Themen fassten hier Feuer. Stets höher ließ Haenchen das Feuer lodern und in der Schlussfanfare setzte das rotglühende Blech Bruckners ganzes Bauwerk vom Treppenhaus und die Etagen in eine festliche, knisternde Lichterlohe. Haenchen was here.

Anthony Fiumara
Noordhollands Dagblad, 13. Februar 2006
Leidenschaft und Unruhe bei Hartmut Haenchen

Hartmut Haenchen ist noch immer beim festen Publikum des Nederlands Philharmonisch Orkest besonders populär. Sein Auftritt liefert ein Crescendo an Applaus und die Achte Sinfonie von Bruckner ist noch kaum verklungen, da schallen ihm die ersten Bravo’s entgegen.
(...) in großem Ausdruck modellierte er den Klang des „Adagio“, mit einem prachtvollem Klang als Folge. Hier liegt der Schwerpunkt seiner Interpretation.

Jos Ruiters
Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 15. Januar 2004
Bruckners Achte sprengt Dimensionen

Philharmoniker begeistern unter Hartmut Haenchen

Mit 80 Minuten Spielzeit sorgte Haenchen dabei noch für ein vergleichsweise flüssiges Zeitmaß der abendfüllenden vier Sätze, die man nur ohne Pause geben kann. Vor allem das Scherzo kam mit Tempo daher. Auch den ersten Satz und das Finale hat man schon breiter genommen gehört.
Dem langjährigen Generalmusikdirektor der Amsterdamer Oper ging es also ganz offensichtlich um Bewegung, auch um die drängende Kraft des Rhythmischen. Haenchens Anliegen sind klare Strukturen und trennscharfe Charakterisierungen, wie sie ihm im aufgeladenen Wechselspiel zwischen den lyrischen Klängen und den wuchtigen Blöcken des letzten Satzes besonders gut gelangen.
Sein Augenmerk legte er auf polyphone Verästelungen, auf die feingliedrige Ausgestaltung dynamischer Prozesse. Bei allem Sinn für Details und Zwischentöne verlor Haenchen jedoch nie den Blick aufs Ganze. Und es ist diese Mischung aus Einsicht und Übersicht, aus ökonomischer Klangorganisation und organischem Dahinströmen der Musik, die der Interpretation Statur verlieh und sie in die Nähe der ganz großen Bruckner-Deutungen rückte.
Das Publikum dankte mit Ovationen.

Michael Kohlstadt
Neue Ruhr Zeitung, 13. Januar 2004
Bruckners düstere Kathedrale öffnet das Tor zum Licht

Bravorufe im Aalto für herausragende „Achte“ der Philharmoniker unter Hartmut Haenchen

(...) In der überarbeiteten Fassung von 1890 war sie jetzt im Rahmen des dritten Sinfoniekonzertes zu hören, imposant in den Raum gestellt von den Essener Philharmonikern unter dem weltweit renommierten Gastdirigenten Hartmut Haenchen.

Pathetisches, Weihrauch schwenkendes Zelebrieren ist nicht die Sache des gebürtigen Dresdners, wohl aber ein entschieden klangästhetischer Musizierstil mit ausgefeilten Übergängen und Details und ein dramaturgischer Atem, der auch über die kolossalen Brucknerschen Satzlängen nicht an Spannkraft verliert.

Mächtige Säulen- Weltabschiedsstimmung

So zeichnete Haenchen bei allem Sinn für spätromantisches Verschmelzen die quader- und registerartige Architektur dieser Riesenpartitur in überragender Klarheit bis ins dreifache, polyrhythmisch aufgefächerte Fortissimo. Die gut disponierten Philharmoniker waren ihm ein hoch inspirierter Partner und folgten minutiös den blitzschnellen expressiven Schwenks, den auf der Stelle tretenden Figuren, den apotheotischen Aufschwüngen. Großes leisteten die geforderten Blechbläser gleich im Kopfsatz, ob mächtig eingewuchtete einstimmige Säulen, scharfe Trompetensignale oder samtweich intonierende Wagnertuben.
Das geisterhafte Schwirren des Scherzo wussten die Streicher ebenso überzeugend auszuspielen wie die glühende melodische Inbrunst des Adagio, dessen Weltabschiedsstimmung Haenchen mit bloßen Händen formte. Mit der typischen Geißel- und Choralmotivik, die Bruckners Verwurzelung in der Kirchenmusik verraten, öffnete sich in einem grandios entwickelten Finale endgültig das Tor zum Licht. Bravorufe und heller Beifall im Aalto-Theater für diese herausragende Achte.

Klaus Albrecht